Kapitel 11

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Marry stand vor dem Eiscafé Piccolino und wartete. Sie wartete schon eine Ewigkeit, aber nicht weil Eric zu spät war, sondern weil sie zu früh war. Viel zu früh.

Signore Marchello, der Inhaber des Cafés und ein Freund von Marry und Josy, hatte sie schon komisch beäugt, weil sie draußen stand, anstatt hinein zu gehen. Nervös zupfte sie an ihrem Kleid und spielte mit dem Anhänger des Armbandes.

"Na? Hast du mich vermisst?" flüsterte eine Stimmer in ihr Ohr. Sie fuhr herum:

"Eric! Erschreck mich nicht so!" Ihre Wangen fingen an zu glühen.

"Hey, kein Grund rot zu werden!" Er lachte. Ohh, wie sie sein Lachen mochte! Trotzdem erwiderte sie etwas abweisend: "Bild' dir nichts drauf ein!", schob sich an ihm vorbei und betrat das Café. Er folgte dicht hinter ihr.

"Wo wollen wir uns hinsetzen?" fragte Marry Eric. Dieser zwinkerte ihr zu und führte sie zu einem Tisch für zwei. Bevor er sich setzte, rückte er ihren Stuhl in Gentleman-like zurecht, so dass sie gut Platz nehmen konnte.

"Was möchtest du essen?" fragte er sie nun.

"Ein Eis?" probierte sie einen Witz zu machen. Er lachte froh auf.

"Ach was?! Auf die Idee wär ich jetzt nicht gekommen! Ist ja nicht so, dass wir in einem Eiscafé sitzen..." ging er mit derselben Ironie auf den Witz ein. Marry entspannte sich ein wenig. Sie war nicht ganz unbeholfen.

"Also jetzt im Ernst: Was darf ich dir bestellen?" fragte Eric, nachdem er sich wieder beruhigt hatte.

"Hmm..." Marry schaute auf die Karte, die von einem Kellner gebracht worden war.

"Ich denke ich würde den Frozen- Yoghurt nehmen!" entschied sich Marry.

"Okay." sagte Eric und schnipste einmal. Schon kam ein etwas untersetzter Kellner auf sie zu gelaufen.

"Bitte zweimal die 22." bestellte Eric, ohne in die Karte hineinschauen zu müssen.

"Kennst du die Karte auswendig, oder warum hast du nicht einmal hinein schauen müssen?" fragte Marry mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.

Eric lehnte sich nach hinten und sagte mit einem verschmitzten Lächeln: "Nun ja, ich bin hier oft. Das erste Mal mit Alina. Sie hat mir die Stadt gezeigt und dann sind wir hier noch ein Eis essen gegangen. Sie ist eigentlich ganz nett." Marry schnaubte. Alina. Wie sehr sie sie hasste. Wen Eric wusste, was Alina gesagt hatte!

"Du magst sie nicht, oder?" Eric lehnte sich über den Tisch zu ihr.

"Nicht mögen? Ich hasse sie!"

"Wieso?" fragte er etwas irritiert, darüber, dass sie so wütend war.

"Sie ist unsere Klassentusse. Spielt sich immer auf. Macht mir das Leben zur Hölle. Denkt sie wäre die Beste in allem. Und als du den ersten Tag bei uns warst, hat sie..." Marry stoppte. Sollte sie ihm das sagen? Nein! Sie wollte auch nicht.

"Was hat sie?"

"Nichts hat sie. Ist schon okay." Marry warf Eric ein entschuldigendes Lächeln zu. Eric schaute misstrauisch drein, aber da kamen auch schon ihre Bestellungen und er konnte nicht mehr fragen. Auch als die Bedienung fort war, fragte er nicht. Er hatte verstanden, dass sie nicht reden wollte. Aber dadurch, dass sie vorerst kein Thema fanden, herrschte auch eine unangenehme Stille zwischen ihnen.

Doch dann durchbrach Eric diese Stille: "Apropos, Alina. Sie feiert ja demnächst ihren Geburtstag. Ich bin eingeladen. Ich habe gehört du auch. Ähm..." Eric fuhr sich durch sein Haar und durchwuschelte es so, dass es total durcheinander war: "...viescheicht willscht du misch mir dahin gehen?"

Die letzten Worte nuschelte er so stark, dass Marry sie nicht verstand und sie ihn noch einmal fragen musste, was er gesagt hatte. Eric holte tief Luft und wiederholte seine Frage dann noch einmal ganz langsam und verständlich: "Ich dachte, wir könnten gemeinsam hin gehen. Zu Alinas Party. Natürlich nur, wenn du willst. Willst du?" unsicher sah er sie an. Er biss sich auf die Unterlippe. Anscheinend war es ihm peinlich.

"Ich... ähm... ich sehe keinen Grund, welcher dagegen spricht."

Déjà-VuWhere stories live. Discover now