Kapitel 16

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"Josy? Josy? Was ist los?" Marry kniete sich neben Josy, die unter der Palme saß und die Knien angezogen hatte. Die gesamte Kundschaft war weg und nur noch Marry und Josy befanden sich in dem großen Raum. Julian war zu Sam gegangen.

Als Antwort schluchzte Josy nur.

Marry nahm sie in den Arm: "Hey, ist ja gut. Bleib ruhig. Ganz ruhig." Marry wusste nicht warum sie Josy tröstete, aber es war egal, weil es anscheinend trotzdem half. Josy atmete nun wirklich gleichmäßiger.

"Also, was ist los?" fragte Marry, als Josy aufgehört hatte zu weinen. Aber das war eine falsche Frage, denn in diesem Moment fing Josy wieder an zu weinen.

Marry stöhnte innerlich auf. Heute musste auch alles doof laufen, oder? Erst sah sie Eric mit Alina und jetzt saß ihre Beste Freundin in einer Ecke und heulte.

Insgesamt nicht der beste Tag, den sie hatte.

Aber langsam fing Josy wieder an sich zu beruhigen.

Marry wollte nun endlich wissen, was überhaupt los war, aber sie wollte nicht wieder fragen, aus Angst, Josy wurde wieder anfangen zu weinen und beide würden noch länger in der Ecke hocken.

Aber sie musste nicht fragen, denn Josy begann von alleine stockend zu erzählen: "Er... er... hat es getan, weißt du? Einfach so. Und dann noch nicht einmal persönlich." sie schluchzte oft zwischen und in einzelnen Wörtern und auch ohne die Schluchzer wurde Marry aus ihren Worten nicht schlau.

"Wer, Josy? Wer?"

"Er... Ben... er... er... er hat Schluss gemacht und hat es mir nicht mal persönlich gesagt, sondern mir nur eine dämliche Nachricht geschrieben, dass es jetzt vorbei wäre." Josy brach wieder in Tränen aus.

Na toll! Marry war wirklich nicht die Beste im Trösten. War sie noch nie. Dafür war bis jetzt immer Josy dagewesen. Josy, die wie eine große Schwester für Marry war. Und jetzt musste die kleine Schwester die große trösten.

"Wieso? Weißt du wieso er Schluss gemacht hat?" flüsterte Marry. Sie fand, das Flüstern in die Situation einfach besser passte.

"Ich weiß es nicht... aber wahrscheinlich, weil ich nicht mit ihm schlafen wollte. Außerdem hat er jetzt eine Andere... wahrscheinlich hat er die schon länger, weil ich ja nicht mit ihm schlafen wollte..." Josy schniefte.

Marry glaubte, sie hörte nicht richtig. Ben hatte eine Neue?! Der war ja einer!

"Weißt du wer es ist? Seine Neue?"

"Ja." war Josy karge Antwort. Ihre Stimme klang abfällig.

"Und wer?"

"Cindy." sie sprach den Namen wie Abfall aus.

War ja klar, dachte sich Marry. Eine ihrer Klassentussen. Fast jeder Junge war schon auf Cindy, Mandy oder Alina reingefallen, aber Marry dachte immer, Ben wäre anders. Wie sehr man sich doch täuschen konnte.

"Hey, wenn Ben dich gegen Cindy eintauscht, ist er entweder blind, oder hat kein Gehirn. Bei ihm würde ich sogar auf beides tippen."

Ein klägliches Lachen entfuhr Josy, aber es war immerhin schon ein Anfang.

"Aber komm, sieh es positiv. Du bist wenigstens nicht auf dieses Arschloch reingefallen. Du hast nicht mit ihm geschlafen. Und ich kann dir eines ganz sicher sagen, hättest du es getan, hätte er dich dann verlassen, weil er dann alles bekommen hätte, was er bekommen kann. Ben ist einfach ein Testosteron gesteuertes Wesen. Und jetzt hast du die Chance, den Jungen zu finden, der dich will. Dich. Und nicht irgendetwas anderes. Und jetzt komm endlich aus der Ecke raus. Meine Knie tun weh." Das taten sie wirklich, weil Marry die ganze Zeit neben Josy gekniet hatte.

Josy lachte kurz auf und die beiden Mädchen standen auf.

"Ach Josy, wir haben es schon schwer mit Jungen, oder? Komm, der Laden ist zwar jetzt geschlossen, aber ich denke, wir können uns noch einen Kakao machen. Ich lad dich ein." mit diesen Worten zog Marry Josy zum Tresen und drückte sie auf einen Stuhl.

Sie selbst verschwand hinter dem Tresen und fing an, Milch warm zu machen. Sie sprachen nicht und deswegen dachte Marry auch erst, sich verhört zu haben, aber Josy fing wirklich ganz leise an zu sprechen.

"Meinst du denn, ich kann wirklich noch jemanden finden, der MICH liebt?"

"Aber natürlich! Wenn nicht du, wer sonst? Du bist offen, ehrlich, sagst was du denkst, bist hilfsbereit und du lässt dir von niemandem etwas vorschreiben. DU findest auf jeden Fall noch jemanden, der DICH liebt."

"Und wenn nicht?"

Marry knallte Josy den Kakao vor die Nase, er schwappte über und Josy sah sie erschrocken an: "Hör auf so zu denken! Oder ich vergesse mich selbst! Du sagst doch selber immer, man soll an sich glauben! Also tu das auch!"

Josy sah Marry immer noch aus großen Augen an. Doch dann nickte sie: "Du hast recht."

Déjà-VuWhere stories live. Discover now