Kapitel 54: Schach, ein Kamin und das Unglück

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Kapitel 54: Schach, ein Kamin und das Unglück

Der Raum der Wünsche hatte sich in ein gemütliches Zimmer mit Kamin verwandelt. Die Wände waren von Bücherregalen bedeckt und der Boden war mit roten Teppichen ausgelegt. Genau in der Mitte stand ein großes Sofa, das mit Kissen und Decken beladen war. Ich liebte es. Das ganze Zimmer verströmte Wärme und Geborgenheit. Genau, was ich jetzt am besten gebrauchen konnte.

"Woher wusstest du, wo ich jetzt am liebsten wäre?", fragte ich entzückt, während ich vor den Regalen auf und ab lief, um mir die Buchtitel genauer anzuschauen. "Nun ja", antwortete er verlegen, "ehrlich gesagt war das geraten. Das hier ist ein Zimmer aus James' Haus. Ich hatte gehofft es würde dir gefallen!".

Fast ehrfürchtig nickte ich. "Das tut es! Sehr sogar". Sirius legte mir von hinten die Arme um die Taille und hatte sein Kinn auf meiner Schulter abgelegt. Ich lehnte mich gegen ihn und genoss die Wärme, die von ihm ausging.

Dann drehte ich meinen Kopf ein Stück zur Seite und legte meinen Mund auf seine Lippen. Einen Moment lang verharrten wir in dieser Haltung, dann löste ich mich von ihm, damit ich ihm richtig gegenüberstand und er zog mein Gesicht näher zu sich. Irgendwann landeten wir küssend auf dem Sofa hörten erst auf, als wir beide eine Verschnaufpause brauchten.

Sirius ging zum Kamin und holte ein Schachbrett aus der Kommode daneben: "Ich denke es wird Zeit, dass du lernst wie man Schach spielt".
Entrüstet sah ich ihn an: "Ich weiß wie das geht!". Ein Schmunzeln huschte über seine Lippen, was seine Augen noch mehr strahlen ließ: "Ach ja? Hast du jemals gegen mich gewonnen?".

"Ähm...Nein", gab ich widerwillig zu, "aber da hatte ich einfach keinen guten Tag! Heute dagegen fühle ich, dass der Schachgott auf meiner Seite ist!". Beleidigt und absolut in der Stimmung ihn zu pulverisieren (natürlich nur im übertragenen Sinne) setzte ich mich vor den kleinen Couchtisch und stellte die Figuren auf.
"Du darfst anfangen", sagte ich großzügiger Weise, schließlich würde er einen Vorsprung brauchen. Grinsend nickte Sirius: "Okay, ganz deine Entscheidung!".

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Einige Minuten später hatte ich schmollend die Arme vor der Brust verschränkt. "Ich hab dich gewinnen lassen", versuchte ich meine  Niederlage zu erklären. Er lachte nur verschmitzt und offenbarte mir erneut seine perfekten Zähne: "Klar!". Wie konnte man nur so aussehen, passabel Schach spielen, verdammt gut zaubern und trotzdem kein totaler Arsch sein? Die Welt war so unfair!

Mit Genugtuung dachte ich an Tante Bettys andere Großnichte Sheila. Die dumme Kuh war 15 und gab immer mit ihren achsotollen Freunden an. Danach sah sie mich jedesmal etwas mitleidig an und meinte seufzend (mit einer Weisheit in der Stimme, als wäre sie Konfuzius persönlich): "Ja ja, irgendwann findet unsere Olivia sicher auch jemanden. Sei halt nicht zu wählerisch, Schätzchen, sonst endest du noch als alte Jungfer. Man muss nehmen was man kriegen kann!". Innerlich schwor ich mir, sie und ihre (genauso strunzdoofe) Mutter zusammen mit Sirius zu besuchen.

Ihr Gesicht wäre herrlich!

Er klopfte neben sich auf die Sitzfläche des Sofas, auf dem er sich ausgestreckt hatte. Die Nase hoch erhoben legte ich mich zu ihm und kuschelte mich an seine Brust.

Eine Weile lagen wir nur stumm nebeneinander. Sirius spielte mit meinen Haaren und ich döste langsam weg. Plötzlich sagte er: "Liv?". Ich brummte zur Bestätigung.
"Hast du Angst?". Mit gerunzelter Stirn sah ich zu ihm auf: "Wovor denn?".

Er zuckte leicht mit den Schultern und starrte in die Ferne: " Vor du-weißt-schon-wem, dem Krieg, der wahrscheinlich kommt. Einfach vor dem was gerade passiert". Einen Moment lang schwieg ich nachdenklich, dann antwortete ich mit fester Stimme: "Ja, sehr, aber ich versuche mich nicht unnötig verrückt zu machen. Auch Tyrannen sterben irgendwann, weißt du?".

Ich spürte, dass er nickte. "Was ist mit dir?", fragte ich interessiert. Sirius wirkte auf mich immer, wie jemand, der sich nur sehr schwer ängstigen ließ. Meistens war er es, der unangenehme Situation durch einen seiner dummen Scherze weniger bedrohlich machte.

"Ja", war seine knappe Erwiderung und ich griff nach seiner Hand, weil es nichts gab, was ich darauf hätte sagen können. Die Wahrheit war doch, dass wir alle Angst hatten und das leider zu Recht. Er drückte mich fester an sich, bis wir irgendwann beide einschliefen.

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Ich erwachte, weil ich Schreie von der Wand hörte, hinter der sich der Korridor befinden musste, durch den man in den Raum der Wünsche gelangte. Aufgeregt rüttelte ich an Sirius' Schulter. Er grummelte unruhig und wollte sich auf die andere Seite drehen, aber ich ließ nicht locker: "Wach auf! Komm schon!".

"Was ist los?", fragte er mit rauer Stimme und sah mich aus vor Müdigkeit zusammengekniffenen Liedern an. "Hör doch!".

Kurz lauschte er angestrengt, dann weiteten sich seine Augen erschrocken und er fuhr abrupt hoch. "Sind das Kampfgeräusche?".

Ich hob planlos die Schultern: "Keine Ahnung, auf jeden Fall müssen wir nachsehen". Dann durchzuckte mich ein furchtbarer Gedanke: "Sirius?".

"Ja?", hastig griff er nach seinem Zauberstab, der in die Sofaritze gerutscht sein musste. "Wir wären in den Geheimgängen eingeteilt gewesen". Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, als er sagte: "Wir hätten Dumbledore von der Karte erzählen müssen!" Dann nahm er meine Hand, die vor Aufregung zitterte und gemeinsam stürzten wir aus dem Raum heraus, so schnell wir konnten.

Auf dem Gang war die Hölle los. Schüler rannten umher, versuchten sich in der Menge nicht zu verlieren und riefen die Namen ihrer Freunde. Geistesgegenwärtig hielt ich ein Mädchen am Ärmel fest, das ich aus Zaubertränke kannte.

"Was ist hier los?". Mona sah ängstlich zum Ende des Flurs. "Angeblich sind Todesser ins Schloss eingebrochen. Ihr solltet euch so schnell wie möglich verstecken!". Sirius und ich sahen uns an. Er wandte sich an Mona, auf  deren Miene sich endeutig Todesangst abzeichnete. "Weißt du, wo die Todesser gesehen wurden?".

"Im Kerker", raunte sie und riss sich dann los, um sich in Sicherheit zu bringen. Wir tauschten einen Blick und ohne Worte wusste ich, was er dachte. Mit energischen Schritten und gezückten Zauberstäben liefen wir in die Richtung, aus der uns alle anderen Mitschüler entgegen kamen.

Everybody needs enemies  (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt