Meister seines Faches

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Ich arbeite in der Akademie der Hexen von Lothar Bärenstein II. Es ist ein altes Kloster, groß und kalt. Es wurden militärische Ausbilder herangeschafft und ein Trainingsareal gebaut.
Ich sollte mich geehrt fühlen, dem neuen, visionären Herrscher unseres großen Landes zu dienen, doch alles was ich fühle ist Schmerz. Bärenstein hat sich vor ein paar Wochen meine geliebte Ariella geholt. Als sie kamen habe ich geschlafen, wurde nur durch ihre verzweifelten Schreie geweckt. Ich rannte meiner kleinen nach, aber die Männer haben sie so schnell in eine Kutsche geworfen und sind in der Nacht verschwunden.
Natürlich habe ich sofort um eine Erklärung gebeten, doch der neue Hausherr der Akademie meinte nur, dass Bärenstein ihre Ausbildung persönlich übernehmen würde. Was wird dieser brutale Junge nur meiner kleinen Ariella antun? Sie ist doch erst sechs. Sie kann sich doch nicht wehren. Mir wurde der Kontakt zu ihr strengstens verboten. Meine Aufgabe nun besteht darin Polly, Cornilius und Willhelm zu versorgen. Allerdings hat mir Meister Bärenstein klargemacht, dass die liebevolle Behandlung ein Ende haben muss.
Ich soll den Kindern keine Aufmerksamkeit, Nähe oder Trost spenden. Ich soll sie versorgen, ihre körperlichen Bedürfnisse befriedigen und mich ansonsten von ihnen fernhalten. Nach dem Verlust meiner Ariella bin ich gewillt seinen Forderungen nachzukommen.
Welchen Sinn hat meine Liebe wenn ich die Kinder damit in falscher Hoffnung wiege?
Bitte lieber Gott, rette mein kleines Mädchen. Mach das er ihr nicht wehtut.
Aufzeichnungen von Schwester Constance

Loke Bärenstein wusste, dass er mächtig war. Er wusste welchen Einfluss er auf die Menschen hatte. Viele Male hatte er Angst und Ehrfurcht gleichermaßen in den Augen seines Gegenübers gesehen.

Ganz Beerellon war ihm Untertan, er konnte tun was er wollte, sich nehmen was er wollte.
Die meisten in seiner Position wären wohl in die Verschwendungssucht und den Konsumwahn abgerutscht, doch nicht Loke, er war viel zu diszipliniert dafür. Er wählte seine Interessen sehr sorgfältig aus und arbeitete zielstrebig auf sie hin. Seine neueste Leidenschaft war ein Mädchen, das viele Namen hatte. Ihr gegebener Name gefiel ihm jedoch am besten. Nava. Außergewöhnlich wie dieses Mädchen. Seit er sie bei der Anhörung das erste Mal gesehen hatte, wusste er, dass sie sein werden musste. Er wollte sie besitzen, sie an seiner Seite wissen. Möglicherweise strebte er sogar eine Heirat an. Jedoch stand dies noch in den Sternen.
Sie war ein Rohdiamant und musste erst noch geschliffen werden. Die Front würde ihm in dieser Hinsicht gute Dienste leisten.

Noch wusste niemand von seinen Plänen für Nava und so würde es auch bleiben bis er etwas anderes entschied. Zufrieden lehnte Loke sich in seinem Schreibtischsessel zurück, spürte das weiche, braune Leder auf der Haut seiner nackten Arme. Das blaue Hemd hatte er an den Ärmeln hochgerollt, die Krawatte von sich geworfen.

Es war mitten in der Nacht, alle Meetings bereits vorbei und niemand mehr im rechteckigen, großflächig verglasten Bürogebäude, das den Hauptsitz der Macht in seinem Land bildete. Lokes Büro befand sich in der Hauptstadt Beerellons. Eine große, blühende Metropole Namens Sankt Sandrina. Benannt nach der ersten Königin die Beerellon jemals hatte. Makaber wenn man bedachte, dass ebenjene Königin von ihrem eigenen Sohn ermordet worden war. Loke kümmerte seine zumeist schaurige Familiengeschichte nicht, denn als er durch die großen Fenster seines Büros über die Stadt, seine Stadt blickte, sah er nur die herausragenden Leistungen seiner Ahnen. St. Sandrina war sauber, geordnet und sicher.

Es gab so gut wie keine Verbrechen und die Bürger waren zufrieden. In ärmeren Gegenden war dies natürlich nicht immer der Fall, aber Loke wusste, dass es immer zwei Seiten der Medaille gab. Sein Büro war geräumig, ein teurer Parkettboden und die Möbel aus feinstem Holz zeugten von Wohlstand. Der Schreibtisch war aus massiven schwarzen Holz. Die Wände waren in einem sanften grün gestrichen. Zwei Sessel standen vor seinem Schreibtisch. Sie waren für etwaige Businesspartner und Gäste. Es gab zwei aus dunklem Holz gemachte Türen zu seinem Büro.
Die eine führte in ein Apartment, es war klein, bestand aus Badezimmer und Schlafzimmer und wurde nur für den Fall, dass er spät arbeitete gebraucht. Die zweite Tür ging zu einem Flur hinaus. Dieser Flur hatte eine Aufzugstür. Dies war der einzige Weg in Lokes Büro.

Kyrie- Nebel des KriegesTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang