Deal

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"Habt ihr verstanden, was Black in bei der 2. Aufgabe von uns wollte?", fragt Jasper verzweifelt, als wir über den Schulhof gehen. Wir kommen gerade aus einer Mathearbeit, die alles andere als einfach war. Genau in den paar Tagen, in denen ich gefehlt habe, wurden die wichtigsten Dinge besprochen. "Frag mich nicht.", murmle ich schlecht gelaunt. Ich gehe davon aus, diese Klausur verhauen zu haben. Ob das ein Referat wieder gut machen kann? "Ich hab dort einen Mittelfinger hingemalt, habe ihn dann aber doch wieder übermalt.", sagt Steph und zieht ihren Lippenstift nach. "Hättest du ihn doch bloß da gelassen.", seufzt Jasper.

Als wir den Hof verlassen und auf dem Parkplatz ankommen, steht dort ein großer schwarzer Van im Halteverbot. Vor diesem Van steht ein Typ mit schwarzem Hoodie und Jeans, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Er lehnt lässig an dem Wagen und grinst in unsere Richtung. "Was zum...", beginnt Steph, doch da wird es mir klar. "Mat.", entfährt es mir. Jasper und Steph sehen mich fragend an und ich sehe schuldig zurück. Ich habe ihnen die letzten Wochen viel verschwiegen, sehr viel. Sie haben keine Ahnung von Etiennes Schulden, von Hitch oder von meinem Deal mit Mat, beziehungsweise den Blinders. "Julie, was geht hier vor? Das ist doch einer von den Blinders, oder etwa nicht?" "Ich schwöre, ich erkläre dir alles, sobald ich kann. Mach dir keine Sorgen." Ich lege meine Hand auf ihre Schulter und sehe zu Jasper, der genauso entsetzt ist, wie Steph. Dann gehe ich an ihnen vorbei. Mat geht um den Wagen und öffnet die Beifahrertür. "Wirds bald?", fragt er und ich steige ein.

"Deine Freunde haben geguckt, als würden sie sich gleich in die Hose machen.", stellt er amüsiert fest, als wir vom Parkplatz fahren. "Sie wissen von nichts. Nur, dass Etienne verschwunden ist.", gestehe ich. "Ich denke, das wird sich bald ändern.", sagt er amüsiert. Macht ihm das Spaß, meine Scham zu sehen? Oder der Gedanke daran, wie ich meinen Bruder vor meinen Freunden bloßstellen muss? Ich verdrehe genervt die Augen und drehe meinen Kopf zur Seite, um aus dem Fenster zu sehen. "Verdreh' nie wieder deine Augen, wenn du dich mit mir unterhälst.", zischt er. "Entschuldigung.", murmle ich.

"Wo fahren wir überhaupt hin? Ich muss um 17 Uhr arbeiten.", frage ich über die laute Musik hinweg. "Du wirst heute nicht im Diner arbeiten können. Du gehst mit uns auf eine Party." Ist das seine Idee von einem Gefallen? "Was soll ich denn mit euch auf einer Party?", frage ich irritiert. "Das wirst du noch erfahren. Hast du ein Kleid zu Hause? Am besten eng und kurz..." Ich schnappe nach Luft und funkel ihn böse an. "Nein und so ein Kleid werde ich auch nicht tragen." Er lacht und stoppt das Auto unsaft vor einer roten Ampel. "Was? Willst du mir etwa sagen, du bist nicht so eine?" Sein amüsierter Blick liegt provokant auf mir. Mit einem lachenden Schnauben wende ich den Blick ab. "Na klar, Frauen sind für dich alle gleich, oder? Du kannst dir das kurze, enge Kleid sonstwohin stecken. Ich kriege die 10.000€ schon irgendwie anders zusammen." Die Ampel springt auf grün und er gibt vollgas. Ich werde in den Sitz gepresst und fange langsam an zu glauben, er will uns beide umbringen. "Du hast mir besser gefallen, als du zitternd im Diner vor uns gestanden hast.", grinst er.

"Will ich überhaupt wissen, woher du meine Adresse kennst?", frage ich, als wir vor unserer Wohnung halten. Er nimmt eine Zigarette aus der Packung, die auf der Mittelkonsole lag und steckt sie sich in den Mund. Dann öffnet er die Fahrertühr und steigt aus. Seufzend öffne ich meine Tür und tue es ihm gleich. "Du hast 15 Minuten Zeit, um dir geeignete Klamotten zu holen und dich zu schminken." Und wenn ich mich nicht schminken will?! "Zwanzig.", rufe ich, als ich zur Eingangstür gehe.

"Dieser arrogante Vollidiot.", schimpfe ich, als ich meinen Schrank durchwühle. Es sind bereits sechs Minuten vergangen. Wieso achte ich überhaupt darauf? Ich ziehe eine blau-weiß gestreifte Bluse aus meinem Schrank und eine enge, weiße Jeans. Dann schnappe ich mir meine einzigen hohen Schuhe und renne in das Badezimmer. Nach ein wenig Foundation, Kajal, Rouge und Augenbrauenpuder folgt Mascara. So intensiv habe ich mich ewig nicht mehr geschminkt, aber ich bin mit dem Ergebnis zufrieden. Dann kämme ich meine Haare und lasse die leichten Wellen drin. Mit den Klamotten auf meinem Arm und den Schuhen in der Hand bleibe ich kurz vor der Schlafzimmertür stehen. Ich höre das schwere Atmen meiner Mutter, die die Tür einen Spalt offen gelassen hat. "Bis morgen, Maman.", flüstere ich.

Als ich das Haus verlasse, steht Mat vor dem Wagen und schaut demonstrativ auf seine Uhr. "Ich habe bei den 20 Minuten nicht eingewilligt.", sagt er mit hochgezogenen Augenbrauen. "Du willst doch, dass ich ordentlich aussehe, oder? Dafür sind fünf Minuten länger ein geringer Preis." Und damit steige ich ins Auto. Woher nehme ich in der letzten Stunde bloß den Mut, ihm die Stirn zu bieten? Ich weiß es selbst nicht.

Wir fahren zu dem Haus der Blinders, in dem die anderen fünf bereits auf uns warten. Mat stellt sie mir der Reihe nach vor: da wären Milo, der mir bereits negativ aufgefallen ist, Emre, Parker, Jason und Vince. Es soll mir recht sein, dass die anderen kaum mit mir sprechen, noch mehr arroganz kann ich gerade sowieso nicht ertragen. "Magst du Salamipizza?", fragt Mat. "Ja.", antworte ich und schon drückt mir jemand einen Pizzakarton in die Hand. "Du wirst heute Abend trinken und brauchst eine Grundlage dafür." "Und was ist, wenn ich gar keinen Alkohol trinke?", frage ich und lege den Kopf schief. "Dann brauchst du die Pizza umso mehr."

Matthew - My Guardian and Guilt / Abgeschlossen.Where stories live. Discover now