29. Eine schockierende Nachricht

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Die letzten Übungsstunden brachten mir immer mehr Übung ein. Ich lernte meine geheime Kraft zu nutzen und mich zu verteidigen. Sebastian war einfach so ein toller Lehrer für mich. Ich hätte mir keinen besseren vorstellen oder gar wünschen können.

Wieder vergingen Wochen über Wochen. Immer mehr Zeit verstrich und das Duell rückte auch immer näher. Ich hatte ja keine Ahnung, wann es genau sein würde. Ich bereitete mich also jeden einzelnen Tag darauf vor und hoffte, dass es so schnell wie möglich vorbei sein würde. Garlus ließ mich jetzt schon seit ein paar Monaten warten. Ich war wirklich sehr gespannt, wann er endlich gegen mich antreten würde.

An einem Tag saßen Norami, Percy, Sebastian und ich wieder zusammen. Wir tranken und quatschten fast schon den ganzen Nachmittag. Wir machten kaum noch etwas anderes. Meistens quatschten wir über die Schule, aber es gab auch Tage, an denen wir über andere Sachen sprachen wie z.B. Liebe oder so. Wir hatten sehr unterschiedliche Themen.

Wir vier waren gerade in ein Gespräch über die Vampirgeschichte vertieft, als wir plötzliche Schreie vernahmen. Wir sahen ein Vampirmädchen aus dem Hinterhof in die Eingangshalle rennen. Sie war total aufgelöst und blasser als sonst. Irgendetwas stimmte nicht.
„Leichen!", schrie sie so laut sie konnte und atmete sehr schnell und sehr flach.
Alle Vampire in der Halle fingen an miteinander zu tuscheln.
Ich sah meine Freunde verwirrt an. Was hatte das zu bedeuten?

So schnell ich konnte huschte ich zu ihr hin.
„Hey", flüsterte ich ihr zu und legte meine Hände auf ihre Schultern. Ich versuchte sie ein bisschen zu beruhigen, doch das Mädchen sah mich immer noch schnell atmend an. Ihr Blick löste sich keine Sekunde lang von mir. So panisch hatte ich einen Vampir hier noch nie gesehen. „Was ist passiert?", wollte ich dann mit sanfter Stimme wissen.
„Sarla und Jacky!", antwortete das Mädchen auf meine Frage. Nun liefen ihr Tränen über die Wangen. „Ihre Leichen wurden im Hinterhof gefunden!"
Ich atmete schnell ein. Mein Körper war stocksteif durch den Schock. Ich stand dort wie eine Wachsfigur. Ich konnte das nicht glauben. Jacky und Sarla? Tod? Nein, das konnte nicht wahr sein! Nein! Die beiden durften nicht tot sein!
„Wie konnte das passieren?", versuchte ich zu fragen, doch ich bekam nur Bruchstücke aus mir heraus. „W...wer war das?"
Das Mädchen schien mich jedoch trotzdem verstanden zu haben und schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung." Mehr und mehr Tränen flossen über ihr zärtliches Gesicht. „Ich wollte mich im Hinterhof entspannen und dann sah ich die beiden dort liegen!"

Ich ließ das Mädchen einfach so in der Halle stehen und rannte so schnell ich konnte in den Hinterhof. Ich spürte, dass meine Freunde mir bereits folgten.

Ich war noch mehr als schockiert, als wir den Hinterhof erreichten. Die Beißens und ein paar andere ältere Schüler waren schon hier um die beiden Leichen versammelt. Auch Jazinka war anwesend, doch in diesem Moment war mir das mehr als egal.

Ich trat einen Schritt vor und sah mir die beiden an. Viel Blut war nicht zu sehen. Die beiden wurden einfach leer gesaugt. Es muss schon ein mächtiger Vampir gewesen sein. Ich sah noch die Einstiche in ihren Hälsen. Meine Zimmergenossinnen waren blasser als ich sie je zuvor gesehen habe. Ihr Tod war sicher sehr schnell und kaum schmerzhaft.
Ich musste schlucken. Es war schon komisch, sie so zu sehen. Ich hatte mich zwar nie so gut mit den beiden verstanden, aber trotzdem litt ich sehr unter ihrem Tod. Ich konnte einfach meine Tränen nicht zurück halten.
Ich spürte, wie jemand mich von hinten umarmte. Sebastian berührte mich sehr sanft und fürsorglich. Er nahm mich fest in seine starken Arme und ließ mich nicht mehr los.

Einen Augenblick lang sagte keiner etwas. Ein Moment der Stille. Ich starrte einfach nur auf die beiden Leichen. Wieso die beiden? Was haben sie denn nur getan?

„Es kann nur einen geben, der sie getötet haben kann", ergriff unser Direktor das Wort.
Ich sah schluchzend zu ihm hin. Auch er sah nun in meine Richtung.
„Der mächtigste Vampir auf Erden hat zugeschlagen!", verkündete er dann.
Die Schüler erschraken und fingen an mit ihren Nachbarn zu tuscheln. Nur wir vier waren leise. Wir hatten nichts zu bereden. Wir wussten es von Anfang an.

Mit großen Schritten kam Herr Beißen auf uns zu. „Mein Beileid", sagte er zu uns. „Ich kann mir nicht erklären, wie er hier rein gekommen ist und warum er das getan hat."
Ich kämpfte mit meinen Tränen.
„Dieser Zettel lag dabei", sagte er noch und reichte mir ein Stück Papier.
Darauf stand:

„Trainiere gut, sonst wirt es dir auch so ergehen."

Ich schluckte. Das war eindeutig an mich gerichtet. Garlus hatte es auf mich abgesehen. Bald wird er kommen und mich holen. Das Duell würde nun nicht mehr weit in der Zukunft liegen.

„Es muss sehr schwer für euch sein, dass die beiden Tod sind", hörte ich Frau Beißen sagen, die auf einmal neben uns stand. „Ihr wart die Einzigen, die wirklich für sie da waren."
Norami sah sie verwirrt an. Ihre Stirn legte sich in Falten. „Was? Wir? Wovon reden sie da bitte? Nein, wir waren nie beste Freundinnen. Wir haben uns nur selten gut verstanden."
„Norami, wovon redest du denn jetzt?", fragte Percy seine beste Freundin mit einer erhobenen Augenbraue. Ich konnte im Moment keinem von beiden richtig folgen. „Sie hatten keine richtigen Freunde. Alle mochten sie, aber Freunde hatten sie nicht! Nein, sie mochten nur euch beiden und ihr habt euch gewehrt ihnen gegenüber auch nett zu sein."
Norami und ich schluckten. Wir konnten nicht begreifen, was hier gerade geschah. Sarla und Jacky mochten uns wirklich? Wie konnte das sein? Wir verstanden gar nichts mehr.
„Aber...sie waren doch so gemein zu uns", bemerkte Norami und ich nickte. Ja, das waren sie wirklich. Sie haben uns sehr oft geneckt.
„Ja, aber so waren sie eben", sagte Percy. „Sie wussten nicht, wie sie euch zeigen sollten, dass sie euch mögen. Sie sind eben von Natur aus so."
Herr Beißen nickte. „Da hat Percy Recht."
„Und warum haben wir das nicht erkannt? Warum hat uns das keiner gesagt? Hätten wir das gewusst, dass wären wir besser mit ihnen umgegangen."
„Ich dachte, ihr wüsstet das...", flüsterte Percy und sah zu Boden.
Wir schüttelten den Kopf.
„Woher denn bitte schön?", fragten wir wie aus einem Mund.
„Ach, aber es ist sowieso zu spät", unterbrach Frau Beißen unser Gespräch. „Man kann nur hoffen, dass dies der Einzige Fall bleibt und dass er nicht noch einmal hier im Umkreis des Schlosses angreift."

Das dunkle GeheimnisWhere stories live. Discover now