xiii. BACK TO SCHOOL

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Die Fahrt im Hogwartsexpress war schrecklich.

Schrecklich war vielleicht das falsche Wort. Es war nicht absolut negativ, nichts Schlimmes passierte, aber die Stimmung war monoton, zerschlagen. Wie ein Tinitus herrschte das Geräusch der Angst, der Unruhe.

Luna war da. Neville war da. Ginny war da.

Zu viert saßen wir Kinder, wo wir eigentlich keine Kinder mehr waren, es gar nicht sein konnten, in einem Abteil. Zwar hatten wir Privatsphäre, hätten über alles reden können, was wir wollten, und dennoch herrschte viele Minuten lang schmerzhafte Stille.

"Wie denkt ihr ist es, wenn Snape Direktor ist?", traute sich Ginny irgendwann zu fragen. Ihre Stimme war leise und brüchig, sie sah neugierig zu Neville und Luna.

Luna starrte mit ihren eisblauen Augen vor sich hin, senkte kurz den Kopf. "Ich denke, Harry wird es schaffen."

"Was?", fragte ich misstrauisch. "Harry?".

Sie lächelte nur wissend und stellte ihre Beine auf die Bank, zog sie zur Brust um sie mit den Armen zu umschlingen.

Neville beugte sich nach vorne und rieb sich die Hände. "Wir müssen etwas tun, oder? Meint ihr nicht?". Er leckte sich über die Lippen.

"Ich denke", meldete ich mich erstmals. "Dass wir abwarten sollten. Dann entscheiden. Wir können nicht schon vor der Ankunft mit Verschwörungstheorien beginnen."

Ginny zuckte mit den Schultern und Neville lehnte sich ein wenig enttäuscht zurück, aber widersprechen wollte keiner. Die restliche Fahrt verlief fast schweigend, wenn, schlich sich nur unwichtiger SmallTalk ein. Meine Gedanken jedoch schweiften die ganze Zeit ab, so sehr ich es auch zu verhindern versuchte.

Ich musste bitterlich an Draco denken. Natürlich war er nicht hier. Ich wusste, dass es nicht hier sein würde. Dennoch machte sich die Enttäuschung in mir breit wie eine Welle des Schmerzes.

"Ich hatte Angst, dich nach der Hochzeit eine lange Zeit nicht mehr wiederzusehen", gab Luna irgendwann zu.

"Ich auch", flüsterte ich. Die Sache mit den Visionen wollte ich Ginny und Neville nicht erzählen und Luna spürte es.

Schon am Weg ins Schloss zurück begannen die Dinge damit, anders zu werden. Zwei Todesser namens Amycus und Alecto Carrow, ich kannte die beiden flüchtig, warteten am Schlosseingang mit zwei dreckigen Grinsern auf den Lippen.

"Wer ist das?", raunte Ginny mir zu. Ich funkelte die beiden bloß finster an. "Leute, die du nicht als Feind haben willst."

Das Festmahl bot eine traurige Anschauung. Snape plapperte etwas Seltsames daher, das die Menge nicht nur einmal zum erschrockenen Aufstöhnen brachte, und ich hätte ihm am liebsten eine geklatscht. Aber ich wusste, dass er bloß seine Rolle spielte, auch wenn man ihm die Genugtuung am Gesicht ablesen konnte. McGonagall und Flitwick waren für mich fast Anhaltspunkte, zusammen mit Slughorn, den ich jedoch nicht so lange wie die beiden kannte.

"Mahlzeit", sagte Snape, und danach herrschte kurz allgemeines Schweigens. Dumbledores Worte fuhren immer ein, wirkten wie eine Explosion, aber Snapes Rede war fast wie eine Trauerrede gewesen. Die Teller füllten sich dennoch mit Essen, und halbherzig machten wir uns über die Hühnerbrüste her.

"Wir müssen denke ich das Beste draus machen", meinte Neville seufzend. Ginny schnitt eine Grimasse, nickte aber. "Ja. Wohl oder übel."

***

Das Mahl war schon beendet, die meisten tigerten nach oben in die Schlafgemächer, als sich ein Bündel an Klamotten in die große Halle schlich, an Schülermengen vorbei, hin zum Slytherin Tisch. Fast allen entging es, aber mir nicht. Ich beobachtete es genau, kniff die Augen zusammen, weil mir der Gang verdammt bekannt vorkam.

Und als das Bündel die Kapuze vom Umhang nahm, verschluckte ich mich an meinem Kürbissaft. Ich sah zu Snape, der mich genau beobachtete; seine schwarzen Augen bohrten sich in meine.

"Grace, was ist los?", fragte Ginny besorgt. Sie klopfte mir auf den Rücken, und im Versuch, nach einer Serviette zu angeln, schmiss ich meinen Becher um. Der Kürbissaft verteilte sich am ganzen Tisch und Neville stöhnte auf, weil er als einziger noch immer am Essen war.

"Tut mir leid", stammelte ich, doch ich schenkte dem eigentlich kaum Beachtung.

Dort drüben am Slytherin-Tisch hat sich nämlich Draco niedergelassen.

Draco Malfoy.

Der Mensch, den ich liebe.

•••

Erstveröffentlichung: 18.07.2020
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THE GIRL WHO HAD NO CHOICE | D. MalfoyDove le storie prendono vita. Scoprilo ora