36 - Eine lange Nacht

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Insel Khoiba - Kamenka

Johnson trat mit voller Wucht gegen die Tür. Doch anstatt das diese aus den Angeln krachte, ging nur sein Einsatzstiefel durch die morsche Holztür. Johnson verlor den Halt und fiel rückwärts auf den Boden, sodass der umliegende Staub aufwirbelte. Alex half ihm auf, ich ließ meine AK weiter im Anschlag auf die Tür gerichtet. Durch das Loch was Johnson eingetreten hatte, drang mehr Sonnenlicht in den Dachboden ein.

"Will nicht wissen wie alt dieses verdammte Gebäude ist", fluchte Jelzin und sah mich an.

"Und ich will nicht wissen, wie lange die Tür im Erdgeschoss noch hält, wenn diese so marode ist", gab ich zurück.

"Los Johnson versuch es noch ein mal", befahl Jelzin.

Der Soldat gehorchte aufs Wort, ging in Stellung und trat dieses mal gegen den Türgriff. Doch die Tür rührte sich keinen Zentimeter.

"Das gibt es doch nicht!", fluchte Jelzin und wollte nun die Tür selbst eintreten.

"Moment!", sagte Alex und stellte sich dazwischen. Sie griff an an die Türklinke und die Holztür schwang nach draußen auf ein Flachdach auf.

"Manchmal hilft Verstand mehr als rohe Gewalt", sagte Alexandra und sah erst Jelzin und dann Johnson bedächtig an.

Letzterer nickte zustimmend. Das Dach war leer. Es bestand aus einer von der Sonne stark angegriffenen Dachpappe, die alles andere als einen soliden Eindruck machte.

Wir traten alle nacheinander in das Sonnenlicht. Der warme Stern ging aber bereits langsam im Westen unter. Bald würde es dunkel werden, fürchtete ich.

Eine leichte Brise wehte vom nahen Meer. Doch nun verstummte der Wind. Und da hörten wir es alle gleichzeitig. Das Heulen, Kreischen und Grölen der Untoten. Jelzin lief sofort an den Rand des Dachs und spähte hinunter. Er sagte gar nichts. Ich stellte mich neben ihn und sah hinab. Mir rutschte das Herz in die Hose.

Eine riesige Horde von bestimmt 100 Untoten schlurfte unten auf dem Gelände vor dem Gebäude umher. In genau diesem Moment blickte ein Zombie nach oben und erspähte Jelzin und mich. Er stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus und erhob seinen blutigen Arm, als wolle er auf uns zeigen. Nun blickten mehrere Untote ebenfalls zu uns auf. Sie stiegen in das Schreien des ersten mit ein.

Jelzin wurde bleib im Gesicht.

"Hier kommen wir vorerst nicht weg!", sagte er dann langsam und versuchte gefasst zu klingen.

"Ich gehe zurück und verschließe die Falltür", sagte ich und rannte zurück auf den Dachboden. Alex und Johnson liefen derweil zu Jelzin um ebenfalls einen Blick nach unten zu werfen. Als ich die Luke nach oben zog um sie wieder zu verschließen, hörte ich langgezogene Schritte in der Etage unter mir.

Kommandozentrale II

Er hatte es geschafft. Mehrere lange Tage war er durch die Wildnis dieser verdammten Insel gelaufen und war nun am Ende seiner Kräfte. Dabei hatte er seinen Begleiter verloren, der im Dunkeln in eine Schlucht gefallen war. Er hatte gar nicht erst versucht ihn zu suchen, stattdessen war er einfach weiter marschiert und hatte sich an den Plan gehalten. Viele von den Untoten hatte er nicht getroffen, er wusste das sich die meisten von ihnen unten im Süden, wo die großen Siedlungen lagen, aufhielten. Und als er welche getroffen hatte, wartete er einfach ab bis sie weiter gezogen waren. Nun war in Sicherheit, wieder unter der Erde, so wie er es gewohnt war. Er hatte genug Verpflegung vorgefunden, doch er dachte eigentlich kaum ans Essen. Was ihn mehr interessierte war, was gerade da draußen passierte. Es dauerte nicht lange, da stieß er einen erleichterten Freudenschrei aus. Das Virus hatte es auf das Festland geschafft! Und wie er es sich gewünscht hatte, ans russische Land! Derbent hieß die Stadt wo sie in diesem Moment gegen die Untoten kämpften. Er hoffte das sich alles weiter so gut entwickelte, wie geplant.

Insel Khoiba - Kamenka

Wir saßen alle zusammen an die Wand gelehnt auf einem Dach am Ortsrand von Kamenka. Alle mit Ausnahme von Johnson starrten hinaus auf das Meer. Die Sonne würde in ein paar Minuten im Wasser versinken und wir würden alle in Dunkelheit getaucht. Das gleichmäßige Rauschen der Brandung konnte die Laute der Zombies nicht übertönen. Doch irgendwann, stellte ich fest, das mir dieses Geräusch gleichgültig wurde. Klar war mir die Nähe der Gefahr durchaus bewusst, aber man gewöhnt sich an vieles, dachte ich. Johnson hingegen war damit beschäftigt zum x-ten male sein Scharfschützengewehr zu überprüfen und zu reinigen. Mich störte es nicht, doch Alex verdrehte schon zum zweiten Mal die Augen und schüttelte den Kopf.

"Redet Johnson eigentlich nie?", fragte sie Jelzin gereizt.

Dieser wandte von der Meereskulisse ab und sah Alex bedächtig an. Schließlich antwortete er:

"Mit mir redet er, aber nur das nötigste. Ich denke es macht ihn zu einem guten Soldaten das er sich auf das wesentliche beschränkt und sich dafür mehr auf anderes konzentriert."

"Aha", hab Alex nur zurück und zog ironisch die Augenbrauen hoch.

Johson hatte entweder nicht zugehört, oder er tat so als interessiere ihn das nicht. Da kam mir ein Gedanke in den Kopf geschossen.

"Jelzin, haben Sie etwas von Iwanow gehört oder gesehen?"

Der Teamführer sah stur hinaus auf den Strand. Dabei strich er sich etwas Dreck von seiner Hose.

"Nein", kam es nur zurück.

Ich bohrte nicht weiter nach. Vielleicht tat es Jelzin um Iwanow wirklich leid, falls er tot war, oder er wusste etwas und wollte es nicht sagen. Doch was würde das jetzt schon ändern. Mit meiner AK-33 auf dem Schoss legte ich den Kopf in den Nacken und sah in den Himmel. Ein paar Wolken zogen vorbei, sie wurden immer dunkler. Es würde eine lange Nacht werden, dass war so sicher wie das Amen in der Kirche.

"Es sollten vielleicht zwei Wache halten, währenddessen sich zwei zum schlafen legen", schlug ich vor.

Alle drei sahen mich an. Ich sah in Alex Blick sofort, dass ihr das gar nicht gefiel.

"Hm, stimmt irgendwann müssen wir mal schlafen", stimmte Jelzin zu, "ich habe die letzten drei Tage kaum ein Auge zu gemacht".

"Aber dann lieber so das Johnson und ich zusammen wach bleiben und Jelzin und du zusammen", warf Alex ein und durchbohrte mich mit ihrem Blick.

"Stimme zu", sagte ich.

Johnson blickte Jelzin an. Dieser überlegte kurz und warf mir einen abschätzenden Blick zu. Dann nickte auch er und schließlich nach dem sein Boss zugestimmt hatte, nickte auch Johnson knapp.

"Gut", sagte Alex und schüttelte sich kurz durch, "wir fangen an", sagte sie noch an Johnson gewandt.

Dieser erhob sich und trat an den Rand des Daches. Er blickte kurz hinab auf die Horde von Untoten die immer noch unten auf uns wartete. Bis jetzt war noch keiner von Ihnen unter der Dachluke aufgetaucht.

Johnson schulterte sein Gewehr. Er zeigte eine beeindruckende Pose, die mir etwas Mut machte. Doch langsam kroch die Müdigkeit in mir hoch.

[Bild: Die Nacht bricht über Khoiba herrein.]

DayZ Teil II - Tödliche AttackeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt