14. Versprechen aus Blut

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Meine süße Ariella,
mein Stern, mein Licht, mein geliebtes Kind. Ich schicke dir all meine Liebe, all meine Kraft.
Du warst mein Lichtblick in einem harten trostlosen Leben, aber nun habe ich dich verloren, ganz so wie meine Mutter einst mich verloren hat.
Erst jetzt weiß ich wie machtlos, gebrochen und schuldig sie sich gefühlt haben muss. Ich bin schuld an deinen Qualen. Ich war es die dich selbstsüchtig in diese Welt geholt hat, wohl wissend, was passieren könnte. Was auch immer geschehen mag, du sollst wissen, dass ich dich liebe und noch im Tod lieben werde. Dein Vater ebenfalls.
Du fragst dich sicher wer er gewesen sein mag. Sein Name war Karl, er war Fußsoldat in der Armee in der auch ich gedient habe.

Er konnte weder lesen, noch schreiben, noch sprechen, aber seine Augen waren sanft ganz so wie seine Hände. Sein Haar war gelb wie die gleißende Sonne, seine Augen so braun wie die Erde. Ich habe ihn geliebt. Ich wünschte mir so sehr, du könntest ihm begegnen, doch er starb bei einem Angriff. Eigentlich wollte ich dir in diesen Zeilen nur Trost und liebe spenden, doch nun sehe ich mich genötigt Warnungen auszusprechen.
Bitte, liebste Ariella, vertrau Bärenstein und den seinen nicht!
Er ist grausam und manipulativ. Sei auf der Hut. Bei meiner Schwester Sandrine wirst du Zuflucht finden, ebenso bei Schwester Constance, der Überbringerin dieses Briefes. Ich kann dir nicht versprechen noch am Leben zu sein, wenn dich dieser Brief erreicht. Eines jedoch kann ich dir Versprechen:
Ich werde für unsere Zukunft kämpfen.
Bärenstein wird mich nicht länger kontrollieren.
Mit all meiner Liebe, Mutter, Nelenia Henotello.

Als Kyrie am nächsten Morgen erwachte, konnte sie Zeus Hände immer noch überall an ihrem Körper spüren. Mit einem wohligen Gefühl kuschelte sie sich enger in das harte Bett.
Es war weit davon entfernt angenehm zu sein, aber an diesem Morgen, an diesem besonderen Morgen erschien es Kyrie wie ein weiches Federbett in einem großzügigen Palast. Selbst das hässliche Braun der Bettwäsche störte sie nicht mehr.
Durch das Fenster neben ihrem Bett fielen starke Sonnenstrahlen auf ihre Haut. Kein Wölkchen war am Himmel zu sehen.

Es war ein wunderschöner Frühlingstag. Auf ihrem Gesicht konnte sie ein breites Lächeln spüren, ihre Lippen immer noch voll und rot von heißen Küssen. Noch nie zuvor hatte sie sich so gefühlt. Vor ihrem geistigen Auge sah sie Zeus liebevolles Gesicht, das Lächeln das er ihr danach geschenkt hatte und die Wärme seiner Umarmung.

"Wow, was bringt dich den so zum Grinsen und wäre es möglich, das ich davon auch was kriege?", bemerkte Viktor schmunzelnd.

Er saß auf der Bettkante seines Stockbettes gegenüber von ihrem Bett.
Die Haare standen vom Schlaf in alle Richtungen ab und er trug nur eine Jogginghose. Sein Oberkörper war voller blauer Flecke, viele davon gingen auf ihr Konto. Kyrie warf die Decke von ihrem nackten Oberkörper und biss sich grinsend in die Unterlippe wie es Zeus in der Nacht zuvor dutzende Male getan hatte.

"Nein, du kriegst nichts! Gehört alles mir, meine gute Laune!", Sergei blieb stotternd vor ihr stehen, sah sie mit schräg gestellten Kopf verwirrt an.

Er sagte nichts, doch der Ausdruck auf seinem Gesicht ließ Viktor ebenfalls skeptisch schauen. Erst jetzt erinnerte sich Kyrie an ihre Unterhaltung mit Kasimir und daran das Sergei wusste was ihnen bevorstand. Also packte sie ihre gute Laune und das berechtigte Lächeln in eine Schublade und versperrte sie in ihrem Kopf. Eine gleichgültige Maske legte sich auf ihr Gesicht.

Die Wärme Schwand aus ihrem Körper und wurde von kalter, unbarmherziger Wut ersetzt. Ohne Viktor und Sergeis verwirrten Blicken Beachtung zu schenken ging sie nackt wie bei ihrer Geburt zu einer der Duschen. Öffnete im gehen den langen geflochtenen blonden Zopf ihrer Haare und schüttelte sie wild. Es gab an der Akademie einen Friseur, allerdings kannte er nur zwei Haarschnitte. Kurz und kürzer.

Kyrie- Nebel des KriegesWhere stories live. Discover now