6. Süchtig nach Köttbullar

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Es sind Max und Marti, die mich besorgt ansehen. "Wo sind die anderen?" frage ich, um hoffentlich deren Fragen zu umgehen. Die Besorgnis weicht aus Marti's Gesicht, jedoch blebt sie in Max' Gesicht bestehen. Ihm konnte ich noch nie was vormachen. Marti antwortet mir: “Steve schläft und Frodo und Rick sind jeweils bei seiner Freundin.“ Ich nicke. “Da du zu Ikea wolltest, habe ich ein passendes Auto besorgt. Wir könnten theoretisch jetzt losfahren. Aufbau übernehmen dann Max und ich.“ Ich winke ab. “Aufbauen kann ich selber, aber das mit dem Auto ist eine gute Idee. Ich geh noch kurz ins Bad und dann geht's los.“ Max nickt zur Bestätigung. Marti holt aus seiner Hosentasche einen Autoschlüssel hervor. “Ich warte dann am Auto. Es ist groß und schwarz. Kann man nicht übersehen.“ Dann geht er.

Als ich ein wenig später aus der Haustür trete, warten beide schon auf mich. Nachdem wir noch bei der nächstgelegenen Bank waren, fahren wir zu Ikea. Max begleitet mich, während Marti an der Kasse wartet und die Stände um ihre Köttbullar erleichtert. Als ich Max frage, was mit Marti los sei, antwortet er: “Marti ist süchtig nach Köttbullar. Deswegen legt er sich auch so ins Zeug.“ “Wegen Köttbullar? Ja, die sind verdammt lecker, aber dafür sich solche Mühe machen?“ Max zuckt mit den Schultern.
Schnell habe ich alles zusammen, was ich für mein neues Zimmer brauche. Da wir nur die Bausätze bekommen haben, geht das bezahlen recht schnell. Wir winken Marti zu, er solle zu uns kommen. Mit drei Päckchen Köttbullar in den Händen geht er gemächlich zu uns. “Sonst aber alles klar, oder?“ frage ich sarkastisch mit Blick auf die Fleischbällchen. “Oh. Ganf vergeffen!“ sagt Marti mit vollem Mund. Er reicht mir eine der noch vollen Päckchen. “Für dich. Willkommen in der WG!“ “Ich dachte, dass ich euch was spendiere. Aber das können wir ja noch nach dem Schleppen und Aufbauen besprechen. Hilfst du uns beim Aufladen? Schließlich hast du den Schlüssel vom Wagen.“

Nachdem Marti die letzte Packung in sich hinein geschaufelt hat, laden wir alles ein und fahren zum nächstgelegenen Poco, wo ich Bettwäsche und Handtücher kaufe. Alles im Stil meiner Haare. Blauschwarz. Bis auf die eine Bettwäsche in rotschwarz von Deadpool. Ich liebe Deadpool!
Dank Ikeas einfach gehaltenen Bauplänen und drei weiteren Helfern ist am Abend alles fertig aufgebaut. “Danke für's Helfen. Ich hatte jeden von euch ja eine Pizza versprochen. Sucht euch eine gute Pizzeria raus und sagt mir dann, was ihr bestellen wollt.“ Frodo und Steve stürmen aus meinem Zimmer.

Ich drehe mich zu Rick. “Rick, bei dir weiß ich, dass du glutenintolerant bist. Bestimmt gibt es glutenfreie Pizza. Sich dir ruhig was aus. Du bist eingeladen.“ Er grinst mich an: "Ich weiß schon, was ich nehme, aber danke für deine Rücksicht. Und ein kleiner Tipp. Sag zu Marti, dass er sich maximal zwei Pizzen bestellen darf. Er sieht zwar nicht so aus, aber er frisst und frisst und wird trotzdem nie dicker. Und satt wird er auch nie.“ “Wir waren bei Ikea. Ich habe bei 14 aufgehört zu zählen, als er sich Köttbullar gekauft hat.“ “Seine Sucht wird immer schlimmer. Wir sollten vielleicht helfen.“ “Ja. Vielleicht“ Rick zuckt mit den Schultern und geht.
Ich lasse mich in meinen neuen Schreibtischstuhl fallen und schaue zu Max. Er kommt zu mir, hockt sich vor meinen Stuhl und sieht mich eindringlich an. “Lumi. Was war gestern Abend eigentlich los? Ich mache mir Sorgen.“ Plötzlich kommen die verdrängten Erinnerungen wieder hoch. Tränen sammeln sich erneut in den Augen. “Ich...Ich... Ich... Lucas...“ stottere ich. Max tut das einzig richtige in dieser Situation. Er zieht mich vom Stuhl hoch und drückt mich an sich.

Ich hasse Liebeskummer! Warum kommt der auf einmal zurück? Ich dachte, dass ich ihn komplett in Essen rausgeweint hatte. Ob das was mit Max zu tun hat? Eine geliebte Person von früher, die ich vermisst habe, ist jetzt wieder in meinem Leben. Lucas und Max sind die einzigen Jungs oder auch Männer, bei denen ich mich zu 100% wohlfühle. Ich hatte schon andere, aber da war ich teilweise so steif wie eine Puppe, wenn die mich angefasst hatten.
Aus dem Augenwinkel sehe ich Steve und Marti, die mit einem Zettel in der Hand im Türrahmen stehen. Ich trockne meine Tränen an Max' T-Shirt und schaue zu Steve. Er übergibt mir die Zettel und geht wieder. Marti betritt stattdessen mein Zimmer und schließt die Tür. "Luna? Willst du drüber reden?" fragt er. Ich schüttle meinen Kopf und löse mich von Max.

Als ich die Pizzawünsche durchgehe, höre ich im Hintergrund Max, wie er Marti erklärt, dass ich Liebeskummer habe, aber auch er nicht mehr weiß. Ich tippe die Nummer der Pizzeria ein und gebe die Bestellung durch. “In 30 bis 40 Minuten ist die Pizza da.“ sage ich zu den Jungs. “Ich gebe es an die anderen weiter.“ murmelt Marti beim hinausgehen. Wieder sind Max und ich allein. “Ich will im Moment nicht drüber reden, ok Maxi?“ Er nickt.

Auf der Suche nach Heimat (Marti Fischer & Co. KG FF)Where stories live. Discover now