vi. NARZISSA

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Ich wurde hellhörig. "Mit Draco?". Ich biss auf meine Lippe, um ihn nicht mit Fragen, die Narzissa niemals stellen würde, zu Löchern.
Snape räusperte sich und setzte sich auch. Er sprach mit schneidendem Tonfall. "Das kann ich dir gerne erklären. Möchtest du einen Tee, Grace?".

Mir stand der Mund offen. "Wa-woher?".
Er lehnte sich mit selbstgefälligem Gesichtsausdruck zurück. "Du bist naiv und dumm".
Meine Maske fiel ab und auch ich lehnte mich zurück. "Danke", sagte ich sarkastisch.
Snape funkelte mich an. "Du beißt auf deiner Lippe herum, wenn du etwas verheimlichst oder dir Sorgen machst. Wenn du Vielsafttrank trinkst, musst du zur Gänze in die andere Person hineinschlüpfen. Jede Kleinigkeit kann dich verraten".
Instinktiv biss ich schon wieder auf meine Lippe, dann ermahnte ich mich selbst.
"Grace, was soll das? Wieso kündigst du dich nicht wenigstens an? Bist du auf einer Selbstmordmission?". Seine Stimme war nur ein Flüstern.
"Professor", begann ich.
"Severus", besserte er mich aus.
"Severus", sagte ich langsam. "Mad-Eye ist gestorben".
Er behielte seinen undurchdringlichen Gesichtsausdruck bei. "Man muss Opfer bringen".
Aufgebracht stöhnte ich auf. Ich war nicht so am Ende, weil ich wütend auf ihn war; im Gegenteil. Ich verstand ihn. Und das war es, was mich wütend machte.
"So sollte es nicht sein", sagte ich mit belegter Stimme.
"Ich weiß".
"Ich habe nicht einmal irgendwelche Beweise von dir. Ich vertraue dir einfach. Und ich weiß, dass du es tun musstest. Aber ich weiß nicht, warum. Ich will es verstehen". Wenn Mad-Eye schon tot war, dann musste ich den Grund wissen.
Snape tat so, als wäre ich eine Wand. Er starrte weiterhin geradeaus. Mir traten Tränen in die Augen. "Es ist so unfair", hauchte ich.
Snape stand auf und stellte den Wasserkocher auf. Fünf Minuten später stellte er vor mich eine große Kanne mit Früchtetee. Das war vermutlich das Netteste, was Snape je getan hatte. "Ich weiß", wiederholte er. Ich sah auf und auch wenn er nicht der mitfühlende Typ war, lag in seinem Blick viel Verständnis.
"Ich habe dir nicht gesagt, du sollst mir vertrauen. Eigentlich ist das wahrscheinlich das Gefährlichste, was du nur machen kannst. Am Besten du vergisst diese Seite an mir". Präzise wählte er seine Worte, um nicht zu extreme Hinweise zu geben, die darauf hinwiesen, dass er auf der guten Seite stand. Es gab immer die Möglichkeit, dass man belauscht wurde. Selbst in der eigenen Wohnung.
Ich wusste nicht, was ich noch wollte. Warum ich überhaupt hergekommen war. Ich dachte viel nach, während wir schweigend dasaßen und ich meinen zu heißen Tee schlürfte. Nach einigen Minuten war mir klar, was ich wissen wollte. Was der Grund für meine Ankunft hier war. Doch es war schwer, danach zu fragen, ohne durch die Luft zu schreien, dass Snape eigentlich nicht loyal Voldemort gegenüber war.
"Kann ich dich etwas fragen?". Ich sah ihn so durchdringlich an, dass er irgendwie spüren musste, dass es jetzt heikel werde.
Er presste seine Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. "Ja".
"Als Dumbledore starb". Ich zögerte. Auf einmal flammte Schmerz in meiner Brust auf, genau dort, wo mein Herz lag. Meine Stimme zitterte, als ich weitersprach. "Hast du mir einen Ratschlag gegeben. Du hast mir etwas gesagt. Darüber, wie sehr du Loyal gegenüber deinem... Meister bist. Stehst du  noch zu dieser Meinung?".
Er sah mich aus seinen schwarzen Augen an. Manchmal sahen sie schlangenhaft aus, undurchdringlich und kalt. Doch in diesem Moment öffneten sie sich ein wenig, reflektieren die Charakterzüge, die Snape sehr tief drinnen in sich trug. "Ja. Meine Meinung ist dieselbe wie eh und je".
Natürlich hätte er nur anhand von meinen und seinen Worten auch von Voldemort sprechen können, doch ich wusste, dass es um Dumbledore ging. Ich spürte es.
"In Ordnung", sagte ich emotionslos. Fast fühlte ich mich, als wären wir dazu gezwungen, zu schauspielern und als wären sämtliche Kameras auf uns gerichtet. Als wollten wir uns während dem Schauspiel unauffällig eine Botschaft senden, die wir so formulieren mussten, dass sie zu unseren fiktionalen Charakteren passten.
"Also, Narzissa", sagte Snape laut. Ich sah mich verwirrt um und mein Herz hämmerte in meiner Brust. War jemand gekommen? Wieso war ich auf einmal wieder Narzissa. Doch Snape schüttelte den Kopf. "Keine Sorge, du kannst mir dein Herz ausschütten. Uns hört keiner".
Ich verstand. Er wollte auf Nummer Sicher gehen. Auch ich fühlte mich wohler, wenn wir nicht in der Küche des Todessers, der den besten Draht zu Voldemort hatte, lautstark als Grace und Snape diskutierten.
"Ich mache mir Sorgen um Draco", erklärte ich vorsichtig, "Er ist immerhin mein Sohn".
Ich wusste nicht, ob Narzissa einen Grund hatte, sich zu sorgen, ich wollte nur Snape dazu bringen, mir was über ihn zu erzählen. Natürlich erkannte er meine Intention. Fast erkannte ich einen missbilligenden Blick. Dennoch tat er mir aber den Gefallen. "Dass er in der Schlacht am Astronomieturm verletzt wurde, ist natürlich belastend gewesen. Und dass diese Ordensleute ihn gesund gepflegt hatten, war Glück. Wahrscheinlich hatten sie dabei Hintergedanken. Aber seit er bei mir aufgetaucht ist, ist er eben anders. Er lebt bei euch in Malfoy Manor, aber seit Lucius beim Lord in Ungnade gefallen ist, hing die Verantwortung bei ihm. Er hat sich eben von euch entfernt".
Diese Theorie war interessant. Realistisch. "Ich weiß nicht, wie ich noch Zugang zu ihm finden kann".
Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich. "Ich glaube, er muss seinen Weg selbst finden".
"Aber es ist meine Aufgabe, ihm zu helfen".
"Nein". Es klang schneidend. "Es geht nicht nur um Dracos Wohl. Sondern auch um deins. Manchmal ist Abstand das Beste".
Ich wusste, dass er nicht von Narzissas Aufgabe als Mutter sprach, genauso wenig wie ich es tat. "Ich will aber mit ihm reden".
"Am Besten, du überlässt das ihm. Er muss auf dich zukommen".
Ich seufzte. Er ließ mir keine Chance.
"Dann geh ich wohl jetzt", sagte ich ein wenig niedergeschlagen.
Er nickte. "Es hat mich gefreut, dich zu sehen. Doch die Aktion war riskant. Es ist so spät in der Nacht immerhin gefährlich draußen", fügte er hinzu.
Ich grinste. "Ja, klar".
Seine Mundwinkel zuckten nach oben. "Pass auf dich auf".
Ich nickte und ging zur Tür. Ich spürte, dass schön langsam der Vielsafttrank seine Wirkung verlor. Noch sah ich voll und ganz aus wie Narzissa, aber bestimmt nur noch wenige Minuten.
"Warte!", sagte er, als ich schon zur Tür raus war.
Ich drehte mich um.
"Viel Spaß bei der Hochzeit", sagte er. In seinem Blick lag eine stumme Warnung. Er knallte die Tür zu.
Er sollte gar nicht von der Hochzeit wissen. Und er würde mir niemals Spaß wünschen.

 Und er würde mir niemals Spaß wünschen

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Big surprise, von mir kommt mal ein Update ohne dass ein Monat dazwischen vergeht😂 vielleicht ist es ja jetzt eine Art „Corona-Special" meinerseits, da ich durch die Schulschliessung jetzt genügend Zeit zum Schreiben habe😂 aber nehmt mich NICJT beim Wort, wahrscheinlich zieh ich's eh nicht durch hahaha
Aber jetzt mal ganz ernst an alle: Bleibt ruhig, schiebt keine Panik, macht das beste draus :)
Write & read☺️
& stay safe

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Erstveröffentlichung: 13.03.2020
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THE GIRL WHO HAD NO CHOICE | D. MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt