Anreise

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„Aber sollte ich lieber Pullis und Socken einpacken oder lieber was Lockeres?" George, halb auf dem Sofa, halb auf dem Boden liegend, stöhnte entnervt auf. Schon seit einer Stunde versuchte Tamara ihren Koffer zu packen, aber da ihr Freund ihr nicht sagen wollte, wo ihr überraschender Urlaub hingehen sollte, kämpfte sie mit ihrer Kleiderwahl. „Pack einfach irgendwas ein, wenn du was brauchst können wir es auch einfach kaufen!" Sie warf ihren roten Strickschaal nach ihm. „Ich habe nicht so viel Geld, dass ich es einfach für Klamotten rausschmeißen könnte." Lässig fing George den Schaal auf und benutzte ihn als Kissen. „Ich schon, der Laden läuft besser als je. Wenn das so weiter geht muss ich noch eine Hilfskraft anstellen." „Wolltest du nicht eh einen zweiten Laden in Hogsmeade eröffnen?", fragte Tamara und versuchte noch ein Paar Stiefel, in den eh schon überfüllten Koffer zu stopfen. „Kein freies Gebäude... weißt du was? Setz dich doch einfach hin und ich klär das mit dem Koffer." Etwas aufgelöst ließ sie von dem überquellenden Koffer ab und schmiss sich aufs Sofa. „Ich will mir nichts von deinem Geld kaufen.", murmelte sie und faltete ihren Schaal zusammen. „Wieso nicht?", fragte George, während er einen Ausdehnungszauber über den Koffer legte. „Ich komm mir dann so abhängig vor." „Ach was, mein, dein, das ist doch eh alles schon so verschwommen bei uns." Tamara musste lächeln. Da hatte er recht, sie wohnten ja quasi schon fast zusammen, außerdem liebte sie es, an Wochenenden in seinen ausgewaschenen Hemden rumzulaufen, wenn sie eh niemand sehen konnte. „Kannst du mir nicht langsam sagen wohin wir gehen?" Mit dem Rücken zu ihr antwortete er: „Keine Chance." Schmollend rollte Tamara sich zusammen und versuchte Percy zu sich zu locken, der hatte jedoch nur seinen gefüllten Futternapf im Sinn. „Der Urlaub wird dir guttun, vertrau mir." Lächelnd setzte sich George wieder neben sie und legte einen Arm um ihre Schultern. „Wir sind jetzt schon fast zwei Jahre zusammen..." (Es ist echt schwer im Auge zu behalten wieviel Zeit verstrichen ist) „Und kennen tun wir uns seit über sechs Jahren. Wahnsinnig, oder?", meinte sie und legte ihren Kopf auf die Schulter ihres Freundes. „Hm, ja.", murmelte er, die Nase in ihren Haaren vergraben. „Ich freu mich schon auf morgen." Tamaras Augen wurde langsam immer schwerer, dann, als sie es nicht länger bekämpfen konnte, dämmerte sie langsam weg.

Am nächsten Morgen wachte sie allein auf dem Sofa auf, George war offenbar noch einmal runter in den Laden gegangen um zu sehen ob alles seinen gewohnten Gang ging, auch ohne ihn. Gähnend zog Tamara sich etwas Bequemes an und stellte Percy mit verquollenen Augen etwas Futter hin, Georges Mitarbeiter hatten versprochen jeden Tag mindestens zwei Mal nach dem Kater zu sehen und so machte sie sich kaum Sorgen um ihn. Gemächlich schmiss sie sich wieder aufs Sofa, bis ihr Freund wieder hochkam. „Na? Ausgeschlafen?" „Schön wär's." Gähnend zog Tamara sich Georges Kuscheldecke, die immer auf dem Sofa lag, über den Kopf. „Komm schon, wir müssen los.", meinte er munter und zog ruckartig die Decke weg. „Wie reisen wir eigentlich? Besen? Apparieren? Flohpulver?" „Ein bisschen was von allem." George versuchte sich im Stehen die Schuhe anzuziehen, kippte aber beim zubinden aufs Sofa. „Sagst du mir jetzt endlich wo wir hingehen?", fragte sie bettelnd und umarmt e ihn von hinten. „Okay ich geb dir einen Hinweis. Wir besuchen verschiedene Orte, zwei Stück und einen davon kennst du vielleicht." Tamara überlegte. „Fliegen wir nach Schottland, in die Nähe von Hogwarts?" „Nope." Und mehr wollte er auch nicht sagen. „Schnapp dir deine Sachen und dann apparieren wir ein Stück des Weges, den Rest fliegen wir, einverstanden?" Sie hob den braunen Lederkoffer hoch, der hinterm Sofa gestanden hatte. „Bin für alles bereit." „Perfekt." Grinsend nahm Georg ihre Hand und in der nächsten Sekunde standen sie vor einer Klippe, umgeben von schneebedeckten Bergen. „Wow...", hauchte Tamara. Unter ihnen lag ein weites, grünes Tal, bedeckt von einem dunklen Wald und einer dünnen Nebelschicht, die sich zwischen und über den Bäumen weit ausgedehnt hatte. Weiter Richtung Horizont endete der Wald in einem weiten Grasland auf dem kleinen, hölzernen Gebäude in weiten Abständen verteilt lagen. Zu ihrer linken floss ein kleiner Fluss aus einem der Berge, selbiger wurde in der Ferne immer größer, bis er schließlich ganz verschwand. So hohe Berge hatte sie noch nie gesehen, nicht mal die Berge, in denen Hogwarts lag, waren so unglaublich hoch. „Wo sind wir?" Lachend und staunend zugleich sah sie ihren Freund an, der sie grinsend beobachtet hatte. „Irgendwo in den Alpen." Staunend drehte Tamara sich einmal um sich selbst. „Ich wusste nicht, dass Berge so hoch sein können!" „Ja, der Wahnsinn, stimmt's?" George drückte kurz ihre Hand und zeigte dann auf den Fluss. „Wir müssen dem Fluss da etwa drei Stunden folgen und dann nochmal drei Stunden Richtung Osten fliegen. Heute Abend haben wir dann unser Ziel erreicht." Und mit einem Wink seines Zauberstabs erschienen ihre Besen. Tamaras ohnehin schon mickrige Kenntnisse über jedes Thema das mit Muggeln zutun hatte, reichten nicht aus um sich auszurechnen wo genau ihr Ziel liegen könnte. Osten... die Ukraine vielleicht? „Das ist aber ganz schön weit." „Ach, das schaffen wir schon. Wir können zwischendurch landen und Picknicken, ich habe alles dabei." Während er das sagte schnallte er ihre Koffer an die beiden Besen und hielt ihr seine Hand hin. „Bereit?" Strahlend nahm Tamara sie. „Ich bin immer bereit."
Eine Stunde später bereute sie ihre Worte bereits. Die Landschaft, über die sie nun schon seit einer Weile flogen, war zwar wunderschön, aber der Wind, der ihnen in die Gesichter schlug, war eisig kalt und trieb Tränen in ihre Augen. Tamaras Hände waren schon am Besenstiel angefroren und ihre Zähne klapperten schon seit knappen zehn Minuten durchgehend. Alle zehn Minuten flog George etwas näher an sie ran und fragte, ob es ihr auch gut ginge. Mit verquollenen Augen und roter Nase, an der sich schon ein kleiner Eiszapfen bilden musste, nickte sie ihm zu. Durch ihre Tränen war es auch schwierig die Landschaft zu sehen, was eigentlich sehr schade fand. Eineinhalb Stunden später legten sie auf einer Blumenwiese in der Nähe eines Dorfes ihre erste Pause ein. Sofort steckte Tamara ihre eiskalten Hände unter Georges Hemd. „Nein, nein, nein, ich bin keine Wärmflasche." „Ach komm, mir ist so kalt!" „Dann hättest du dir Handschuhe anziehen müssen." „Sei ruhig und tau mich auf." Während ihr Freund sie pflichtbewusst in eine wärmende Umarmung zog machte sie sich über ein riesiges Schinken-Sandwich mit Salatblättern und Käsescheiben, her. „Geht es dir besser?" Schmatzend nickte sie und lehnte ihren Kopf erschöpft an seine Schulter. „So müde?" „Hmhmm." Für einen Moment schloss sie die Augen. „Können gleich weiter... will nur mal ganz kurz die Augen... ausmachen." Nach einer Weile wurde sie angestupst. "Nicht einschlafen, wir haben noch einige Meilen vor uns und wenn wir unser Ziel heute nicht erreichen müssen wir draußen schlafen. „Hmhhghmm.", stöhnte Tamara und vergrub ihr Gesicht in seiner Jacke. „Komm, wir schaffen das!", versuchte George sie aufzuheitern. „Ich steh ja schon auf." Mit steifen Beinen stand sie auf und schüttelte sich erst einmal ordentlich durch. „Wenn du es nicht mehr aushältst können wir auch...", fing er an, als sie sich auf ihren Besen schwang, doch sie unterbrach ihn schnell: „Nein, nein, mir geht es schon viel besser!" Mit einer neuen Welle von Entschlossenheit stieß Tamara sich vom Boden ab und sie flogen weiter. Die Landschaft, die nach den riesigen Alpen höchstens hügelig gewesen war, wurde langsam wieder bergiger, weiße, zerklüftete Felsen ragten aus goldenen und roten Blättermeeren hervor. Auch folgten sie schon seit einer langen Weile nicht mehr dem Fluss nach, stattdessen hatte George einen kleinen Kompass an seinem Besen befestigt und checkte jede halbe Stunde, ob sie noch immer in dieselbe Richtung flogen. „Wir sind bald da.", rief er ihr dann immer zu, aber nach dem vierten Mal kaufte sie ihm das nicht mehr so richtig ab. Die Sonne war während der ganzen Zeit quälend langsam über sie hinweg gezogen, nun näherte sie sich aber immer mehr dem bergigen Horizont und tauchte den Himmel um sie herum in ein orangen, gelbes Licht. Es sah fast so aus, als würde der Himmel brennen. „Ich glaube ich seh's schon!", rief George und deutete auf einen etwas schiefen Berg, der für einen richtigen Berg jedoch etwas klein war. „Wir landen im Windschatten!" Mit einem Schub letzter Anstrengung flog Tamara in Spiralen tiefer und kam stolpernd auf dem Boden auf. „Tut mir leid, dass du das durchmachen musstest, nächstes Mal nehmen wir lieber 'nen Portschlüssel oder so." „Ich weiß gar nicht was du meinst...war doch lustig.", stöhnte sie und lächelte ihren Freund, der sich besorgt über sie beugte, verschwitzt an. Tamara war sich nicht sicher wie einem Menschen gleichzeitig so kalt sein konnte, während seine ganze Kleidung vor Schweiß an ihm klebte. George richtete sich auf und drehte den Kopf suchend hin und her. „Ich glaub's nicht! Wir sind schon zuspät und trotzdem ist er noch nicht da!" „George, bist du das?" Jemand war hinter ihnen wie aus dem Nichts aufgetaucht. „Du konntest noch nie pünktlich sein, oder?!" Lachend fielen sich die beiden Männer in die Arme. Auf einmal sehr schüchtern blieb sich Tamara drei Schritte hinter George stehen und beobachte das Geschehen, schließlich kannte sie den fremden Mann nicht. „Tamara, komm her. Ich will dir meinen Bruder Charlie vorstellen!" Nervös kam sie näher, im halbdunkeln konnte sie nur sehr wenig von Charlie erkennen. Er war etwas kleiner als George, hatte aber breite Schultern und muskulöse Arme, außerdem, das konnte sie sogar bei diesem Licht sehen, dieselben leutend rote Haare wie die gesamte Weasley Familie. Freudig drückte er ihre Hand. „Freut mich sehr dich endlich kennenzulernen, ich habe schon viel über dir gehört!" Verlegen strich Tamara sich einige fusselige Haarsträhnen aus ihrem aufgelösten Zopf aus den Augen. „Wirklich?" George stieß seinem Bruder in die Seite. „Können wir jetzt endlich ins Warme? Ich glaube mir frieren gleich das Ohr ab, und das wäre echt schade, da ich nur noch eins habe!" „So redet man aber nicht mit seinem großen Bruder." Und in der nächsten Sekunde hatte Charlie ihn auch schon im Schwitzkasten und verstrubelte ihm die Haare. „Hey, hör auf... nicht..." Verzweifelt versuchte er sich zu befreien. „Okay, dann lasst uns Mal runter zum Lager gehen." Charlie ließ von seinem Bruder ab und bestand darauf, dass er die beiden Koffer den Berg hinuntertrug. „Wo genau sind wir jetzt eigentlich?", flüsterte Tamara, die mit George einige Schritte hinter ihm herliefen. „Charlie arbeitet in einem Drachenreservat in Rumänien." „Es ist sogar das größte Drachenreservat, in dem mehrere Arten zusammenleben!", korrigierte ihn sein Bruder über die Schulter. „Wir haben rumänische Langhörner, ein paar ukrainische Eisenbäuche, ein Pärchen ungarische Hornschwänze und eine norwegische Stachelbuckeldame." „Und die fliegen hier einfach so rum?", fragte Tamara und sah sofort zum mittlerweile dunkelblauen Himmel hoch. „Natürlich, aber wir passen immer gut auf die Grenzen auf und vor allem darauf, dass sie sich nichts tun!" Munter sprang Charlie über einige Steine. „Da vorne ist schon das Camp." Das 'Camp' bestand aus einer größeren Ansammlung größerer Zelte, die in einer Art Kreis aufgebaut waren. „Kommt, ich führ euch kurz rum." In der schummrigen Dunkelheit, nur durchbrochen von einem kleinen Lagerfeuer in der Mitte des Zeltplatzes, sah man ab und zu dunkle Schemen, die von Zelt zu Zelt gingen oder zusammen um besagtes Feuer saßen und etwas an langen Stöcken rösteten. Eine der Gestalten hatte ein Radio neben sich stehen und die leisen Klänge von einem Lied der Schicksalsschwestern schwebten durch die Luft. „Hier vorne ist die Heilstation. Fragt einfach nach Bogdan, falls es euch gesundheitlich nicht gut geht, der kriegt sogar ein abgetrenntes Bein wieder an.", erklärte Charlie und deutete auf eines der Zelte, aus dem im selben Moment ein schriller Schrei kam. „Das ist bloß Toma, er ist heute Nachmittag von einer der Klippen gestürzt. Keine Sorge, morgen früh ist er sicher schon wieder zusammengeflickt.", fügte er schnell hinzu, als er Tamaras bestürzten Blick bemerkte. „Die kleinen Zelte da hinten gehören je einem oder zwei meiner Kollegen, meins ist das rote unter der großen Eiche. Euers steht direkt daneben!" Immer noch gut gelaunt ging er direkt auf eines der größeren Zelte zu. „Das müsst ihr unbedingt sehen.", sagte er und zog den Stoff bei Seite. „Fünf Monate alt. Ich habe sie selbst gefunden und durfte ihnen Namen geben!" Im Zelt, in einem riesigen Nest und unter zwei in der Luft fliegenden Lichtkugeln, lagen vieler grüngraue Eier. „Sind das...", fragte George mit gesenkter Stimme. Charlie nickte begeistert und schlich auf Zehenspitzen näher. „Hallo, ihr Süßen. Onkel George und Tante Tamara sind hier um euch zu besuchen!" „Eigentlich machen wir nur Urlaub." Doch er war zu vertieft in den Anblick der Eier um zuzuhören. Mit großen Augen und äußerst vorsichtig traten die beiden Neulinge an das Nest. „Wow!" „Nicht wahr?" Begeistert legte Charlie eine rot karierte Strickjacke über das kleinste der Eier. „Jenny hat Wachstumprobleme, deshalb müssen wir sie ganz besonders warmhalten." „Woher willst du wissen, dass es ein Mädchen wird?", fragte George mit verschränkten Armen, während er die Eier misstrauisch musterte. „Ein Vater weiß sowas halt! Das verstehst du nicht!", verteidigte sich sein Bruder und sah seine Dracheneier liebevoll an. „Solange du uns nicht zum babysitten zwingst solls mir recht sein, aber könntest du uns bitte einfach sagen wo wir schlafen und was zu essen finden können?" Er rollte mit den Augen und verließ nur sehr wiederwillig das Zelt. „Da hinten gibt's immer irgendwo was Essbares. Jeriko hat vorhin noch irgendwas gemacht, bedient euch einfach." Tamaras Bauch gab just in diesem Moment ein lautes Grummeln von sich, Charlie grinste sie gutmütig an. „Schon gut, geht lieber schnell hin, ich will schließlich nicht, dass die Freundin meines kleinen Bruders hier verhungert." Mit geröteten Wangen, die man im Halblicht zum Glück nicht sehen konnte, ging sie zusammen mit George in die angewiesene Richtung. „Wenn es um Drachen geht hat Charlie schon immer einen an der Klatschte gehabt.", erklärte er und legte beim Gehen einen Arm um seine Freundin. „Also ich find ihn nett und Drachen sind schon cool." „Sag das mal nachdem du die ganzen Sommerferien mit Drachenfakten zugelabert wurdest." Lachend kamen sie an einem halb offenen Zelt an, das mit zahlreichen Regalen zugestellt war, die vollgestopft waren mit den verschiedensten Zutaten für Essen. „Na dann zaubern wir uns mal was Schönes, was?"

Hallihallo, wow ein neues Kapitel, hat zum Glück nicht hunderttausendzweiundvierig Jahre gedauert... Eigentlich wollte ich den ganzen Urlaub in ein Kapitel stopfen aber mittlerweile glaube ich, dass ich eher zwei oder drei brauche.... Hoffe das stört euch nicht so. 

"Mein Hogwarts meine Geschichte", Ein SpecialWo Geschichten leben. Entdecke jetzt