5. Mein erster Flug

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"Zaubern? Warum?? Und vor allem...Wie?? Wir sind Vampire, aber keine Hexen!"
Das kam mir ein bisschen spanisch vor.
Sebastian sah mich nun an. Seine Augen funkelten. Etwas geheimnisvolles berbarg er.
"Vertrau mir! Sag einfach: Klein, fein, mein." Es klang wie ein Zauberspruch.
Sebastian legte meinen Koffer hinter uns in den Sand. Den andren legte ich automatisch daneben.
Zuerst zögerte ich. Veräppelte er mich jetzt? War das etwa ein Test?
Leicht drückte er meine Hand. Also gut. Ich versuchte es. Wenn er eben darauf bestand...
"Klein, fein, mein!", murmelte ich. Meine Augen schauten irgendwo anders hin. Doch dann schaute ich wie gebannt auf meine Koffer. Ich konnte nicht glauben, was dort geschah.
Plötzlich schrumpften sie zu einem kleinen Paket zusammen. So klein wie eine Maus.
"Praktisch!", gestand ich erstaunt. Hatte ich das wirklich gerade gesagt? Ich war mir selber ein wenig fremd.
"Jetzt kannst du sie einfach in deiner Hosentasche verstauen."
Ich hörte auf ihn ohne zu zögern, nahm die winzigen Koffer und packte sie in meine Hosentasche. Es war schon ein komisches Gefühl meine Koffer in meiner Hosentasche zu haben.
"Dann können wir ja los fliegen!" Ich sah Sebastian verwirrt an. "Fliegen? Und wie??"
Sebastian ließ meine Hand los. Für einen kurzen Augenblick dachte ich umzufallen, doch alles war in Ordnung. Die Wirkung hielt also noch an.
Dann streckte er beide Arme zur Seite so weit von sich, bis es nicht mehr weiter ging. Schon verwandelten sie sich in Flügel. "Voilà!" "Wow!" Wie gebannt starrte ich auf seine Flügel. Sie waren riesig und schwarz, aber sahen schön aus. Ich staunte nicht schlecht.
"Komm! Mach mir nach!", stachelte er mich an. Ich nickte. Ich vertraute ihm immer mehr. Besser als meiner Familie vorhin. 
Also streckte ich meine Arme auch zur Seite aus. Doch nichts passierte.
"Ich kann es nicht!" Unmotiviert ließ ich meine Arme wieder fallen. Wie sollte das denn bitte schön gehen? Es war immer noch eine neue Welt für mich.
"Streck sie so weit aus wie du nur kannst! Gib nicht auf!"
Ich seufzte und versuchte es nocheinmal. Ich streckte sie doch schon so weit aus wie es nur ging! Warum passierte nichts? Ich streckte meine Arme aus, so weit ich nur konnte.
Plötzlich spürte sie ein kribbeln. Ich schloss für einen kurzen Augenblick die Augen. Was passierte hier nur? Als ich sie wieder öffnete, sah ich, dass meine Arme auch zu Flügeln geworden waren! Sie waren schwer. Daran musste ich mich erst enmal gewöhnen.
"Super gemacht, Alex!", lobte mich Sebastian. Ich lächelte. Wahrscheinlich war ich auch noch ein bisschen rot geworden.
"Fliegen ist übrigens gar nicht schwer! Einfach mit den Flügeln schlagen wie ein Vogel!" Sebastian schlug mit seinen Flügeln und hob vom Boden ab. Ich versuchte es auch. Es sah einfacher aus als es wirlich war. Erst nach 4 Anlaufversuchen funktionierte es dann auch. Ich konnte es nicht glauben! Ich flog! Mit meinen eigenen Flügeln! Einfach unglaublich!

"Es ist schön, oder?", fragte Sebastian, als wir ein paar Meter geflogen waren. Ich nickte.
"Schöner kann es nicht mehr sein!" Ich fühlte mich schwerelos und frei. Ein tolles Gefühl! Mein Kopf war Gedankenfrei für wenige Minuten. So ein Gefühl hatte ich noch nie zuvor in meinem Leben! Wir flogen über wunderschöne Städte und Landschaften. Schöner als jeder Flug mit dem Flugzeug. Einfach unbeschreiblich!

Die Zeit vergang auch wie im Flug (wortwörtlich).
Nur kurze Zeit später (es waren ein paar Stunden vegangen), legten wir eine Rast auf einem Berg ein. Niemand weit und breit. Es war wohl kein Touristenort hier oben. Um so besser also für uns.
Sebastian und ich setzten uns einfach in das feuchte Grün. Zum Glück hatte ich eine dunkle Jeans an. Grasflecken auf meinen Anziehsachen hätten mir gerade noch gefehlt! Doch ich stellte mich nicht so an und nahm einfach Platz.
Sebastian kramte zwei Flachen gefüllt mit einer roten Flüssigkeit aus seiner Hosentasche hervor. Es sah aus wie irgendein Traubensaft, aber das war es bestimmt nicht, dachte ich. Eine Flasche reichte er mir. Ich nahm sie an und betrachtete sie.
"Trink." Beim genauen Betrachten... "Ist das etwa… Blut?", fragte ich etwas angewidert.
Mein Blick huschte in Sebastians Richtung. Der nickte gelassen.
"Leibspeise der Vampire. Probiere es einfach mal! Du wirst schon sehen." Er zwinkerte mir zu.
Na so schlimm konnte es jetzt auch nicht sein. Ich gehorchte ihm immer noch etwas skeptisch und öffnete die Flasche. Dann nahm ich sie an meine Lippen und nahm einen Schluck. Dann noch einen und noch einen.
"Lecker!", sagte ich überrascht. Kein Wunder, dass Vampire so darauf abfahren! Damit hätte ich im Leben nicht gerechnet. "Hätte ich nicht gedacht!"
Sebastian lächete zu mir rüber. "Siehst du! Du gewöhnst dich schon daran!"
Ich nickte und drehte den Deckel zu. Die paar Schlückchen reichten erst einmal.
"Aber…nun erzähl mir doch bitte alles, ok?" Sebastian sah mich fragend an. Unsere Blicke trafen sich. "Was soll ich dir erzählen? Wovon redest du?",wollte er wissen. Er hatte wirkllch keine Ahnung von dem, was ich wissen wollte. Dabei wollte ich einfach nur die Wahrheit.
"Na, warum du mich begleitest und was du so alles über Vampire weißt…auch alles drum herum! Mum meinte, dass du mir viel erzählen kannst!" Ich gab zu, dass ich sehr neugierig war. Hoffentlich störte ihn das nicht.
Sebastian nickte langsam. Er schien mich verstanden zu haben. Erleichtert seufzte ich.
"Ok…also gut", fing er an. Seine Hände umklammerten seine Flasche. War er etwa nervös? Hatte er etwas zu verbergen? "Eines musst du zuerst wissen." Er wandte seinen Blick von mir ab.
"Ich bin nur wegen dir in deine Stadt gezogen!"

Das dunkle GeheimnisWhere stories live. Discover now