Kapitel 19

1.1K 41 11
                                    

Ich erwache plötzlich zu einem lauten Geräusch von unten. Meine Augen fühlen sich schwer an, mein Herzschlag steigt, und ich befürchte, dass wir ausgeraubt werden.

Ich schüttle den Gedanken schnell ab, stehe vom Bett auf und reibe meine müden Augen. Es ist noch Nacht und ich runzle die Stirn, als ich meine Zimmertür öffne. Zu meiner Überraschung steht Marilla bereits mit einer Kerze im Flur.

"Was ist da unten los?" Frage ich Marilla müde, während meinem Mund ein kleines Gähnen entweicht. 

"Ich habe keine Ahnung", flüstert sie. Es ist eine Weile still, und Marilla und ich stehen einfach da.

Dann hören wir plötzlich, wie etwas Wasser in die Spüle gelassen wird. Wir zucken bei dem plötzlichen Geräusch zusammen und eilen schnell die Treppe runter. Mein Herz schlägt so schnell, dass ich denke, dass es jede Sekunde stehen bleiben könnte.

"Anne?" Fragt Marilla, als wir in die Küche kommen. Anne steht am Waschbecken und scheint etwas unter dem warmen Wasser zu waschen.

"Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich dich geweckt habe und es tut mir leid, dass ihr auf das falsche Pferd gesetzt habt", schluchzt sie und ich hebe meine Augenbrauen.

"Was meinst du denn?" Fragt Marilla und wir nähern uns dem weinenden Mädchen.

"Ich werde nie Puffärmel tragen", weint sie.

"Was machst du da?" Fragt Marilla und wir sehen beide auf das, was im Waschbecken ist. Es sind ihre Bettlaken, auf denen ein Blutfleck zu sehen ist. Ich verdrehe lächelnd die Augen und trete einen Schritt zurück.

"Wenn ihr mich für den Rest meiner Tage ins Krankenhaus schickt, habe ich vollstes Verständniss dafür", sagt sie.

"Du wirst nicht sterben", sage ich seufzend, als ich mich auf einen Stuhl setze. Ich bin etwas genervt, aber das liegt daran, dass ich aus meinem friedlichen Schlaf gerissen wurde.

"Würdest du bitte pinke Rosen auf mein Grab pflanzen", sagt sie und sieht mich an.

"Anne, du stirbst nicht", sage ich erneut.

"Du beginnst, als Frau zu erblühen und es ist vollkommen normal", erkläre ich ihr. Ich habe meine vor ungefähr einem Jahr bekommen. Ich erinnere mich, dass ich genau so hysterisch war wie Anne jetzt. Mir wurde plötzlich klar, dass dies der Grund sein muss, warum sich Anne gestern so komisch verhalten hat.

"Ich bin nicht bereit, eine Frau zu werden", sagt Anne laut und sieht uns an.

"Nun, es ist Gottes Plan, so ist es nunmal", sagt Marilla.

"Oh, das muss ein Fehler sein. Es ist unmöglich, dass Gott denkt, dass es Zeit für mich ist, eine Frau zu werden ", schreit Anne.

"Na na, das bringen wir schnell in Ordnung. Du steckst Baumwolltücher in deiner Unterwäsche fest", sagt Marilla, als sie in der Küche herumläuft. Ich lehne meinen Kopf an meine Hand und schlafe fast wieder ein.

"Nein, das darf nicht wahr sein", flüstert Anne.

"Und danach müssen sie gewaschen werden. Zuerst in kaltem, danach in heissem Wasser", erklärt Marilla.

"Hast du das auch durchgemacht?" Fragt Anne.

"Ja", antworte ich leise und schliesse meine Augen.

"Oh ja, viele Jahre lang", erzählt Marilla ihr.

"Jahre?" Ruft Anne laut.

"Dein Zyklus dauert jeden Monat nur wenige Tage", erläutert Marilla.

"Jeden Monat? Aber wieso passiert das jetzt? Es war doch alles perfekt!" Ruft Anne und plötzlich kommt Matthew mit einer Lampe herein. Er sieht verwirrt aus, als er sich uns nähert.

Possibility (Gilbert Blythe Fanfic) German TranlationTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang