xii. MEIN NAME IST GRACE POTTER

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Ich sah mich unruhig um. Das letzte Mal als ich an Kings Cross gewesen war, hat es weniger gut geendet. Die Erinnerungen saßen immer noch tief, und mir schauderte es beim Gedanken daran.

Moody, Tonks, Remus, und Sirius in seiner Hundegestalt begleiteten uns zum Bahnsteig, und boten uns Rückendeckung. Es hatte eine lange Diskussion gegeben, ob ich überhaupt nach Hogwarts dürfte. Schließlich sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es am sichersten dort für mich war, denn Dumbledore, Snape, und McGonagall waren da, außerdem hatte Lucius, Bellatrix oder sonst jemand absolut keinen Zugang dorthin.

„Wir regeln das alles, Grace. Du wirst in Sicherheit sein", versicherte Remus mir traurig.

Ich drehte mich zu ihm um. „Ich bin es nicht, um die ich mir Sorgen mache", gestand ich.

Remus seufzte. „Dunkle Zeiten stehen uns bevor, das kann ich nicht leugnen. Aber wir haben es damals geschafft, und wir werden es wieder schaffen", sagte er, und seine Worte sprachen mir Mut zu. Früher noch wären seine Worte an mir vorbeigegangen. Ich habe mich gefühlt wie ein Außenseiter, alles war an mir vorbeigegangen, doch jetzt wusste ich, dass wir auf derselben Seite waren, auf der selben Wellenlänge.

„Ich werde dir schreiben", sagte ich, und auf einmal war ich kurz davor, in Tränen auszubrechen.

„Du weißt, ich habe – einen Auftrag. Ich werde eine Zeit lang nicht erreichbar sein", sagte er.

„Dann – musst du dich irgendwie bei den anderen melden, die mir dann zurückschreiben", sagte ich verzweifelt, und schon stiegen mir Tränen in die Augen.

Sein Blick war mit so viel Väterlichkeit gefüllt, dass ich zutiefst gerührt war. Er schloss mich fest in die Arme, und stumme Tränen liefen meine Wangen hinunter.

„Ich darf dich nicht auch noch verlieren", schniefte ich, und er ließ mich erst los, als der Hogwartsexpress Dampf in die Höhe steigen hatte lassen.

Remus und ich tauschten noch letzte Blicke, er schrie Pass auf dich auf, und ich streichelte Sirius alias schwarzer Hund liebevoll, und sagte ihm, er soll nicht auf eigene Faust Gassi gehen, und brav auf sein Herrli hören, hoffend, er würde meine Absichten verstehen.

Und dann stieg ich in den Zug ein. Gerade war ich dabei, Luna zu suchen, als ich in niemand Geringeren als Draco Malfoy hineinlief. Er hielt mich fest, bevor ich weglaufen kann, und auf seinem Gesicht spiegelten sich so viele verschiedene, tiefe Emotionen wieder, dass ich vollkommen überwältigt war.

Crabbe und Goyle standen hinter ihm, doch nach einem Blick von Draco verschwanden sie. Draco zerrte mich in ein leeres Abteil.

„Dir geht es gut", stellte er fest.

„Physisch, ja", antwortete ich vorsichtig.

„Wie konntest du das tun?", fragte er fassungslos.

„Tut mir leid, dass ich nicht vorhabe, deinem Idol mein Leben lang zu dienen. Tut mir leid, dass ich nicht für ihn...", begann ich wütend, doch er unterbrach mich.

„Es geht nicht um ihn verdammt! Ich hatte scheiß Angst um dich", schrie Draco, und er schien unglaublich nervös zu sein.

„Draco!", sagte ich überrascht, doch mit keinen Worten der Welt konnte ich beschreiben, wie Unerwartet das kam.

„Ich hasse dich immer noch, klar tu ich das. Aber du bist mit mir aufgewachsen. Du bist mir nicht egal", sagte Draco, und sah mir dabei direkt in die Augen.

Ich ließ mich, psychisch komplett am Ende, auf eine Bank im Abteil fallen, lehnte mich nach vor, und presste meinen Kopf auf meine Knie.

Ich hoffte, Draco würde bleiben, doch ich hörte das Rascheln von Gewand, und das Aufziehen einer Abteilstür. Er war weg.

Ich saß die ganze Zeit in dieser Stellung da, und wartete. Ich wusste selbst nicht, worauf. Einfach darauf, dass es aufhörte. Aber ich wusste nicht, was aufhören sollte.

Irgendwann wurde die Tür aufgezogen.

„Oh mein Gott Grace!", rief Ginny.

Ich sah nicht auf.

„Ich habe dich überall gesucht. Ich war in jedem einzelnen Abteil. Ich dachte, sie hätten dich gekriegt", sagte sie aufgeregt.

„Tut mir leid", flüsterte ich. Ich fühlte mich verloren. So sehr verloren.

„Schon okay", sagte sie, umarmte mich fest, und diesmal war es an ihr, mich zu trösten. Womit hatte ich sie bloß verdient?

Die restliche Fahrt saßen wir einfach so da. Irgendwann kam Luna seelenruhig ins Abteil spaziert.

„Luna", schrie ich, und plötzlich waren alle Lebensgeister in mir wieder geweckt. Ich würde das alles durchstehen. Ich würde kämpfen, für Luna, Ginny, Remus, Sirius und alle anderen – meinen Bruder und Draco eingeschlossen. Vielleicht war Dracos Wunsch, dass Voldemort gewann, doch tief in ihm drin war er ein guter Mensch. Er hatte keine andere Wahl gehabt, als zu werden wie er nun mal war.

„Was hast du vor?", fragte Luna wissbegierig, und ich hatte den leisen Verdacht, dass die wahre Luna nun zum Vorschein kam. Die Luna, die ihren wundervollen Charakter, ihre Intelligenz hinter der anderen Luna versteckte, aus welchem Grund auch immer.

Ich zuckte mit den Schultern. Ich wusste ja nicht einmal alle Informationen. Ich wusste nicht wieso Voldemort mich wollte.

Ginny zuckte bei dem Namen zusammen.

„Was wurde bei dem Ordenstreffen besprochen?", fragte Ginny drängend. Ich wollte es ihr eigentlich nicht sagen, doch ich wusste, dass sie es nicht aus Neugier erfahren wollte, genauso wenig wie Luna. Sie wollten es wissen, um mir zu helfen, und um mir beizustehen. Ich wollte nicht, dass jemand sein Leben für mich aufs Spiel setzte. Doch diesmal war es ich, die keine Wahl hatte. Sie würden es ohnehin herausfinden.

„Es gibt eine Prophezeiung, der Grund, wieso Voldemort mich will, wieso er Harry unbedingt töten will", sagte ich seufzend.

Luna und Ginny tauschten vielsagende Blicke.

„Und der wäre?".

„Keine Ahnung", sagte ich.

„Na das ist ja nicht besonders viel", sagte Ginny, und ließ sich neben mich fallen.

„Naja, also eine Verbindung gibt es zwischen Harry und mir schon", murmelte ich, und fühlte mich auf einmal zittrig.

Beide sahen mich erwartungsvoll an. Doch das Blut rauschte in meinen Ohren, und ich sah beim Fenster hinaus, wo die Felder in Höchstgeschwindigkeit vorbeizogen. Meine Augen versuchten den Landschaften zu folgen, was unmöglich war, und ein Drücken breitete sich in meinem Magen aus, weshalb ich meinen Blick löste, so schwer es mir auch fiel, und ihn direkt auf Ginny richtete, die es mir am schwersten machte, zu sagen, was ich zu sagen hatte.

„Mein Name ist Grace Potter. Ich bin Harrys Zwillingsschwester".

 Ich bin Harrys Zwillingsschwester"

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THE GIRL WHO HAD NO CHOICE | D. MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt