35. Hoffnung

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Meine geliebte Ariella,
alles Gute zum neunten Geburtstag. Ich liebe dich über alles mein Schatz. Es gibt gute Neuigkeiten! Der unterirdische Keller, den Isla entworfen hat, wird seit ein paar Monaten gebaut. Es soll der erste Knotenpunkt eines größeren Schmuggler- und Flüchtlingsnetzes in Beerellon werden.
(Ich kann nicht glauben, dass der kleine Lothar sich diesen bescheuerten Namen für sein neues Reich ausgesucht hat.) Schon bald sollen mehr dieser Knotenpunkte entstehen und so die Rebellion organisieren. Wir müssen sehr vorsichtig sein, da Bärenstein Junior sehr genau auf jedes verdächtige Verhalten achtet und ständig Kontrollen in mein kleines Dorf schickt. Ich glaube, er vermutet mich hier, doch bis jetzt hat er mich nicht gefunden.
Eine weitere Neuigkeit ist die Geburt deiner Cousine Gloria. Ein wunderhübsches Mädchen, stark und sehr aktiv. Ich hoffe nur, dass sie unserem Familiennamen entkommt und unentdeckt ihr Leben führen kann. Ich werde alles Mögliche tun um Isla und ihr Kind zu unterstützen.
Bald mein Mädchen wird unsere Rebellion bereit sein und dann komme ich dich holen. Bald.
Alles Liebe dieser Welt, deine Mama.
Nelenia Henotello

Ohama war eine unglaubliche Stadt, die zweitgrößte des gesamten Reiches. Sie war wie eine gigantische Fabrik aufgebaut. Eine Produktionsstätte neben der anderen. Die Arbeiter schliefen in zugewiesenen Schlafsälen, selbst Familien bekamen nicht mehr Platz als jeder andere. Brandon wusste aus dem Geographie-Unterricht, dass Ohamas Arbeiter Verräter, Verbrecher oder Menschenunwürdige waren.

Also Menschen, die aufgrund einer Behinderung, dem Aussehen oder eines bestimmten Glaubens als menschenunwürdig eingestuft worden waren.Das schlimme an dieser Stadt war, dass die Arbeiter ihn niemals verlassen konnten. Ein Ohrring mit Sprengsatz hielt sie an diesem Ort gefangen. Selbst die in Ohama geborenen Kinder wurden zur Arbeit gezwungen und später ebenfalls gechipt. Über Ohama hing stets eine Smokewolke und schaffte es selbst den sonnigsten Tag düster erscheinen zu lassen. Noch in der Nacht waren Brandon und die anderen am Sammelplatz vor Ohama mit den übrigen Bewohnern zusammengekommen. Rami kannte einen der Fabrikleiter persönlich und verbürgte sich für deren Rechtschaffenheit und Hilfsbereitschaft.

Die knapp 80 Bewohner, die das Massaker überlebt hatten folgten Rami durch die pechschwarze Nacht zu der Kleiderfabrik seines Freundes. Brandon war nervös gewesen, unsicher ob sie ein sicheres Nachtquartier bei diesem Fabrikanten finden würden. Tatsächlich half Ramis Freund bereits anderen Rebellen, die ebenfalls aus ihrem Versteck vertrieben worden waren. Von den Teamleitern aus Brandons Bunker waren nur Rami, Reina und Crow übrig geblieben, jedoch einigten sie sich schnell drauf, dass Brandon ebenfalls zur Führungsregie zählen sollten. Sozusagen als Ersatz für Fred.

Sein Verlust traf die Überlebenden schwer und schuf eine Stimmung der Trauer. Für viele war Fred Freund, Kollege und Familie gewesen. Cassandra würde, da sie als einzige Überlebende eine fundierte medizinische Ausbildung absolviert hatte, die Aufgaben von Tai übernehmen und über medizinische Punkte entscheiden. Die gesamte Nacht debattierten Brandon, seine Teamleiter, der Fabrikant und die Teamleiter der anderen Flüchtlinge über ihre Strategie.

Es war klar, dass der Fabrikant ihnen nur für kurze Zeit Unterschlupf gewähren konnte, die Aufseher in dieser Stadt waren zu gefährlich. An jeder Ecke gab es Spione von Bärenstein. Als die ersten Sonnenstrahlen durch die Fenster der hohen Kleiderfabrik fielen, stritten sie sich immer noch. Seufzend sah Brandon aus dem Fenster, beobachtete einen Vogel frei fliegen. Die Hälfte der Menschen vor ihm wollte wieder im Untergrund verschwinden, sich neu formieren und das zerstörte Netzwerk wieder aufbauen. Sie wollten den Schwanz einziehen und sich verkriechen.

"Noch gibt es einige Bunker und Verstecke, die geschützt sind, wir könnten unsere Leute einmal dorthin bringen.", meinte Emilio, einer der Teamleiter der anderen Flüchtlinge. Sein dunkler Teint und die schwarzen Locken ließen spanische Wurzen vermuten. Er war Mitte vierzig und der Hauptredner der Diskussion. Er schien auch genau zu wissen, was für alle das beste war.

Kyrie- Nebel des KriegesWhere stories live. Discover now