vii. DIE NEONGRÜNE COUCH [1]

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30. Juli.1997

Es waren noch zwei Tage bis zur Hochzeit, und obwohl ich von Hochmut erfüllt sein sollte, kroch mir die Sorge in die Glieder.

Snapes Andeutung zur Hochzeit hatte mir auch den Lichtblick der Hoffnung genommen, dass wenigstens etwas in dieser dunklen, kaputten Welt noch glitzerte. Irgendwie schafften es meine Freunde, Harry, Ron, Hermine und Ginny jedoch, meine sorgenvollen Gedanken zu verwehen und mich ein wenig abzulenken, mich anzustecken mit ihrer Stimmung.

Einzig Harry hatte auch seine Momente des Zweifels. Ich merkte ihm an, dass sein Blick manchesmal abschweifte, dass sein Lächeln einfror und er mit seinen Gedanken an einem düsteren Ort war.

Er und ich hatten immer noch eine komplizierte Beziehung. Es wollte einfach nicht funktionieren, dass wir so richtig miteinander redeten. Ich hatte so viel erlebt und durchgestanden in meiner Kindheit, war von Todessern gefoltert und emotional missbraucht worden. Ich hatte nie wirklich Liebe erfahren. Ja, auch Harry hatte es nicht leicht gehabt; dennoch stammten wir aus einer gänzlich anderen Welt. Er war so GUT. Er konnte Snape von ganzem Herzen hassen, jeden verabscheuen, der auch nur einen Fuß auf die böse Seite setzte. Er war immer voll und ganz auf der guten Seite gestanden und zweifelte diese Entscheidung niemals an, hatte niemals auch nur annähernd mit Absicht etwas Böses getan;

Die Verbindung zu Voldemort hin oder her; er war durch und durch gut.

Verglichen dazu war ich anders. Ich liebte Draco. Ich hegte Sympathie für Snape, traf mich mit ihm und ich würde ihm mein Leben anvertrauen; doch erklären könnte ich das Harry nie, keinem von ihnen, nicht einmal Remus; immerhin war es oberste Priorität, dies ein Geheimnis bleiben zu lassen.

Molly verdonnerte Harry, Hermine und Ron zum Putzen und Herrichten und allem möglichen, Hauptsache sie waren getrennt voneinander. Ich erfuhr eine Sonderbehandlung, weil ich mich ja noch "schonen" musste. Remus lud mich mehrmals dazu ein, in Tonks und seiner Wohnung zu schlafen, aber irgendwie wollte ich die Zweisamkeit der beiden nicht stören. Wenn sie schon nicht auf Flitterwochen fahren könnten, dann sollten sie wenigstens in ihrem eigenen Zuhause ihre Ruhe und Privatsphäre gönnen. Ich hasste es, dass ich ein Kleid tragen musste, aber nachdem ich ein dunkelblaues, fast schwarzes Kleid gefunden hatte, war ich beruhigter; helle Farben waren gar nicht nach meinem Geschmack.

Erst als ich es anprobierte, fiel mir etwas auf, von dem ich gar nicht wusste, wie ich es vergessen hatte können;

Mein dunkles Mal. Ein Scheinzauber war darüber gelegen, von Narzissa eigenhändig aufgetragen; es war ein spezieller Zauber, nur fürs dunkle Mal. Er hatte solange gewirkt, wie es die Todesser gewollt hatten. Ich wusste, dass es kein Zufall sein konnte, dass er genau jetzt aufhörte zu wirken.

Ich griff zitternd nach meinem Zauberstab und versuchte die ersten Sprüche, die mir einfielen. Nichts passierte. Das Mal prangte da, noch blass aber keineswegs blass genug.

"Grace? Darf ich das Kleid sehen?", rief Ginny aufgeregt und klopfte an die Tür.

"Ich - Nein! Erst bei der Hochzeit. Es wird eine Überraschung". Ich versuchte, so zu klingen, als wäre alles in Ordnung. Es war Juli, ich konnte unmöglich mit langärmligen Ärmeln zur Hochzeit kommen. Doch ich hatte keine Wahl.

Und so besuchte ich am Abend Tonks und Remus, weil ich eigentlich kaum eine eigene Garderobe besaß und dringend einen Blazer brauchte. Molly hatte nicht meine Größe, Ginny besaß keinen und Hermine hatte natürlich nur Sommerkleidung zu den Weasleys mitgenommen.


"Remus ist nicht da, tut mir leid", sagte Tonks, gleich als sie mir öffnete. Fast fühlte ich mir erleichtert. "Schon okay. Ich wollte eh zu dir. Falls das okay ist".

Sie strahlte auf einmal. "Natürlich, was für eine Frage".

Sie ließ mich hinein und ich betrachtete das Wunderwerk, dass sie aus Remus' Wohnung geschaffen hatte. Ich kannte seine Wohnung davor, und sie war gemütlich gewesen, ein Ort an dem man gerne Zeit verbrachte, aber eher wie eine versteckte Höhle, ganz unauffällig. Tonks' Beitrag hatte sie genau zum Gegenteil verzaubert: Es gab jetzt auch bunte Pölster, eine neongrüne Couch und viel mehr Unordnung; aber nicht so eine Unordnung, in der man sich unwohl und verloren fühlte; sondern so eine, die etwas authentisch und energiegeladen.

"Es sieht schön aus", stellte ich fest.

Tonks grinste. "Die Couch bedurfte viel Überzeugungskraft".

Ich stellte mir die beiden in einem Möbelgeschäft beim Diskutieren darüber vor, ob sie die braune oder grüne Couch nehmen sollten, doch es war mir fast unmöglich. Das war etwas so banales das es fast surreal wirkte.

"Hast du vielleicht einen Blazer für mich? Ich mag einen über mein Kleid anziehen".

Sie hinterfragte nicht, wieso ich im August lange Ärmel brauchte. "Du hast Glück, dass ich zu meiner Auroren-Angelobung einen gebraucht habe. Normalerweise würdest du so etwas in meinem Kleiderschrank niemals finden". Sie brachte ihn mir. Er war elegant, aber nicht zu elegant. Entgegen meiner Erwartungen war er weiß, doch das passte wahrscheinlich besser zu dem Kleid als schwarz. Immerhin ging ich auf kein Begräbnis.

"Vielen Dank", sagte ich. Er passte mir perfekt.

"Kein Problem". Sie zwinkerte mir zu. "Wenn du irgendetwas brauchst, die Tür steht dir immer offen".

"Danke", sagte ich. War das eine Art Wink von ihr, dass ich jetzt gehen sollte?

"Du kannst gerne bleiben. Auch über Nacht".

Ich wollte schon ablehnen, aber dann überlegte ich es mir anders. Ich brauchte meine Ruhe von den anderen, vor allem von Harry.

"Wenn es keine Umstände bereitet-".

Tonks sah überglücklich aus. "NAtürlich nicht".

Sie meinte, sie hätte eine Überraschung für mich. Ich erwartete alles, nur nicht das - im Wohnzimmer stand doch tatsächlich in Fernseher. Ich staunte nicht schlecht. Wir drehten den ersten Muggelfilm auf, den ich je gesehen habe: König der Löwen.

Wir aßen Chips und schliefen irgendwann auf der neongrünen Couch ein.

Wir aßen Chips und schliefen irgendwann auf der neongrünen Couch ein

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Erstveröffentlichung: 23.03.2020
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THE GIRL WHO HAD NO CHOICE | D. MalfoyWhere stories live. Discover now