Winterzauber

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Dieses Kapitel war das 'Weihnachtsgeschenk' im Winter 2009 für meine Leser. Wie der eine oder andere schon mitbekommen haben dürfte, habe ich Rising Sun nämlich schon längst fertig gestellt und lade es hier lediglich nach und nach hoch, damit auch Wattpad-Twilight-Fans es für sich entdecken können. ;)

Mein Vater, meine Mutter, Carlisle und Esme, Emmett und Rose, Jasper und Alice ... sie alle und alle anderen Vampire, würden immer gleich aussehen. Das Rad der Zeit war für sie stehen geblieben und eines Tages, könnte man sie wohl nur noch anhand ihrer Erfahrungen oder vielleicht durch einen Blick in die Augen, ihrem Alter zuordnen.
Und ich? Ich wuchs, ich atmete, ich lebte. Und nun spürte ich langsam, dass ich aufhörte zu wachsen. Langsam, ganz langsam hielt auch mein Rad an. Ich würde für immer jung sein.

Und um so weniger ich mich veränderte, um so mehr fielen mir die Änderungen in meiner Umgebung auf. Die Blätter, die von den Bäumen fielen. Das Laub, dass den Boden auf der Wiese hinter unserem Haus bis in den Wald hinein bedeckte. Wie kleine Farbkleckse, lagen die roten, braunen, gelben und orangenen Blätter auf dem grünen Gras.
Ich genoss den Wind, der meine marmorne Haut streichelte. Er war angenehm.
Ich saß im Liegestuhl auf unserer Veranda und sah dem Laub beim Fallen zu. Ich war es leid, im Wohnzimmer zu sitzen und irgendwelche Fernsehsendungen oder Filme anzuschauen. Aber viel weiter als auf die Veranda kam ich auch nicht. In gewisser Weise hatte ich wieder zehn Schritte zurück in meiner Entwicklung gemacht und das obwohl ich meinen achten Geburtstag hinter mir hatte. Es war wieder wie früher. Damals, als ich noch klein war, wuchs ich derart schnell, dass ich einfach zuviel Aufsehen erregt hätte, wenn man mich unter Menschen gebracht hätte. Ich hatte letztlich Angst gehabt, mein behütetes Zuhause Vormittags zu verlassen und in die Schule zu gehen, aber irgendwann hatte ich diese neu gewonnene Freiheit lieben gelernt und jetzt war ich schon wieder gefangen in meinem Käfig aus Gold.

Aber es störte mich eigentlich nur, wenn ich wie jetzt irgendwo herumlag und niemand bei mir war. Ich wusste ja für wen ich es tat. Ich wusste das es notwendig war. Und ich wusste, dass ich mir viel Ärger ersparte. Es war viel einfacher, das Baby hinterher irgendwann als neues Geschwisterchen vorzustellen, als die Wahrheit zu sagen. Es tat weh, es verleugnen zu müssen, aber es war ja nicht so, als wäre dies etwas Neues für mich. Mein Bauch war inzwischen mehr als deutlich zu sehen und ließ sich unmöglich verbergen. Ich hatte also keine andere Wahl gehabt, als einfach von Beginn des Schuljahrs an fern zu bleiben. Es war eigentlich auch nicht sonderlich schwer gewesen, das zu arrangieren, schließlich war mein Großvater Arzt und dementsprechend bewandert darin, eine passende Krankheit, mit einem möglichst komplizierten Namen herauszusuchen und alles glaubwürdig zu verpacken.
Zu Beginn hatte ich noch gelegentlich Anrufe von Hannah bekommen. Inzwischen waren diese auch längst ausgeblieben, aber wirklich interessante Informationen hatte sie ohnehin nie gehabt.

Bis auf eine: Ich war ganz offenbar nicht die Einzige, die die Schule abgebrochen hatte. Wie Hannah erzählte war Dave inzwischen auch nicht mehr dort. Ich hatte längere Zeit darüber nachgedacht, aber ich fand es überzogen, dass er wegen mir die Schule gewechselt haben könnte. Andererseits war ich irgendwo auch froh darüber. Es würde mir so hoffentlich leichter fallen wieder anzufangen, vorausgesetzt er würde nicht zeitgleich mit mir wieder die Schule besuchen. Bei dem Gedanken entkam mir ein tiefes Seufzen.

„Alles in Ordnung?“
Verwundert blickte ich zur Seite. Alice lag plötzlich auf dem Stuhl neben mir und lächelte mich sanft an. Ich lächelte zurück. Ich hatte sie gar nicht bemerkt.

„Ja“, antwortete ich. „Ich hab nur... nachgedacht.“

„Über?“, wollte sie nachhaken.

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht ... über alles ... einfach.“

Meine Tante hob eine Augenbraue. Die Antwort war alles andere als detailliert gewesen, aber ich war ihr dankbar, dass sie mich nicht weiter löcherte. Wie alle Anderen auch, war sie verwundert über den Verlauf meiner Schwangerschaft. War er zunächst noch dem meiner Mutter fast gleichgekommen, hatten die Ähnlichkeiten schon bald abgenommen. Wäre ich nach ihr gekommen, dann würde mein Kind jetzt schon um mich herum springen. Stattdessen war ich mit der Zeit zwar immer runder geworden, aber Anzeichen einer baldigen Geburt gab es noch keine. In gewisser Weise fühlte ich mich wie ein Planet. Erstens, weil ich einem solchen optisch gleich kam und zweitens, weil die anderen Planeten und besonders die Sonne um mich herum kreisten. Behüteter hätte ich kaum sein können.

Rising Sun - Biss das Licht der Sonne erstrahlt (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt