Ich muss mich konzentrieren, als ich das Datum und die Uhrzeit aufschreibe. Es ist nicht einmal so, dass ich weiß, welches Datum wir heute haben. Hätte der Redner nicht erwähnt, dass der Bestimmungstest heute in zwei Wochen wäre, wäre ich nun ziemlich aufgeschmissen. Angestrengt schreibe ich alle Zahlen von Eins bis Vierzehn auf und streiche den ersten Tag durch. Dann sehe ich mich verstohlen um, packe ich den Stift einfach in meine Jackentasche und verstaue den Fetzen Zeitung auch darin.

Die Tage bis zum Test ziehen sich elend lang. Doch schließlich ist es soweit. Die Nacht kann ich gar nicht schlafen. Ich wälze mich nur umher, bis ich endlich beim ersten Sonnenstrahl aufstehe und mich anziehe. Es war nicht so, dass ich viele Sachen hatte. Doch in den letzten zwei Wochen waren noch einmal die Altruan gekommen und hatte jenen, die an dem Test teilnehmen wollten, ordentliche Hosen, ein paar Schuhe und ein Hemd gebracht. Leise schleiche ich mich aus dem kleinen Lager, in dem ich zusammen mit ein paar Anderen schlief. Nachts taten wir uns oft in kleinen Gruppen zusammen, um Angriffen von Anderen zu entgehen. Mal mit mehr - mal mit weniger Erfolg. 

Ich mache mich auf den Weg aus dem Lager und nachdem ich die Grenzen hinter mir gelassen habe, gebe ich auch meine kleine Hoffnung auf ein verlassendes Stück Brot auf. Offenbar würde ich so schnell nichts zu essen finden. Ich laufe etwa eine Stunde, als ich an dem großen Gebäude ankomme, in dem die Tests stattfanden. Ich war noch nie vorher hier gewesen. Jedenfalls nicht alleine. Oftmals hatte ich mich nachts mit Freunden in die Stadt geschlichen. Doch nun war es hell und hier und da liefen schon Menschen herum. 

Von weitem muss ich wohl aussehen, wie ein Altruan. Nur, wer näher an mich herantritt, würde bemerken aus welcher Ecke ich komme. Meine Haare sind verfilzt und schmutzig, auch, wenn ich sie am Vortag notdürftig mit Regenwasser gewaschen habe. Meine Haut ist von der Sonne ausgegerbt. Und meine Fingernägel sind dreckig und abgebrochen. Etwas beschämt versteckte ich sie in meiner Tasche und laufe näher an das Gebäude heran. 

Auch wenn es noch sehr früh ist, haben sich schon fünf kleine Schlangen vor dem Gebäude gebildet. Mein Blick fällt auf die fünf Zeichen über den Köpfen der Leute. Jeweils eines über jeder Menschenschlange. Doch dann fällt mir noch ein sechstes Zeichen auf. Ganz rechts ist es an dem Gebäude angebracht worden. Mein Blick fällt auf einen kleinen Tisch der unter dem Zeichen steht. Ich starrte das Zeichen an und mir wird klar, was es bedeutet. Es zeigt einen leeren Kreis, das Zeichen der Fraktionslosen. 

Ich atme tief ein und setze mich in Bewegung. Sobald ich dem Tisch näher komme, sehe ich, dass er nicht besetzt ist. Zögernd bleibe ich auf der Hälfte der Strecke stehen. Unangenehm bemerke ich die Blicke einiger Leute aus den anderen Fraktionen. Sie hatten mein Ankommen bemerkt und auch worauf ich steuerte. Wie auf Befehl tritt ein bewaffneter Mann aus dem Schatten hinter einer Säule des Gebäudes hervor. Ein Ferox. 

Ich frage mich, ob ich weitergehen soll und tue es schließlich. Es sind nicht viele Schritte nötig bis ich am Tisch ankomme. Der Ferox sieht mich an und nickt. Erst denke ich, er nickt mir zu, doch dann sehe ich, wie eine kleine Frau hinter ihm vorkommt und sich auf den Stuhl setzt.

"Name? ", fragt sie mich.

Ich starre sie an und räuspere mich. Die Stirn des Feroxmannes legt sich in Falten. Was er wohl von mir denken muss, wenn ich nicht einmal meinen Namen weiß. Doch ich weiß meinen Namen natürlich. Plötzlich bin ich aber viel zu aufgeregt.

Einmal Fraktionslos, Immer Fraktionslos - Die BestimmungWhere stories live. Discover now