10. Gebrochen

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Jisoo erkannte schnell, wie schlecht ich drauf war. Sie versorgte mich mit einem Bier nach dem anderen, während ich auf meinem Stammplatz an der Bar des Red saß. Die bunten Flecken der Lichtorgel jagten über die Wände, und die Musik war fast laut genug, um meine Gedanken zu betäuben.

Mein Päckchen Malboro war fast leer, aber damit hatte der Druck auf meiner Brust nichts zu tun. Ein paar Jungs waren gekommen und wieder gegangen, nachdem sie versucht hatten, ein Gespräch anzufangen. Aber ich konnte den Blick von der halb gerauchten Zigarette zwischen meinen Fingern nicht heben. Die Asche war schon lange und musste im nächsten Moment abfallen, also sah ich zu, wie sich die Glut durch das Papier fraß und versuchte, mich von den niederschmetternden Gefühlen abzulenken, die die Musik nicht übertönen konnte.

Als es an der Bar nicht mehr so voll war und Jisoo von ihrem Tausendstundenkilometertempo langsam wieder runterkam, stellte sie ein leeres Shotglas vor mich hin und füllte es bis zum Rand mit Jim Beam. Ich wollte danach greifen, aber sie legte ihre Finger, auf denen Babydoll zu lesen stand, wenn sie eine Faust machte, um das schwarze Lederarmband an meinem Handgelenk.

»Okay, Kook. Dann lass mal hören.«
»Was hören?«, fragte ich und unternahm einen schwachen Versuch, mich aus ihrem Griff zu befreien.
Sie schüttelte den Kopf. »Ist es der Junge?«
Das Glas berührte meine Lippen, ich legte den Kopf in den Nacken, um die brennende Flüssigkeit meinen Hals hinunterlaufen zu lassen. »Welcher Junge?«
Jisoo verdrehte die Augen. »Welcher Junge. Meinst du das ernst? Mit wem glaubst du, redest du gerade?«
»Schon gut, schon gut. Es geht um Kitten.«
»Kitten? Du machst Witze.«
Ich lachte kurz auf. »Um Jimin. Er ist ein Kätzchen. Ein teuflisches Kätzchen, der mir dermaßen den Kopf verdreht, dass ich nicht mehr klar denken kann. Nichts ergibt mehr einen Sinn, Jisoo. Jede Regel, die ich jemals für mich aufgestellt habe, wird eine nach der anderen gebrochen. Ich bin ein Weichei.
Nein... schlimmer. Ich bin wie Yoongi.«
Jisoo lachte. »Sei nicht gemein.«
»Du hast recht. Yoongs ist ein guter Typ.«
»Sei auch nicht gemein zu dir selbst«, sagte sie, warf einen Lappen auf die Theke und begann, die Fläche mit kreisenden Bewegungen abzuwischen. »Sich in jemanden zu verlieben ist kein Verbrechen, Kook, mein Gott.«

Ich schaute mich um. »Jetzt bin ich verwirrt. Redest du mit mir oder mit dem lieben Gott?«
»Ich meine das ernst. Du empfindest also was für ihn. Na und?«
»Er hasst mich.«
»Nee.«
»Doch, ich habe es heute Abend gehört. Aus Versehen. Er hält mich für einem Dreckskerl.«
»Hat er das gesagt?«
»So ähnlich.«
»Na in gewisser Hinsicht stimmt das doch.«
Ich runzelte die Stirn. »Vielen Dank.«
Mit den Ellbogen auf der Bar streckte sie ihre Hände aus. »Willst du das etwa bestreiten, wenn man sich deinen bisherigen Lebenswandel anschaut? Ich denke nur... vielleicht kannst du für ihn anders sein. Vielleicht schaffst du es, für ihn ein besserer Typ zu werden.« Sie goss noch einen Shot ein, und bevor sie mich davon abhalten konnte, kippte ich den auch noch runter.

»Du hast recht. Ich bin ein Dreckskerl gewesen. Ob ich mich ändern könnte? Ich habe verdammt noch mal keine Ahnung. Aber wahrscheinlich nicht genug, um ihn zu verdienen.«
Jisoo zuckte mit den Schultern und stellte die Whiskeyflasche auf ihren Platz zurück. »Ich glaube, das solltest du ihn beurteilen lassen.«
Ich zündete mir eine neue Zigarette an, nahm einen tiefen Zug und bließ den Rauch in den ohnehin schon völlig verqualmten Raum. »Gib mit noch ein Bier.«
»Kook, ich denke, du hattest schon genug.«
»Verdammt, Jisoo, tu es einfach.«

•••

Als ich aufwachte, schien die Nachmittagssonne durch die Jalousien, aber es hätte genauso gut Mittag in einer weißen Sandwüste sein können. Sofort kniff ich die Augen zu.
Mein ausgetrockneter Mund schmeckte nach einer Mischung aus schlechtem Morgenatem, Chemikalien und Katzenpisse. Ich hasste dieses wattige Gefühl auf der Zunge nach einer durchgesoffenen Nacht.

Loving Disaster | JikookWhere stories live. Discover now