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Zur Pause ging ich wie gewöhnlich auf das Dach, um dort in Ruhe zu denken, essen und - große Überraschung - zu schreiben. Für ein paar Minuten starrte ich den Block in meinen Händen an, legte ihn dann aber mit einem Seufzen wieder weg. Es machte keinen Sinn, etwas schreiben zu wollen, wenn ich nicht konnte.

Ich lehnte mich gegen den Zaun und fing an meine Lunch box rauszuholen, ehe ich Notiz von dem Mann nahm, der gerade am anderen Ende des Daches war und mit seinen Händen in den Jackentaschen vergruben, auf mich zu kam. Seine kurzen schwarzen Haare wehten leicht vom Wind und seine dunkel lachenden Augen starrten mich an, während er grinsend den Kopf zur Seite legte.

Ein paar Sekunden lang starrte ich ihn voller Überraschung an, aber dann schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht und ehe ich mich versah, lachte ich. Es fühlte sich an, als ob ich einen alten Freund wiedersehen würde.

Klar, versuchte ich es zu verstecken, aber ich wusste, dass er mich mit Leichtigkeit durchschaute. Mit diesen Augen konnte er durch alles und jeden schauen.

Mir war bewusst, ich hätte nicht so glücklich darüber sein sollen, ihn zu sehen, aber es war seine Aura, die mich ansteckte. Diese amüsante und unbeholfene, aber dennoch...

Wie gesagt, ich hatte mich schon den ganzen Morgen auf unser Treffen heimlich gefreut.

"Was machst du hier?", fragte ich. Zu überrascht und erleichtert, als etwas anderes zu sagen. Leider konnte ich meine Freude kaum verstecken. Normalerweise gab es nicht viel über das ich froh oder aufgeregt war, also war das vielleicht Angst mit Freude gemischt?

Ja...warum nicht?

"Ich?", sagte er lächelnd, als er auf mich zukam. "Ich bin gekommen, um dich zu sehen...Evi."

Ich fühlte die Röte in mein Gesicht steigen, als er meinen Namen sagte, als sei es irgendetwas köstliches, das er mit Genuss aß.

Und dass seine Stimme weich und reibungslos klang, half nicht wirklich - sie erinnerte mich an einen schwarzen Seidenvorhang, der etwas Gefährliches verbarg, wie einen Drachen, oder -

"Eine Sphinx", hörte ich mich murmeln, als ich ihn anstarrte, er aufhörte mir entgegen zu kommen und seine Augenbraue hochzog.

Ich hätte es ihm wohl erklären müssen.

"Du ähnelst einer Sphinx. Aber ich kann dich nicht ausmachen."

"Du kannst nicht?", fragte er neugierig.

"Gestern schienst du so, als ob du mich ziemlich gut kennen würdest."

"Ach nein", winkte ich ab. "Das warst du. Du kanntest mich. Ich weiß nicht einmal wie du heißt."

"Oh?", sein Lächeln war wieder da.

"Nun, in diesem Fall, kenne ich dich auch nicht. Also lass uns gegenseitig kennenlernen."

"Okay, ich lege los." Ich stand auf und kam ihm entgegen. "Wie lautet dein Name?"

Er lächelte mich bloß an und gab mir einen Blick, den ich mit starren beantwortete.

Ich sollte echt damit aufhören, sein Gesicht zu analysieren, es brachte mir ja doch nichts.

"Warum fange ich nicht an?", sagte er und hüpfte leicht während er vor sich hin spazierte. "Ich rede sowieso nicht so gerne über mich."

"Wenn du meinst", seufzte ich und verdrehte die Augen. Ich setzte mich hin, lehnte gegen den Zaun. Ich mochte es auch nicht über mich zu reden, aber nun gut.

"Warum bist du immer auf den Dächern hier oben?", fragte er und ich spürte wie mein Herz in sich sank. Warum war ich so enttäuscht über diese Frage?

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