Kapitel 27

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„Scorp? Es … es tut mir leid, wie ich eben reagiert hab. Ich wollte dir damit auch echt nicht wehtun. Es ist einfach nur so, dass ich etwas… nein, sehr überrascht war und es mir eigentlich nicht vorstellen konnte. Ich hab dich nicht wirklich ernst genommen und dann ist es einfach so … aus mir rausgeplatzt. Ich hab einfach nicht drüber nachgedacht. Tut mir echt leid.“
„Und was sagst du jetzt dazu? Wenn du jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben willst, dann kann ich das verstehen. Es ist deine Entscheidung wenn du jetzt gehst“, sagte ich immer noch etwas niedergeschlagen.

„Bitte was?! Warum sollte ich denn jetzt gehen. Scorpius! Du bist mein bester Freund. Es ist doch vollkommen egal, ob du jetzt auf das andere oder das gleiche oder sonst irgendein Geschlecht stehst. Du hast jetzt vielleicht mit mir nicht die beste Wahl getroffen, aber daran kann ich jetzt auch nichts mehr ändern und du auch nicht. Das ist vollkommen okay für mich. Nur weil du dich in mich… verliebt hast, ändert das für mich nichts an unserer Freundschaft. Ich bin froh dich zu haben und würde unsere Freundschaft nicht wegen sowas beenden. Solange du glücklich bist, ist mir das egal.“

Albus seine Worte waren in meinen Ohren wie Musik. Schöner hätte er es überhaupt nicht sagen können. Diese Worte zauberten mir sofort wieder ein Lächeln auf meine Lippen und ich konnte mal wieder nicht anders, als mir verlegen auf meiner Unterlippe herum zu knabbern. Was auch sonst. Dann wäre das ja geklärt. Ich war einfach nur erleichtert, dass es jetzt endlich raus war, auch wenn ich mir die Umstände anders gewünscht hätte. Immerhin wusste Albus jetzt woran er bei mir war.
Auch meine Körperhaltung entspannte sich zunehmend. Ich hatte meinen Arm nicht mehr krampfhaft um meine Knie gewickelt, sondern ganz locker über meinen Knien liegen. Es fühlte sich für mich gerade einfach so an, als wäre ich komplett frei. Ich hätte vor Freude im Kreis tanzend, hüpfend und schreiend durch mein Zimmer rennen können. Ich hatte das Gefühl das mir gerade eine solche Last von den Schultern, vom Herzen und sonst wo abgenommen wurde. Es war einfach unbeschreiblich.

Allerdings gab es noch eine Sache, die mir auf dem Herzen lag: „Und was ist mit Rose? Dad meinte, du bist gestern zusammen mit ihr weggegangen“, fragte ich, wobei ich eine gewisse Eifersucht nicht aus meiner Stimme verbannen konnte.
„Rose? Rose ist meine Cousine“, antwortete er etwas erschrocken.
„Das ist aber kein Grund, nichts mit ihr anzufangen. Jetzt mal ehrlich, läuft da was zwischen euch beiden?“, wollte ich immer noch wissen. Und wieder war die Eifersucht in meiner Stimme nicht zu überhören.
„Oje, da ist wohl jemand krass Eifersüchtig. Aber da kann ich dich echt beruhigen. Sie ist wirklich nur meine Cousine, nichts weiter.“
Und das beruhigte mich wirklich enorm.

Albus stand von meinem Bett auf und ging an meinen Schreibtisch, da er dort etwas gesichtet hatte, was er zum ersten Mal im Hogwarts-Express gesehen hatte. Er hob es hoch und zeigte es mir, etwas provokant mit einem breiten Grinsen. Es war der Amortentia.
„Jaja, jetzt weiß ich ja für wen der bestimmt war. Du hattest aber nicht wirklich vor, mir den zu verabreichen, oder? Deshalb warst du damals auch so nervös und hektisch, als er dir aus der Tasche gefallen ist und ich ihn gesehen hab. Oh Scorpius, du bist mir einer.“ Er lachte mich wieder auf eine gewisse Art aus, aber das störte mich jetzt nicht. Zudem war das ja kein böse gemeintes lachen. Aber das war auch egal. Von mir aus hätte gerade alles um mich herum kaputt und schief gehen können, es hätte mich nicht gestört. Nicht im Geringsten. Im Moment störte mich überhaupt nichts, da ich einfach nur frei war. Frei wie ein Vogel, der unbeschwert und pfeifend durch die Lüfte schwebt.

Er stellte das Fläschchen wieder zurück auf den Tisch und sah mich ironisch drohend an. „Wehe du setzt den bei mir ein. Wenn, dann machen wir das auf natürlichem Weg, ohne Zauberei", sagte er trocken.
Ich hatte sowieso schon mit dem Gedanken abgeschlossen, dieses Zeug zu benutzen. Würde ja schließlich doch nicht richtig wirk… Warte mal… hatte er gerade gesagt, 'wenn dann auf natürlichem Weg'? Hatte er da etwa angedeutet, dass das Ganze für ihn gar nicht so abwegig wäre. Ich konnte also doch noch Hoffnung haben.

Mein Mundwinkel musste sich bei dem Gedanken daran fast bis zu meiner Stirn hoch gezogen haben. In mir drin tobte gerade alles. Es loderte fast ein kleines Feuer in mir. Naja, um genau zu sein, war es eher ein Lagerfeuer und nicht nur ein kleines Feuerchen.
Er hatte wirklich angedeutet, dass es noch Hoffnung für eine gemeinsame Zukunft gab. „Auf natürlichem Wege? Was meinst du damit?“, fragte ich unschuldig aber etwas vorsichtiger. „Doch wohl nicht etwa, dass es auch ohne Zauberei geht, oder?“
„Wer weiß“, antwortete er noch unschuldiger.

Sein Grinsen hatte sich inzwischen in vollkommen andere Dimensionen verschoben. Es war breiter, als je zuvor. Es schien, als wöllte er meinem Grinsen Konkurrenz machen. Ausgeschlossen, das war unmöglich. Er sah nochmal auf den Amortentia, dann wieder zu mir. Und erstaunlicherweise war es eben doch möglich, noch breiter zu grinsen, denn er nahm das Fläschchen erneut in seine Hand und kam in meine Richtung. Zuerst hatte ich gedacht, er würde mir das Fläschchen geben, aber das tat er nicht. Stattdessen beuge er sich über mich, um hinter mir an das Fenster zu kommen. Er öffnete das Fenster, sah mich dann nochmal provokant an und hielt mir den Trank vor die Nase. Er wedelte mit dem Fläschchen vor meiner Nase kurz hin und her, löste den Korken von der Flasche, sah wieder aus dem Fenster und schüttete hinaus. Das Fläschchen  flog in hohem Bogen aus dem Fenster und ich hörte nur noch das klirren von zerbrechendem Glas auf dem Dach.

„Ich glaube nicht, dass wir den brauchen. Ich denke, es funktioniert auch ohne ganz gut“, sagte er anzüglich. Es fühlte sich für einen Moment an, als würde mein Herz stehen bleiben. Das hatte er jetzt nicht wirklich gesagt, oder? Er beugte sich vorsichtig zu mir runter und dann geschah das, was ich mir seit geraumer Zeit, nur in meinen schönsten Tagtäumen vorgestellt hatte und was mich auch Nachts nicht mehr hat ruhen lassen.

Scorbus | Father And Son - Erbe der VergangenheitWhere stories live. Discover now