Sowie er verschwunden war, ertappte ich mich dabei ihm immer noch nachzuschauen und auf eine Antwort wartend. Ich wollte nicht zu streng mit ihm sein, weil er nunmal jünger als ich war, aber dass ich genervt war konnte ich nicht leugnen. Seufzend lehnte ich mich gegen die weiße Wand hinter mir und schweifte mit den Gedanken ab, fragte mich zu welchen Kursen dieser Flur wohl führte. Kunst vielleicht? Leider war dieses Fach nicht besondern beliebt in meiner Klasse, was aber eher an dem Lehrer Mister Corey lag. Und das schlimmste war, dass ich auch Corey hieß, obwohl wir nicht verwandt waren, kein Stück . Für mich war es bloß nervenraubend, weil sie mich manchmal als die Tochter des Nazi's bezeichneten und dann muss ich ihnen erklären das wir keineswegs miteinander zu tun haben. Manchmal wenn es Leute zu weit trieben, erinnerte ich sie daran, dass meine Eltern vor zwei Jahren einen Unfall hatten und machte ihnen ein schlechtes Gewissen. Ich war ziemlich nett, ja.

Ich hörte, wie jemand die Treppen hinauf stieg und mein erster Gedanke war Len, der mir vielleicht doch ein paar Antworten liefern wollte. Sofort rannte ich runter, um ihn zu empfangen, wurde dann aber extrem enttäuscht als mir Mr. Corey entgegenkam.

"Corey!", knurrte er mich an. War das alles, was die Menschen taten wenn sie mich sahen? Mich anknurren, schreien, grunzen, keifen und so weiter? "Wo solltest du jetzt sein?"

"In der Klasse", antwortete ich ihm.

"Wie viel Uhr haben wir?"

"Kurz nach Elf", sagte er wütend. "Und jetzt los- und wehe du schwänzt."

Augenverdrehend passierte ich ihn, "Was sollte ich sonst tun? Ich meine, ich bin sowieso schon zu spät. Warum sollte ich dann jetzt gehen? Was würde mir das denn bringen?"

"Du freche klei-"

"Was wollen sie jetzt machen?", fragte ich und drehte mich wieder zu ihm um. Wieder benahm ich mich so ätzend wie in den letzten zwei Jahren. "Meine Eltern anrufen? Viel Glück!" Dieses mal ging ich endgültig weiter, ohne ihm weitere Beachtung zu schenken.

"Nein", hörte ich von hinten. "Aber ich kann dich umbringen."

Abrupt stoppte ich. "Was?" Angst durchströmte jede einzelne Ader in meinem Körper.

"Ich sagte, dass ich die Direktorin darauf ansprechen werde."
Ich atmete tief aus. Wie habe ich 'dich umbringen' rausgehört?

"Gut, okay", murmelte ich erleichtert. "Besser als das, was ich ich gehört habe. Viel besser."

~

Minuten später verließ ich das Gebäude, welches immer noch Schüler anzog, die sich um den kaputten Zaun sammelten. Dort kam mir ein Junge mit großen blauen Augen und kurzem schwarzem Haar entgegen, der sich als Len's Freund entpuppte. Er sah, naja, ziemlich verweichlicht aus, so wie er seine Tasche vor seiner Brust festhielt, als ob ihm jemand etwas klauen wollen würde. Ob man ihm das in diesem Viertel verübeln könnte, war natürlich eine andere Frage.

"Du bist doch Evi, oder? Weißt du zufällig wo Len ist?", fragte er.
"Er war oben", antwortete ich. "Und kam mit schlechter Laune wieder runter, aber wo er jetzt ist.." Ich zuckte die Schultern. "Er ist irgendwie abgehauen."

"Huh? Er ist abgehauen, was ist passiert?"

"Nichts gravierendes..", murmelte ich, "aber ich gehe jetzt nach Hause, also gebe ich ihm Bescheid, dass du nach ihm gesucht hast, wenn ich ihn wieder antreffe."

"Gut, danke."

Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden ging ich. Ich wünschte mir echt, es wäre schon dunkel. Statt direkt nach Hause zu gehen, wollte ich mir allerdings vorher noch etwas kaufen. Ich schätze, ich sollte Len später wegen den Stunden später ansprechen, aber wann das sein könnte, war mir noch nicht eingeleuchtet. Nach dem war heute vorgefallen war mit diesem Typen, dessen Namen ich immer noch nicht wusste. Obwohl ich ihm sein Leben gerettet hatte, nachdem ich dieses fast auf dem Gewissen hatte. Außerdem sah es nicht so aus, als ob er mir seinen Namen verraten wollen würde, nun, warum sollte sich eine so selbstsüchtige Person die Zeit dazu nehmen?

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