Kapitel 8

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"Ich frage mich, wie so kleine Entscheidungen wie zum Beispiel, was gibt es zum Abendessen? Oder was soll ich heute für die Kirche anziehen? Dazu führen können, dass man ständig darüber nachdenkt und ein Gefühl der Unsicherheit hervorrufen können."

Ich atme tief ein. Als ich meinen Mund öffne, lächle ich und blicke über den weissen Zaun. Graue, schwere Wolken sind im Himmel, es wird also bald regnen.

"Das ist ein anderes lustiges Wort. Unsicherheit. Unsicherheit oder Angst wegen sich selbst; mangelndes Vertrauen.

Aurora hatte ein tiefes Gefühl der Unsicherheit.

"Schön, du solltest deine Worte aufschreiben, könnte ein hübsches Buch werden, das du verkaufen könntest", sagt Mr. Cuthbert, als er sich mir nähert. Ich sitze auf dem weichen Gras neben dem weissen Zaun und blicke die Strasse hinunter.

"Ich interessiere mich weder für Geld noch für Ruhm, aber ich schreibe trotzdem etwas auf", antworte ich. Meine Arme lagen auf dem weissen Zaun und ich lege mein Kinn darauf, ohne die Strasse aus den Augen zu lassen.

"Glaubst du, sie wird zurückkommen?" Fragt Mr. Cuthbert.

"Ja. Oder ich glaube es, ich hoffe es", sage ich und drehe mich schnell zu Mr. Cuthbert um.

"Das muss sie, nicht wahr? Sie kann jetzt nicht aufgeben, sie ist so nah dran, Miss Cuthbert davon zu überzeugen, sie bleiben zu lassen", erkläre ich.

"Sie hätten mich niemals hier bleiben lassen sollen", sage ich leise und schaue zurück auf die Strasse.

"Was?" Fragt Mr. Cuthbert verwirrt.

"Wenn ich nicht geblieben wäre oder hier gewesen wäre, als sie ankam, hätte sie vielleicht eine grössere Chance gehabt, das zu bekommen, was sie sich so dringend wünscht, eine Familie", sage ich ihm, während meine Augen sich mit Tränen füllen.

"Ist es nicht das, was auch du dir gewünscht hast?" Fragt er mich und ich schüttle meinen Kopf.

"Nein, ich erinnere mich an meine Familie, niemand könnte sie ersetzen, ich möchte nur helfen", antworte ich ihm.

Er sieht mich an, ein kleines Lächeln auf den Lippen.

"Ich bin mir sicher, dass alles gut geht. Miss Cuthbert ist nicht die einzige, die etwas zu sagen hat", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Der schöne Moment wird von Miss Cuthbert unterbrochen, die mit zwei Eimern in den Händen aus der Scheune kommt.

"Könnt ihr zwei bitte hierher kommen und mir helfen?" Schreit sie.

Mr. Cuthbert und ich lächeln uns an. Ich habe das Gefühl, jemanden zu haben, der zumindest eine Weile über mich wacht, und nur für eine kurze Zeit fühle ich mich nicht ganz so allein. Ich fühle mich für Annes Zukunft verantwortlich und schuldig, aber ich versuche aufzuhören, darüber nachzudenken und helfe Miss Cuthbert beim melken.

"Es ist schon reichlich spät", unterbricht Mr. Cuthbert die Stille. Miss Cuthbert und ich melken die Kühe, während Mr. Cuthbert ihnen Futter gibt. Die Arbeit mit Tieren ist meine Lieblingsarbeit. Ich habe das Gefühl, sie hören zu, wenn man mit ihnen spricht. Natürlich ist ein Gespräch mit einem Menschen auch in Ordnung, aber Tiere beschweren sich nicht.

"Sie findet ihren Heimweg schon", sagt Miss Cuthbert. Ich kann mir nur vorstellen, was ihr passiert sein könnte. Was ist, wenn sie wirklich weggelaufen ist und nie wieder zurück nach Green Gables kommt?

"Ich könnte sie suchen", bietet Mr. Cuthbert an.

"Sie hat nur Unterzeug an, also muss sie zurückkommen. Das Kind muss lernen, was sich gehört", sagt Miss Cuthbert mit einer wütenden Stimme. Wieso ist sie wütend? Sie sollte sicher nicht wegen Anne wütend sein.

Possibility (Gilbert Blythe Fanfic) German TranlationWhere stories live. Discover now