18 - Untergrund

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Insel Khoiba

Mit einem erleichterten Seufzer umarmte mich Alex so innerlich wie sie es noch nie zuvor getan hatte. Ich erwiderte die Umarmung. Nach einigen Sekunden löste ich mich wieder von ihr und trat an den Rand der Brüstung. Ich zeigte auf das Waldstück aus dem ich gekommen war.

„Da drin sind immer noch meine Verfolger", klärte ich Alex auf.

„Hm. Und bis jetzt keine Anzeichen von dem Geheimgang. So ein Mist!", schimpfte sie.

In diesem Moment hörten wir schnelle Schritte auf der Treppe weiter unten im Turm.

„Ivan!", rief Koslow uns entgegen.

„Ja?", rief ich ihm entgegen, „was ist los?"

Koslows Umrisse erschienen vor mir auf den Stufen. Völlig außer Atem kam er vor Alex und mir zum stehen. Er stütze sich auf die Knie und schnappte nach Luft.

„Ich hab...da...was entdeckt. Kommt!", brachte er schließlich hervor und schleppte sich die Treppe wieder hinunter. Alex und ich folgten ihm.

Es ging bis ins Erdgeschoss. Doch Koslow führte uns nicht zum Ausgang, sondern unter die Treppe.

„Und was soll hier sein?", fragte Alex skeptisch.

„Moment, es ist so dunkel, ich finde es gleich wieder. Ivan tritt mal aus dem Licht, bitte", sagte Koslow. Er untersuchte nun die steinerne Wand mit seinen Fingern. Ich tat ihm den Gefallen und etwas mehr Licht fiel auf die unscheinbare Fläche.

„Als ich vorhin zu euch beiden hoch wollte, fiel mein Blick durch Zufall hier drauf...".

In diesem Moment hatte er gefunden was er gesucht hatte. Koslows Finger zeigten auf einen kleinen, kaum zu erkennenden Kreis der in die Wand eingraviert war. Sein Durchmesser mochte nicht größer als ein Zentimeter seien.

„Na und? Bestimmt ein Zeichen der Baufirma die den Fernsehturm erbaut hat", sagte ich und sah Alex fragend an.

Diese kniete sich neben Koslow unter die Treppe und drückte ohne lange zu überlegen in die Mitte des Kreises. Dieser gab wie eine Art Knopf nach und blieb im Stein stecken.

„Achtung!", ertönte eine Computerstimme über uns.

Wir zuckten vor Schreck zusammen und sprangen einige Meter zurück. Alex hielt ihr Gewehr bereit und sah nach oben in die Dunkelheit.

„Achtung!", kam es wieder, anscheinend aus einem Lautsprecher, „zurücktreten bitte".

Es war ein dumpfes Quietschen von der Wand zu hören, dann öffnete sich langsam der Boden unter der Treppe.

„Wir haben ihn! Wir haben ihn gefunden!", sagte Koslow erleichtert.

Als das Quietschen aussetzte, schritten wir vorsichtig an das Loch heran. Ein schwacher Lichtschein drang von weit entfernt zu uns herauf.

„Es gibt eine Leiter, seht!", rief Alex und zeigte auf eine Seite des Lochs.

Sie hatte recht. Eine kalte Eisenleiter führte ungefähr zehn Meter in die Tiefe, bevor man auf dem Boden des Geheimganges angelangt war. Dieser führte in Süd-Westliche Richtung. Und an seinem Ende wartete hoffentlich die geheime Forschungseinrichtung von Komorovo. Wir sind zu dritt, dachte ich. Wir hätten zu hundert seien sollen. Es war jetzt schon alles ein Desaster.

„Nun dann, los geht's!", sagte Alex, schulterte ihr Gewehr und stieg vorsichtig die Leiter hinab. Ihre Einsatzstiefel machten laute Geräusche auf den eisernen Sprossen. Nach ein paar Sekunden rief sie uns von unten zu, dass wir nachkommen könnten, alles sei in Ordnung.

„Geh voran Vitali", bat ich den Piloten.

Er nickte und kletterte ebenfalls in den Geheimgang. Schließlich war ich an der Reihe. Ich zog mir meine AK-33 auf den Rücken, blickte ein letztes Mal aus der Eingangstür des Fernsehturmes und tauchte dann in die Dunkelheit hinab. Die Kälte der Leiter durchdrang meine Einsatzhandschuhe und bescherte mir eine Gänsehaut.

Unten angekommen warteten Alex und Koslow. Der Gang war aus purem Beton, feucht und roch muffig. In einem Abstand von 100 Metern waren schwache Deckenleuchten installiert worden. Diese schienen etliche Kilometer weit in die Ferne zu gehen.

„Sieht weit aus", sagte ich.

Koslow warf einen Blick nach oben, von wo wir gekommen waren.

„Hoffentlich folgt uns keiner von diesen Untoten hier runter", sagte er besorgt.

„Hoffentlich", sagte Alex, „sonst sitzen wir hier unten in der Falle".

Recht hatten sie. Mir wurde von Sekunde zu Sekunde unwohler in diesem steinernen Gang. Er kam mir wie ein Grab vor.

Schließlich marschierten wir los in die einzige Richtung die es für uns gab.

Moskau

Mehrere Fernsehsender hatten den Absturz unzähliger Hubschrauber der russischen Streitkräfte bestätigt. Alle Sonderberichte auf allen Kanälen stellten die selbe Frage: Wer war für dieses Desaster verantwortlich. Diese Frage stellte sich der russische Präsident nun zum hundertsten Mal. Voller Sorgen konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen. Generäle, Abgeordnete und seine Berater hatten ununterbrochen auf ihn eingeredet. Bis er es nicht mehr ausgehalten hatte und sich in seinem Lesezimmer im Kreml eingeschlossen hatte. Dies war vor einer halben Stunde gewesen. Das Gesicht in seine Hände vergraben, saß er in einem der etlichen weichen Sessel und versuchte eine Entscheidung zu fassen. Seine Gedanken schweiften zu Ivan Jatuslav. Ob der junge Mann den Absturz wohl überlebt hat? Er zweifelte. Er zweifelte auch daran ob er noch Präsident seien wollte.

DayZ Teil II - Tödliche AttackeWhere stories live. Discover now