Hinter dem Haus war eine Terrasse angelegt worden. Ein Esstisch stand darauf, der schon gedeckt war. An ihm saß die Familie Scamander, Queenie und Tina ausgeschlossen, die Familie von Saleema, sowie ein paar Freunde der frisch verlobten. Ich erkannte William Casillas, der beste Freund von David. Neben ihm saß Rose Casillas, seine Ehefrau. Neben Saleema saßen ein älteres Ehepaar und zwei Frauen und einem Jungen in Saleemas Alter, teilweise vielleicht ein bisschen jünger. Vermutlich die Familie von Saleema. David sprang sofort auf, als wir um die Ecke kamen.
„Schön, dass ihr es geschafft habt."
„Danke für die Einladung."
„Das war doch selbstverständlich."
„David, jetzt lass sie sich erst einmal setzen", rief Newt. Er klopfte auf den Stuhl neben sich.
„Komm Carolin. Du musst mir noch ganz viel über Hogwarts erzählen." Ich folgte seiner Aufforderung. David setzte sich wieder auf seinen Platz neben Saleema und auch die anderen setzten sich endlich hin. Samuel nahm den Stuhl neben mir in Beschlag. Elaina kletterte auf seinen Schoß.
„Hallo", meinte der Junge mir gegenüber mit einem starken japanischen Akzent und lächelte mich vorsichtig an.
„Hi."
„Ich bin Takuma. Saleemas Bruder."
„Carolin Sanders. Ich bin eine alte Freundin von David."
„Ihr erstes Wort war nicht Mama oder Papa, sondern David", erzählte Newt. Der Junge schien nicht ganz sicher zu sein, was der ergraute Mann ihm damit sagen will.
„Du wolltest mir noch von Hogwarts erzählen", lenkte mich Newt ab.
„Was willst du denn wissen?"
„Wer war denn der Junge, der meinen Sohn auf der Tanzfläche abgelöst hat? Du hast ihn mir gar nicht mehr vorgestellt." Ich wurde leicht rot. Irgendwie hat es sich nicht mehr ergeben, dass ich den beiden Sirius vorstellen konnte.
„Er muss ja jemand wirklich Wichtiges sein."
„So wichtig ist er nicht! Sirius ist einfach nur ein guter Freund von mir."
„Warum wirst du dann rot?"
„Na ja – also – ich – ähm." Ja, warum wurde ich dann eigentlich rot? Dafür gab es schließlich kein Grund. Zum Glück retteten mich Queenie und Tina. Sie kamen mit großen dampfenden Töpfen vor sich her schwebend auf die Terrasse.
„Es gibt essen", verkündete Queenie verträumt. Das Essen platzierte sich vor uns auf dem Tisch.
„Hat euch niemand etwas zu trinken angeboten? David, habe ich dich zu so einem schlechten Gastgeber erzogen?" Tina baute sich vor ihrem Sohn auf. Mit ihr sollte man sich wirklich nicht anlegen.
„Ähm –"
„Ich mache schon", kicherte Queenie. Ohne zu zögern, schwang sie ihren Zauberstab und vor uns erschienen gefüllte Gläser. Newt betrachtete kritisch sein frisch gefülltes Glas.
„Ich habe dich schon oft gebeten, nicht meine Gedanken zu lesen, Queenie."
„Aber es ist doch so praktisch."
„Bitte, lese nicht meine Gedanken."
„Ich werde es lassen."

Ein Knuddelmuff sprang auf dem mittlerweile abgeräumten Tisch herum. Die übermüdete Elaina saß auf Samuels Schoß und streckte sich nach dem flauschigen Tier, um es einzufangen.
„Streicheln!", quengelte sie. Sie reckte sich wieder nach dem magischen Wesen.
„Der Knuddelmuff will aber nicht gestreichelt werden."
„Aber ich –"
„Gib sie mir mal." Ich beugte mich zu Samuel herüber. Er übergab mir die übermüdete Zweijährige.
„Knuddel streicheln."
„Der Knuddelmuff spielt aber gerade."
„Ich glaube, sie ist müde", bemerkte Newt.
„Ich weiß."
„Vielleicht solltet ihr sie nach Hause bringen."
„Die schläft gleich ein."
„Grünes Ding!" Elaina beugte sich nach vorne und griff nach etwas in Newts Hemdtasche. Der Mann musste grinsen. Er holte Pikett aus der Tasche heraus. Der Bowtruckle war etwas anhänglich.
„Das, mein kleines Mädchen, ist Pikett, ein Bowtruckle. Sie leben in Bäumen vor allem in Westengland und Süddeutschland. Du könntest also im Laufe deines Lebens in freier Natur sehen. Du solltest also deine Augen immer schön aufhalten. Aber mache niemals den Baum eines Bowtruckles kaputt. Das mögen sie gar nicht und dann werden aus den lieben, kleinen, scheuen Tierchen echte Bösewichte. Aber du bist ja lieb, also müssen wir uns nicht um dich sorgen."
„Gucken!" Sie versuchte, auf Newts Schoß zu klettern.
„Komm her, Kleines." Er hob sie noch einen Schoß weiter.
„Pikett, das ist Elaina."
„Mini Baum ohne Blätter."
„Ja, da hast du recht, Elaina. Bowtruckles sehen aus wie die Rinde eines Baumes." Sie hielt dem kleinen Tier ihre Hand hin. Faszinierend sah sie zu, wie Pikett auf ihre Hand kam.
