Frühstück bei Julie

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Langsam öffne ich meine Augen. Mir ist heiß, viel zu heiß und die Sonnenstrahlen, die durch das Plissee dringen, blenden mich. Etwas Schweres liegt auf mir und als es mir gelingt, die Augen ein wenig zu öffnen, sehe ich Mats tättowierten Arm. Ich versuche ihn zur Seite zu schieben, doch dieser verdammte Arm ist schwerer, als ich dachte. Endlich kann ich mich befreien und schleiche aus meinem Zimmer, nicht ohne vorher noch einen Blick auf Mat zu werfen. Er liegt friedlich quer über mein Bett ausgestreckt auf dem Bauch und schläft. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, doch ermahne mich sofort selbst.

In der Küche stelle ich die Kaffeemaschine an und suche nach etwas Essbarem. Wir haben Zutaten für Pancakes und ein paar Früchte. Ich rühre den Teig an, während ich über den gestrigen Abend nachdenke. Nachdem Mat mir sagte, er würde mir vertrauen, haben wir nicht mehr viel gesprochen. Ich hatte höllische Kopfschmerzen und meine Augen fielen mir immer wieder zu. Wir wollten unser Gespräch auf den Morgen verschieben - also auf gleich. Nichts desto trotz hat er dann die Distanz zwischen uns aufgegeben und mich zu sich heran gezogen. Wir lagen einfach so da, er als großes Löffelchen und ich als kleines. Ich spüre seinen Atem in meinem Nacken und seine Wärme. Es war das beruhigenste, was ich je erleben durfte.

"Das riecht wahnsinnig gut.", singt Mat mit verschlafener Stimme. Er hat sich vollständig angezogen und ich ärgere mich, dass ich immer noch diesen doofen Schlafanzug trage. "Guten Morgen.", sage ich lächelnd und drehe den nächsten Pancake um. "Guten Morgen.", wiederholt er und stellt sich dicht hinter mich. Ruckartig drehe ich mich um, den Pfannenwender immer noch in der Hand. Er sieht mir in die Augen und legt seine Hände auf meine Taille. Ehe ich verstehe, was hier geschieht, zieht er sich an mich und küsst mich auf den Mund. Als er von mir ablässt, beiße ich mir auf die Unterlippe. "Ich hoffe, das war in Ordnung.", sagt er verlegen. Ich starre ihn an, bis er fragend zurücksieht und mich wieder aus meinen Gedanken holt. "Nein, ich meine ja. Ja, es war in Ordnung.", stammle ich und er lächelt. Schnell widme ich mich wieder dem Pancake und er setzt sich an den bereits gedeckten Tisch.

"Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so ein gutes Frühstück hatte.", sagt er und steckt sich ungefähr den halben Pancake in den Mund. "Du meinst, eines das nicht aus Kaffee und einer Zigarette besteht?", lache ich. "Ganz genau.", grinst er. Es macht so viel Spaß mit ihm zu frühstücken und rumzualbern, dass ich das Gespräch am liebsten verschieben würde. Doch als ich genau daran denken muss, scheint er meine Gedanken zu erraten. "Es ist wohl Zeit, mh?", stellt er fest. "Anscheinend.", sage ich und stecke mir die nächste Gabel in den Mund.

"Wie soll es nun weitergehen?", frage ich. Er schmunzelt. "Eine ganz schön direkte Frage." Sofort werde ich rot und verstecke mich hinter meiner Kaffeetasse. "Ich weiß es nicht, das ist auch für mich Neuland.", gesteht er. "Aber ich will dich kennenlernen." Seine großen grünen Augen sind auf mich gerichtet und ich muss unwillkürlich lächeln. "Und ich dich.", gestehe ich.

"Ich muss nun gehen.", verkündet er ziemlich abrupt. "Ähm, okay.", sage ich überrascht. "Es tut mir Leid, aber ich habe die Zeit vergessen und ich habe noch einen wichtigen Termin." Ich will mir nicht anmerken lassen, dass ich enttäuscht bin, deshalb lächle ich. Wieso hatte ich auch gedacht, wir würden den Tag zusammen verbringen? "Kein Problem." Er mustert mich kritisch. "Julie, ich würde wirklich gerne bleiben, aber ich kann nicht.", versucht er mich aufzumuntern. "Aber wir sehen uns bald wieder, ok?" Er steht auf und kommt zu mir. Ich erhebe mich von meinem Stuhl und binnen Sekunden legt er seine eine Hand in meinen Nacken und die andere an meinen Rücken. Ich stelle mich auf Zehenspitzen und er grinst. Dann nähert er sich mir und wir küssen uns. Seine Zunge bahnt sich ihren Weg und ich lege meine Hand in seinen Nacken. Ich schmiege mich an ihn, um noch einmal seine Wärme zu spüren und als er von mir ablässt, seufze ich frustriert. "Da kann wohl jemand nicht genug von mir kriegen.", grinst er frech und ich schaue ihn böse an.

Als er weg ist, weiß ich plötzlich nicht mehr wohin mit mir. Die vergangenen Stunden waren so intensiv, so kompliziert und doch so unendlich schön. Ich schaue in meinen Spiegel an meinem Schrank und sehe mein eigenes Lächeln. Ich wirke viel lebendiger als noch wenige Stunden zuvor. Ich mustere mich von oben bis unten: Das bin ich, Julie, und ich date den Anführer der Blinders. "Du bist total verrückt.", murmle ich mir selbst zu.

Matthew - My Guardian and Guilt / Abgeschlossen.Where stories live. Discover now