Kapitel 49: Ein Porträt und ein Gedicht

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Kapitel 49: Ein Porträt und ein Gedicht

Der Brief ließ eine Weile auf sich warten. Wie lange genau, wusste ich nicht, allerdings fühlte es sich an wie Stunden. Sirius blieb die ganze Zeit bei mir und lenkte mich ab, sobald mein Gefühlsausbruch nachgelassen hatte.

"Wir sollten übrigens mal wieder nach Laika, Satan und Teufelsbrut sehen! Professor Kesselbrand macht bald die Noten und Satan knurrt immer noch, wenn man sie streicheln will", erklärte er und spielte mit einer meiner Haarsträhnen. Ich seufzte mürrisch: "Nein, er/sie/es knurrt nur, wenn ich mich nähere. Bei dir ist Satan zahm, wie ein Lamm".

"Ich kann eben gut mit Hunden, weißt du doch". Ich schmunzelte in die Dunkelheit und vergaß für einen Moment, wie verquollen meine Augen aussehen mussten.

"Es wird schon langsam hell", sagte er mit einem Blick aus dem Fenster. Weil ich noch immer auf dem Boden saß, konnte ich selbst nichts davon sehen. "Komm mit", er ergriff meine Hand, zog mich hoch und ging in Richtung des Portraits. "Warte, was tust du?", fragte ich verwirrt.

Er grinste schwach: "Vertrau mir einfach". Verzweifelt begann ich zu stammeln: "Das geht nicht...Was wenn wir ihre Nachricht verpassen...oder die Eule uns nicht findet?".

Er trat dicht an mich heran: "Die Eulen finden immer den Empfänger und wenn nicht, darfst du mich persönlich schlagen!", dann steuerte er mit mir im Schlepptau auf die Fette Dame zu und führte mich durch das Schloss. Irgendwann verlor ich die Orientierung und staunte daher nicht schlecht, als sich ein Porträt, das einen verdammt faltigen Zauberer zeigte, plötzlich räusperte.

"Verzeihung?", sagte er pikiert und hatte in diesem Moment große Ähnlichkeit mit McGonagall: "Offensichtlich ist ihnen entgangen, dass es so etwas wie Nachtruhe gibt". Sirius und ich sahen uns an und tauschten verwirrte Blicke. "Nachtruhe?", ich betonte es, als hätte ich dieses Wort zuvor noch nie in den Mund genommen.

"Ganz recht!", obwohl das Gemälde etwa auf der Höhe meiner Brust hing, schaffte es der Mann auf uns herabzusehen. Sirius runzelte die Stirn: "Sir, ich glaube, sie träumen".

Einen Moment lang wirkte er verunsichert, dann schüttelte er energisch den Kopf: "Unsinn. Gemälde träumen nicht, ihr ungehobelten Bälger und jetzt Marsch zurück in eure Betten!".

Ich wollte ihm meine Hand reichen, bemerkte dann aber, dass das bei einem Bild schwierig werden könnte und zog sie nach der Hälfte zurück, was ich damit kaschierte, dass ich leidenschaftlich eine imaginäre Fliege verscheuchte.

"Wer sind sie überhaupt, wenn ich fragen darf, Sir?". Er straffte die Schultern: "Sir Charles Iberius Nepumuk Dunken, Earl von New Demshire und ungekührter Kriegsheld. Ohne mich wäre der erste Weltkrieg anders ausgegangen, das sage ich ihnen".

Wow, Bescheidenheit war offenbar eine besondere Stärke von Charles Ilinois aus Sonstwo. Sirius schien dasselbe zu denken, denn seine Gesichtszüge wechselten zwischen Verblüffung und Belustigung.

"Nun...ich bin Olivia Withaker von und zu Adelaide, sehr erfreut!", etwas überfordert knickste ich kurz und wollte mich daraufhin schlagen.

Padfoot stellte sich als Freddie Mercury vor und meinte mit einem Zwinkern: "Ich bin ein echter Champion, wenn sie verstehen". (Tat er natürlich nicht, selbst ich konnte mir ausrechnen, dass sich Charles' Lebzeit deutlich von Queens unterschied.

"Es war wirklich schön sie kennen zu lernen, aber wir haben noch etwas vor", sagte er dann und rannte, mich hinter sich herschleifend, zum Ende des Korridors und von dort zu einer der Holztüren.

Hastig zwängte wir uns die enge Wendeltreppe hinauf und dann durch eine Falltür.

Oben angekommen musste ich für einen Moment die Luft anhalten, dann flossen die Tränen wieder. Aber diesmal nicht aus Trauer, sondern vor Ehrfurcht. Und augenblicklich flackerte vor meinem inneren Auge die Erinnerung auf, über ein Gedicht das ich einmal hatte auswendig lernen müssen:

Und wenn der Sonne Glut erwacht,
Mit Gold überzogen, vom Lichte bewacht
Dann schweigen selbst die Schatten bedächtig
Um nicht zu stören den Frieden, der
prächtig
Und ungestört sich niederlegt,
Bevor das Unheil des Tages sich regt.

Früher hatte ich es doof gefunden, aber im Nachhinein lag das wohl nur daran, dass ich noch nie einen solchen Sonnenaufgang gesehen hatte.

Wir standen auf einem der Türme und hatten eine unglaubliche Sicht auf die Ländereien.
Ich hatte gewusst, dass in Hogwarts Vieles durch die Magie intensiver und glanzvoller war, aber noch nie hatte ich etwas derart Vollkommenes gesehen. Die Sonnenstrahlen spiegelten sich tausendfach auf der glatten Oberfläche des schwarzen Sees und verwandelte die Landschaft in ein Meer aus Licht.

"Kommst du öfter hierher?", fragte ich beeindruckt. Sirius schüttelte den Kopf: "Das lohnt sich nur wenn die Sonne auf oder unter geht. Morgens schlafe ich normalerweise und Abends mache ich Hausaufgaben". Verstehend nickte ich.

Plötzlich wurde ein schwarzer Punkt am Horizont sichtbar, der Nach und Nach größer wurde und ich erkannte die Silhouette eines Vogels.

Die Eule ließ sich auf der Brüstung nieder und räkelte sich in der warmen Sonne. Vorsichtig löste ich den Brief, der deutlich mit meinem Namen beschriftet war, von ihrem Bein und brach das Wachssiegel, nachdem ich einen kurzen Blick mir Sirius gewechselt hatte.

Olivia, es geht uns gut, deine Mutter hat uns alle gerettet und auch dem Baby ist nichts passiert. Nur ich habe mir den Arm geprellt, aber damit kann ich leben! Wir bleiben zuerst noch eine Weile in Australien, damit wir helfen können, aber spätestens nächste Woche sind wir zurück.

Dad

Erleichtert lachte ich auf und konnte fühlen, wie mir ein Stein vom Herzen fiel. Übermütig sprang ich in Sirius Arme, der mich lächelnd an sich drückte. Dann lehnte ich mich zurück, sodass ich sein Gesicht betrachten konnte. Und als das Licht von seinen Augen reflektiert wurde und sein Haar, wie Rauch um ihn herum wehte, konnte ich nicht anders und küsste ihn.

Zuerst war er überrascht, doch schon nach kaum einer Sekunde erwiderte er die Geste und die Zeit wurde bedeutungslos. Als ich mich atemlos von ihm löste fragte ich keuchend: "Dieses Angebot...mit dem Pärchending...gilt das noch".

Lächelnd nickte er: "Natürlich!"

Ich fasste mir ein Herz, vergrub meine Finger in seinen Haaren und sagte: "Dann würde ich es gerne annehmen". Und während die Welt erwachte, trafen sich unsere Lippen, als wären wir unendlich.

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Sorry für den Kitsch, ich kann nicht anders! ;)






Everybody needs enemies  (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt