xvi. HEILIGTÜMER DES TODES

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Wie betäubt wanderte ich durch die Gänge Hogwarts. Es war in etwa 08:00 morgens, und ich suchte nach meinem Bruder, bis jetzt vergeblich.

Zum Frühstück in der großen Halle war er noch nicht erschienen - war ja klar, bei meinem Glück. Natürlich hätte ich mich bis zum Mittag gedulden können, doch die Schuld lastete auf mir wie ein schweres Stück Blei. Ich musste ihm einfach sagen was ich ihm schon Monate verschwiegen hatte, ich könnte keine Nacht mehr ruhig schlafen ohne es zu tun, viel zu lange hatte ich gewartet.

"Geht es dir gut? Grace?", hörte ich da eine mir nur allzu bekannte Stimme. Es war Rons. Und wenn der hier war, dann konnte Harry nicht weit sein.

"Ron. Ist Harry hier?", fragte ich drängend.

Ron sah  mich verdutzt an. "Äh, ja klar, Harry sollte gleich kommen... Wieso?".

"Ist egal", sagte ich abweisend, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass er es von Harry bald darauf schon erfahren würde.

Er sah mich noch kurz abschätzend an, und ging dann kopfschüttelnd weiter.

"Ich schätze das könnte ein wenig dauern", murmelte er dabei.

Tatsächlich kam wenig später auch Harry vorbei. "Hast du Ron gesehen?", fragte dieser mich, und schaute sich suchend um.

"Ja. Er  meinte, er ließe uns alleine", sagte ich, und sah ihn durchdringlich an.

Da hörte er auf sich umzusehen, und sah mir tief in die Augen. "Wieso das denn?".

"Ich muss dir was sagen", sagte ich mit zittriger Stimme.

Er sah mich abwartend an. "E-es ist nicht so einfa-fach", stotterte ich.

Sein Gesichtsausdruck war immer ernster geworden, und jetzt war er wie aus Stein.

"Du wirst mich dafür hassen", flüsterte ich.

Er sah mich immer noch stumm an.

"Ich weiß es schon seit vor den  Sommerferien. Ich habe da erfahren, wer meine richtigen Eltern sind. Das heißt waren", fügte ich hinzu.

Ich war mir sicher, in Harrys Augen einen kurzen Moment der Erkenntnis aufblitzen gesehen zu haben, nach welchem er seine Augen zu einem kleinen Schlitz zusammenzog.

"Meine Eltern waren James und Lily Potter", hauchte ich.

In Harrys Gesicht tat sich keine Regung. Sein Atem schien schneller zu gehen, und seine Wangen röteten sich. Nach wenigen Sekunden jedoch starrte er mich mit einer Mischung aus Wut, Trauer und bloßer Überraschung an.

Er ballte seine Hände zu Fäusten. "Wieso hast du es mir nicht gesagt?", fragte er unter zusammengebissenen Zähnen.

"Dumbledore hat es mir verboten", sagte ich kleinlaut, "Ich weiß, das ist keine Entschuldigung. Ich hätte schon eine Möglichkeit gefunden, aber ich dachte, wenn Dumbledore es sagt, wäre es richtig. Es tut mir wirklich wahnsinnig leid".

Er starrte mich durchdringend an, doch es war nicht mehr dieselbe Wut wie zuvor auf seinem Gesicht.

"Dumbledore. Schon wieder", sagte er leise.

Ich wusste nicht, was er meinte, doch ich konnte mich erinnern, dass Ginny davon erzählt hat, dass Harry ziemlich wütend auf Dumbledore war, weil er ihm nichts erzählt hat, als er in Little Whining war.

"Wer wusste noch davon?", fragte er, "Wusste Ginny davon?", fügte er angespannt hinzu.

"Ja. Das heißt, nein. Ich habe es ihr nicht erzählt, vor einer Woche schon, dann war sie sauer auf mich, und jetzt hat sie gesagt ich muss es dir sagen".

"Nur deswegen sagst du es mir also? Weil Ginny dich dazu gezwungen hat?", fragte er ein wenig enttäuscht.

Ich sah ihn nachdenklich an. "Ich weiß es nicht. Sie hat mir einen Denkanstoß gegeben, und dann habe ich beschlossen es dir zu sagen. Hätte ich nicht gewollt, dann hätte ich es dir auch nicht gesagt. So etwas sollte  man niemandem aufgrund einer Erpressung sagen".

Er nickte, sah sich um, und ging einfach davon.

Innerlich sank ich in mir zusammen. Ich hatte es erfolgreich geschafft, alles kaputt zu machen, Harry zu vertreiben.

Ich schlurfte mit den Händen in der Hosentasche zu meinem Zimmer. Ginny wartete dort mit Luna auf mich.

"Wie war es?", fragten sie mich gespannt.

"Fragt ihn doch selbst", fauchte ich, und ließ mich niedergeschlagen auf einen Sessel fallen. Ich ließ meinen Kopf auf den Tisch rutschen, und seufzte.

Die beiden starteten ein paar Versuche, auf mich einzureden, doch ich war unerreichbar, war mit meinen Gedanken in einem anderen Universum.

Irgendwann hörte ich die Tür zufallen, und wusste, dass sie mich mit meinen Gedanken alleine gelassen hatten, worüber ich sehr glücklich und dankbar war.

Als ich endlich wieder klare Gedanken fassen konnte, traf ich einen Entschluss. Ich ging zu der Schreibtischlade, und zog ein Blatt Pergament heraus, zusammen mit einem Tintenfass und einer Feder. Ich setzte mich wieder auf den Sessel, doch diesmal ein wenig motivierter.

Ich tauchte die Feder ein, und hielt in der Luft inne. Was wollte ich schreiben? Wie sollte ich die Nachricht verschlüsseln? Ich dachte lange nach, doch mir fiel nicht ein, wie ich es formulieren sollte.

Schließlich tropfte die Tinte auf das Pergament, und als ich etliche Minuten, vielleicht sogar Stunden in die Luft gestarrt hatte, war die Tinte eingetrocknet. Verwundert sah ich auf das Pergament hinunter, und stellte fest, dass die Tintentropfen fast wie ein Muster angeordnet waren. Es sah aus wie ein Symbol, dass mir zwar irgendwie bekannt vorkam, andererseits war ich mir jedoch sicher, dass ich es noch nie zuvor gesehen hatte.

Es sah aus wie ein Dreieck, und darin ein Kreis, zusammen mit einem Strich von der Spitze des Dreiecks bis hin zur Mitte des unteren Striches.

Auf einmal schauderte es mir. Ich knüllte das Stück Pergament, soweit es möglich war, zusammen, und schmiss es in den Misteimer.

Ich rannte aus dem Zimmer hinaus, und der ganze Tag lief an mir vorbei, ohne dass ich noch irgendetwas oder irgendjemanden registrierte.

Meine Gedanken kreisten nur um dieses Symbol, jede Sekunde dieses Tages, ich war einfach nicht mehr in Hogwarts anwesend.

Auch in meinen Träumen verfolgte es mich, gemischt mit dem enttäuschten Gesicht Harrys, einem verbluteten Draco, einer weinenden Ginny, einem zerfleischten Remus, einem ertrinkenden Dumbledore und einem verbrennenden Voldemort.

Irgendetwas passierte mit mir. Und ich hatte den leisen Verdacht, dass es etwas damit zu tun hatte, dass ich noch am Leben war, dass Voldemort mich nicht töten hatte lassen wollten.

Ich musste herausfinden was es war. Und zwar bald.

Denn sonst würde meine Frist ablaufen.

Denn sonst würde meine Frist ablaufen

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THE GIRL WHO HAD NO CHOICE | D. MalfoyWhere stories live. Discover now