Kapitel 3

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Warum konnte sie dieses Gesicht mit den markanten Wangenknochen nicht einfach verdrängen? Warum schwebte es ihr, die ganze Zeit, vor ihrem inneren Auge?

Marry drehte sich um. Dort saß er.

Eric.

Er starrte sie an! Schnell drehte Marry sich wieder um und probierte sich auf die Arbeit zu konzentrieren.

Übersetzte den Text!

Na toll! Marry begann zu übersetzten, schaute aber immer mal wieder über die Schulter nach hinten. Immer schaute er sie an, obwohl er eigentlich die Arbeit mitschreiben sollte, damit Herr Karlen wusste, welche Kenntnisse er schon besaß. Was hatte der denn für ein Problem? Warum starrte er sie so an?!

"So, ihr habt noch 10 Minuten!" Hörte Marry Herrn Karlen verkünden. Sie war erstaunt, wie viel sie trotz der Ablenkung geschafft hatte.

Als sie abgeben mussten, hatten sie noch 25 Minuten Latein, denn sie hatten Blockunterricht.

Sie gingen noch einmal die Arbeit durch und Marry hatte ein wirklich gutes Gefühl. Während der ganzen Zeit wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie beobachtet wurde. Und immer, wenn sie nach hinten schaute, schaute er sie an. Und wenn sich ihre Blicke trafen, konnte Marry einfach nicht wegschauen. Er machte sie wahnsinnig. Warum konnte er sich nicht einfach auf den Unterricht konzentrieren?

"...Marry?" Sie bekam von Josy einen Ellbogen in die Rippen.

"Herr Karlen hat dich was gefragt!" flüsterte sie ihr zu.

"Ähm, wie bitte?" fragte sie Herrn Karlen.

"Ich wollte wissen wie du den vorletzten Satz übersetzt hast. Er steht hier an der Tafel!" Marry schaute an die Tafel und entdeckte einen wirklich einfachen Satz.

"Ich allerdings glaube denen, von denen derartige Geschichten bekräftigt werden." übersetzte Marry problemlos. Sie war eigentlich recht gut in Latein, musste aber trotzdem die vielen Vokabeln lernen.

Später in der ersten Pause unterhielt sie sich mit Josy.

"Er starrt mich die ganze Zeit an!" beschwerte Marry sich.

"Sei doch froh, dass so ein Schnuckel es auf dich abgesehen hat!"

"Ich will das aber nicht! Er benimmt sich momentan so machomäßig. Du weißt, dass ich das nicht leiden kann."

"Aber wenn du ihn dir schnappst, könntest du damit unseren Klassentussen eins auswischen. Die scheinen nämlich voll auf den abzufahren. Aber er scheint nur an dir interessiert." bemerkte Josy und grinste Marry an.

Und tatsächlich war Eric von den Klassentussen umringt. Die drei Mädchen Alina, Cindy und Mandy klebten förmlich an ihm und stellten ihm tausende Fragen. Natürlich ohne dabei zu vergessen, ihm ihr tiefes Dekolleté vor die Nase zu halten und mit ihren Brüsten rumzuwackeln. Marry fand das einfach nur bekloppt, sich so an einen Jungen ranzuschmeißen. Immerhin waren sie erst fünfzehn! Aber Marry glaubte nicht, dass die drei Mädchen noch Jungfrauen waren. So oft, wie die auf Parties gingen...

Sie regte sich noch eine Weile bei Josy darüber auf, dass Eric sie die ganze Zeit anstarrte, sogar jetzt in der Pause. Dann war diese auch schon wieder vorbei.

Nun hatten sie Mathe und Frau Grohs wollte, dass Eric sich noch einmal vorstellte. Als hätte Herr Karlen das nicht schon zu Genüge getan. Die ganze Zeit über, die er vorne stand und die Fragen von Frau Grohs beantwortete, schaute er zu Marry.

Konnte er das nicht einfach mal unterlassen?

Auch während der Stunde wusste Marry, dass er sie beobachtete. Ungefähr in der Mitte des Blockes wurde sie von Josy angestoßen.

"Guck dir mal Alina an! Die explodiert ja gleich!" grinste sie und deutete auf diese. Marry drehte sich leicht nach links und tatsächlich traf sie den wütenden Blick von Alina, der die ganze Zeit auf ihr lag.

"Da ist wohl jemand wütend...!" sagte Josy mit einem bösen Lächeln auf den Lippen. Aber Marry fand das nicht sehr lustig. Jetzt war die Klassen-Obertusse auch noch wütend auf sie. Das konnte sie jetzt erst recht nicht gebrauchen.

Durch das ganze Überlegen hatte Marry nicht mitbekommen, dass sie Partnerarbeit machen sollten. Josy würde zu Steffi, einer unscheinbaren Schülerin, geschickt und zu allem Überfluß setzte Alina sich neben sie. Sie hatte ihr Ach-ich-bin-ja-so-lieb-und-nett-Lächeln aufgesetzt, was meistens nichts Gutes bedeutete. Und da fing sie auch schon an.

"Marry, du hörst mir jetzt ganz genau zu! Eric gehört mir! Wehe, du machst dich an ihn ran!!" waren die ersten Worte, die ihr über die Lippen kamen.

"Um ehrlich zu sein, hätte ich auch nichts dagegen, wenn er, statt mich die ganze Zeit anzustarren, in deinen viel zu großen Ausschnitt gucken würde!!" konterte Marry. Über Alinas Gesicht zog sich ein selbstgefälliges Grinsen, bis sie die Beleidigung verstand, die Marry in diesem Satz noch mit eingebaut hatte.

"Pass bloß auf, was du sagst! Denn ich kann alles gegen dich verwenden! Und wenn du weiter so machst, werde ich das auch tun."

"Du hattest schon bessere Drohungen." sagte Marry ganz ruhig, obwohl sie doch ein bisschen Angst hatte. Aber das würde sie sich nicht anmerken lassen.

Alina schnaubte sie bloß an: "Ich glaube, ich suche mir einen anderen Partner. Mit etwas wie dir, unter meinem Niveau, gebe ich mich nicht ab." Und schon stöckelte sie auf ihren High-Heels ab, so, dass ihr Mini-Rock hochrutschte und ohne das Marry noch etwas erwidern konnte.

Déjà-VuWhere stories live. Discover now