19. Ukulele und Gartenparty

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Als es dunkel wird, schleiche ich in mein Zimmer zurück. Mein Handy liegt auf dem Schreibtisch und blinkt vor sich hin. 17 entgangene Anrufe, 20 Nachrichten aus 4 Chats und 6 SMS. Ich schalte mein Handy aus und lasse es auf dem Schreibtisch. Ich schließe meine Zimmertür und lege mich aufs Bett. Von Liz fehlt jede Spur. Vielleicht ist sie nach meinem Ausraster nach Hause gefahren oder schläft im Wohnzimmer. Ich schiebe den Gedanken beiseite und konzentriere mich auf meine Probleme.

Eh ich mich versehe, ist es morgens. Da ich mich nicht in Lage fühle, zur Uni zu fahren und mit den Mädels zu reden, schreibe ich Jamini, dass sie mir die Notizen von heute schicken soll. Sie bestätigt und wünscht mir gute Besserung. Eines der positiven Dinge an ihr: Sie steckt ihre Nase nicht in die Privatsphäre anderer Leute. Ich ziehe mir ein frisches Outfit an und lasse mich dann rücklings aufs Sofa fallen. Dabei stoße ich mit meinem Kopf gegen etwas hartes. Verwundert drehe ich mich auf den Bauch. Als ich erblicke, gegen was ich gestoßen bin, reibe ich mir ungläubig die Augen. Entweder habe ich Halluzinationen oder da liegt wirklich eine schwarze Ukulele! Zwischen den Saiten klemmt ein Zettel. Ich befreie ihn und falte ihn auseinander.
*Ich weiß, sie ist nichts besonderes, aber vielleicht hilft sie dir. -Marti *
Er muss sie wohl gestern in mein Zimmer gelegt haben. Es ist ein sehr aufmerksames Geschenk von ihm. Ich lege den Zettel weg und nehme die Ukulele in die Hand. Es ist lange her, dass ich eine in der Hand hatte. Ich spiele eine Saite an. Wow. Wie habe ich den Klang vermisst! Schnell habe ich den Dreh wieder raus und spiele "Somewhere over the Rainbow" von Israel Kamakawiwo'ole. Auch den Text habe ich noch im Kopf und singe ihn. 

Es tut unheimlich gut, wieder eine Ukulele zu spielen. Natürlich hat diese nicht den gleichen Klang wie die von meiner Mutter, aber sie klingt gut. Fast wie neu. Das macht mich stutzig. Hat Marti vielleicht für mich eine neue Ukulele gekauft? Oder hat er sich diese vor Jahren gekauft, aber nie benutzt? Ich werde ihn später noch fragen. Ich spiele noch einige andere Songs, bis ich eine kurze Pause einlege. Plötzlich höre ich ein Geräusch an meiner Tür. Schritte entfernen sich, die sich stark nach den Schritten von Marti anhören. Hat er mich beim Spielen belauscht? Ach, von mir aus. Schließlich kann er ja machen, was er will. 
Ich weiß nur, dass es mir jetzt wieder besser geht, auch wenn ich meine Mutter bei sowas extrem vermisse. Sie liebte Musik, insbesondere wenn ich ihr was vorgespielt habe. Ich schaue auf die Ukulele in meiner Hand. Vorsichtig lege ich sie auf dem Sofa ab und stehe auf. Entschlossen öffne ich die Tür. Leise schleichend schaffe ich es, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, nach unten zu Marti's Zimmer. Ich klopfe nicht an, sondern gehe einfach in den Raum. Marti sitzt mit Kopfhörern auf seinem Bett und nickt im Takt der Musik. 

Als ich auf ihn zugehe, bemerkt er mich und nimmt einen Kopfhörer aus dem Ohr. "Hey, Luna. Dir scheint es wieder besser zu gehen?" "Ja. Eine Frage hätte ich an dich!" "Und welche?" Ich setze mich neben ihm aufs Bett. "Woher kommt die Ukulele, die auf meiner Couch liegt?" Marti lacht verlegen. "Die hatte ich mir letztes Jahr oder so mal gekauft, um damit ein Mädchen zu beeindrucken." "Lass mich raten. Das hat nicht funktioniert?" "Doch. Doch. Nur war das Problem, dass sie gar nicht auf Jungs steht..." Er lacht verlegen und kratzt sich am Hinterkopf. Ganz leise sagt er noch hinterher: "Du spielst echt gut..." "Danke. Es hat auch irgendwie verdammt gut getan. Und du brauchst nicht hinter der Tür zu lauschen. Wenn du mich spielen hören willst, frag mich einfach!" sage ich mit sarkastischen Unterton. "Ok. Ok. Merk ich mir. Kann ich sonst noch was für dich tun?" "Nur eine Sache." "Und die wäre?" Ich lege meine Arme um ihn und drück ihn an mich. Er erwidert meine plötzliche Umarmung. "Möchtest du mich spielen hören?" "Gerne." Ich stehe auf. "Dann komm mit." 

Ich nehme ihn an die Hand und ziehe ihn in mein Zimmer. Er macht es sich gleich auf dem Sofa bequem, nachdem ich die Ukulele in die Hand nehme. Erwartungsvoll sieht er mich an. "Ich halte nichts vom klassischen Vorspielen. Lass uns lieber gemeinsam entspannen und musizieren." Ich lege mich mit dem Kopf auf Marti's Oberkörper und fange einfach an zu spielen. Kein bestimmten Song, sondern einfach nach Laune, bis ich mich entschieden habe, Somewhere over the Rainbow zu spielen. Ich singe leise den Text mit, während Marti die Melodie summt. Es herrscht eine friedliche Atmosphäre. 

Auf der Suche nach Heimat (Marti Fischer & Co. KG FF)On viuen les histories. Descobreix ara