„Picket ist hubsch." Der kleine Bowtruckle gab ein paar Laute von sich.
„Er sagt danke."
„Bitte." Das kleine Wesen gab noch ein paar weitere Laute von sich.
„Er mag deine roten Haare. Sie erinnern ihn an Blätter im Herbst."
„Herbst macht nass."
„Aber er ist auch schön bunt. Pikett wollte dir damit ein Kompliment machen und was sagt man dann?"
„Danke, Pikett." Sie setzte das kleine Ding auf ihren Schoß ab.
„Du gehst noch zur Schule?", fragte Takuma mir gegenüber, dem offensichtlich ein wenig langweilig war, da alle um ihn herum in ein Gespräch vertieft waren.
„Ja, ich gehe nach Hogwarts."
„Hogwarts? Das ist nicht in Amerika, oder?"
„Nein, ich komme aus England."
„Diese Schule solltest du kennen, Junge. Das ist die beste Zaubererschule der Welt", erklärte Newt.
„Mahoutokoro ist die beste Zauberschule."
„Mahouto – was?"
„Mahoutokoro. Das ist die japanische Zauberschule."
„Gehst du auf sie?"
„Nein, ich habe letztes Jahr meinen Abschluss dort gemacht."
„Herzlichen Glückwunsch."
„Danke."
„Carolin, Elaina ist eingeschlafen." Newt zeigte auf das kleine Mädchen.
„Ich nehme sie wieder. Danke." Ich hob sie wieder auf meinen Schoß. Vorsichtig lehnte ich sie an meinen Bauch, bevor ich mich wieder an den Jungen wandte. Die japanische Zauberergemeinschaft interessierte mich doch sehr.
„Wie ist denn so die Schule in Japan?"
„Sie ist wirklich toll. Sie liegt auf einer Vulkaninsel, auf die niemals ein Muggel geht, da sie sie für gefährlich halten. Wir müssen uns dort nicht verstecken, sondern können frei unsere Magie ausüben. Nur beim Quidditch müssen wir auf Muggel aufpassen, da sie mit ihren Fliegern über die Insel fliegen. Und wie ist das bei euch?"
„Hogwarts liegt in einem Schloss fern ab von Muggeln. Seit ich da bin, war noch nie ein Muggel dort und auch meine Freunde haben noch nie mitbekommen, dass sich ein Muggel in die Nähe verirrt hat. An das Gelände schließt ein riesiger Wald, der voll mit irgendwelchen Tierwesen ist. Einen kurzen Fußmarsch entfernt ist ein Zaubererdorf. Es gibt da einen wirklich lustigen Laden mit lauter verrückten Dingen, wie Socken die anfangen zu schreien, wenn sie stinken." Der Junge mir gegenüber musste lachen.
„Solche Läden haben wir leider nicht an unserer Schule. Trotzdem ist Mahouzokoro die beste Zaubererschule der Welt." Newt fing an zu lachen
„Hogwarts ist die beste Zaubererschule der Welt."
„Newt!" Tina sah ihren Ehemann strafend an.
„Ist doch so."
„Also erstens ist Ilvermorny die beste Schule für Zauberei und zweitens musst du nicht immer alles sagen, was du denkst. Also hör auf, von deinem Hog-Quatsch zu schwärmen!" Diese Diskussion kannte ich doch irgendwo her. Wohl weil sie diese Diskussion andauernd führten.
„Hogwarts hat wesentlich mehr zu bieten als Ilvermorny."
„Zum Beispiel kann man den Namen schön verschandeln", schlug ich vor.
„Carolin, du musst mich doch unterstützen!"
„Ich finde Privatunterricht immer noch am allerbesten und ich kann es vergleichen."
„Warum ist Unterricht ohne Freunde bitte besser?"
„Weniger Ablenkung, wesentlich bessere Lehrer, keine Hausaufgaben. Soll ich weiter machen?"
„Aber es gibt auch viele Vorteile. Du hattest vor Hogwarts weniger Freunde."
„Dafür ist es wirklich gut. Das bestreite ich auch nicht."
„Die Schulhymne von Hogwarts ist einfach nur verrückt."
„Und eure ist langweilig." Hätte ich Elaina nicht auf dem Schoß, würde ich jetzt unauffällig immer kleiner werden, unter dem Tisch verschwinden und mich woanders hinsetzen, um das Paar in Ruhe streiten zu lassen.
„Unsere Schulhymne ist nicht langweilig, unsere Schulhymne steigert den Zusammenhalt und bei eurer gibt es nicht einmal eine Melodie."
„Wenn unsere gesungen wird, haben immer alle gute Laune und man wird sie für immer daran erinnern. Und gemeinsame lustige Ereignisse verbinden."
„Deshalb wird sie nicht weniger verrückt."
„Und eure wird durch den gestärkten Zusammenhalt nicht interessanter."
„Und das Ende des Streits wird sich nicht ändern nur, weil ihr ihn immer wieder austragt." Ich wurde wütend angesehen, doch ich grinste die beiden nur an.
„Ihr streitet euch immer darüber und am Ende kommt ihr zum Schluss, dass der andere einfach keine Ahnung hat und vollkommen verrückt ist."
„Wir haben immer kleine Fortschritte", versicherte mir Tina.
„Haben wir nicht wirklich." Ich musste lachen. Newt beschönigte die Sache nicht einmal.


Hexagramm - VogelfreiWhere stories live. Discover now