Kapitel 22: Eine Tour durch den Wald und ein störrischer Wildhüter

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Kapitel 22: Eine Tour durch den Wald und ein störrischer Wildhüter

Tagelang brütete ich darüber nach, was die Rumtreiber angestellt hatten. hin und wieder hatte ich versucht Remus in Kräuterkunde diskret darauf anzusprechen ("Du Remus, was tust du denn in deiner Freizeit gerne? Vielleicht Lesen? Oder Lernen? Es gibt ja auch Menschen, die Mitglieder in geheimen Fightclubs sind, nicht wahr?"), aber statt einer Antwort, hatte ich nur einige verwirrte Blicke seinerseits und ein pikiertes: "Ich lese gerne, Olivia, in diesem Punkt hast du Recht!" erhalten.

Alice und Lily wollte ich nicht fragen, da letztere auf dem besten Weg war eine nähere Verbindung mit James Potter einzugehen und Alice sich wiederum in Lilys Hormonchaos suhlte ("Lily, ich will alles wissen! Dein Liebesleben ist soviel interessanter als meins und irgendwie muss ich mein Herz ja beschäftigen"). Somit blieb mir nur noch eine einzige Möglichkeit: Hagrid!

So kam es, dass ich am hellichten Nachmittag allein über die Ländereinen Hogwarts schlenderte um beim Wildhüter Tee zu trinken. Aus dem Schornstein drang Rauch, der in dunklen Schäfchenwolken zum Himmel empor stieg und im Garten welkten die von Halloween übriggebliebenen Kürbisse vor sich hin. Noch bevor ich überhaupt die Hand heben konnte, um anzuklopfen wurde die Tür von innen aufgerissen und ein bärtiger Mann stand vor mir: "Oh. Hallo", begrüßte er mich überrascht: "Ich hatte keinen Besuch erwartet. Wollte gerade in den Wald um nach den Einhörnern zu sehen". Na das traf sich ja wunderbar! "Kann ich dich begleiten?".

"Na ja", brummte er unsicher: "Es ist nicht gerade ungefährlich da draußen und ihr Schüler dürft da ja eigentlich noch nicht einmal rein! Wie heißt du eigentlich?", fragte Hagrid. Höflich reichte ich ihm meine Hand: "Olivia Withaker, freut mich sehr!". Er ergriff sie, immer noch, etwas überfordert, und brummte: "Kannst mich Hagrid nennen".

Mit einem Haufen Überzeugungsarbeit schaffte ich es schließlich, ihn dazu zu bewegen mich mit zu nehmen. Gegen Ende der Diskussion hatte er hilflos mit den Kopf genickt und unsicher zugestimmt. Ein wenig tat er mir auch leid (ich konnte ziemlich manipulativ sein, wenn ich wollte), aber ich brauchte Antworten!

"Na ja, im Grunde müssen wir nur nach einem Einhorn Ausschau halten, das hinkt. Dürfte nicht allzu schwierig werden, schließlich ist es verletzt", erklärte Hagrid . Verstehend nickte ich und folgte ihm in die Tiefen des Waldes. Ich will ja nicht meckern, aber es war gerade einmal Drei Uhr und in diesem verdammten Gruselkabinett war es stockduster. Von überall her drangen Geräusche an mein Ohr, die meines Wissens, in einen normalen Wald nichts verloren hatten. Ich hätte schwören können, dass ich einen Werwolf gehört hatte, aber ich traute mich nicht zu fragen. Zu groß war die Angst, dass nicht nur Hagrid meine Stimme verstand, sondern auch eine der Kreaturen, die ihr Leben im Unterholz fristeten.

Allerdings merkte ich schnell, dass ich mit dieser Taktik wohl niemals heraus finden würde, was an jenem Abend vorgefallen war. "Hagrid?", flüsterte ich kaum merklich, aber selbst das schien mir zu laut. "Wie bitte?", fragte Hagrid in voller Lautstärke. Instinktiv wollte ich ihm meine Hand vor den Mund schagen, aber er war viel zu groß, sodass ihm mein ausgestreckter Arm gerade mal bis zum Nabel reichte.

Ich atmete tief durch und überwand mich, etwas lauter zu reden: "Nun ja, ich hab mich gefragt, was das übelste war, dass in den letzten Jahren im Wald vorgefallen ist...keine Ahnung, vielleicht sowas wie ein Trollangriff oder ein explodierter Kröter...oder blutüberströmte Schüler?". Misstrauisch kniff er die Augen zusammen: "Warum interessiert dich das?".

Ha! Seine Miene verriet mir eindeutig, dass er eine Ahnung hatte wovon ich redete...und dass er keinesfalls begeistert davon war. "Ach...ich bin nur neugierig, mehr nicht". "Hm", brummte Hagrid: "Es gab mal eine Krankheitsepidemie, die den halben Bestand an Nifflern ausgerottet hat". Diese Antwort half mir herzlich wenig, also beschloss ich reinen Tisch zu machen und ihm zu erzählen was ich wusste: "Hagrid, ich musste vor kurzem bei Filch nachsitzen und da sind mir ein paar heikle Informationen...in die Hände gefallen". Schnaubend stieg er über eine Wurzel: "Nur redest schon wie Sirius, der kann auch nie genug bekommen vom Drama!".

"Tatsächlich?", interessiert beobachtet ich den großen Mann: "Wann ist denn etwas passiert, das besonders...dramatisch war?". Unwohl sah er sich im Wald um: "Hätte ich doch nur nichts gesagt".

"Jedenfalls ist mir zu Ohren gekommen, dass man die Rumtreiber blutüberströmt aus dem Wald aufgelesen hat", theatralisch senkte ich am Ende die Stimme. "Das ich nicht lache, Nur Remus und Peter waren blut...hätte ich doch nur nichts gesagt!", sein Schritt beschleunigte sich und ich hatte Mühe mit ihm mitzuhalten. Zu allem Überfluss stob in diesem Moment ein Schwarm Staren aus einem Gebüsch und erschreckte mich fast zu Tode. Nachdem ich mich wieder gefangen hatte musste ich ein kurzes Stück rennen, um ihn wieder einzuholen.

"Hagrid, was ist damals vorgefallen?", eindringlich redete ich auf ihn ein. Er fuchtelte nervös mit seinen riesigen Pranken in der Luft herum: "Ich hab schon viel zu viel gesagt...du solltest zurück ins Schloss gehen!". "Aber Hagrid...", er unterbrach mich harsch: "Ab ins Schloss mit dir!". Erschrocken von der ungewohnten Autorität, die in seiner Stimme lag hielt ich inne: "Na schön. Auf Wiedersehen!". Hagrid murmelte einen Abschiedsgruß in seinen Bart, bevor ich mich umdrehte und den Rückweg antrat.

Mit Stolz konnte ich sagen, dass das die dümmste Idee war, die mein Hirn jemals hervorgebracht hatte! Ich besaß den Orientierungssinn einer Gurke und verlief mich rettungslos. Selbst mein Zeitgefühl hatte sich verabschiedet und so hatte ich keine Ahnung, ob ich bereits drei Minuten oder Stunden im Wald herumirrte.

Plötzlich raschelte etwas nicht weit von mir entfernt. Panisch nahm ich die Beine in die Hand und rannte was das Zeug hielt. Hinter mir hörte ich das Trappen von Tatzen auf dem weichen Waldboden. Etwas folgte mir. Die Angst besetzte nun jede einzelne zelle meines Körpers. Als wäre das nicht schon schlimm genug, verfing sich mein Fuß in einer Wurzel, die mich unsanft zu Boden zerrte.

Ich hasste Horrorfilme!

Hektisch befreite ich mich und rappelte mich wieder auf. Es kam mir wie der schönste Moment auf Erden vor, als ich bemerkte, dass ich problemlos auftreten konnte und wie der schrecklichste, als ich die schwarze Gestalt sah, die auf mich zustürmte. Inzwischen rannen dicke Tränen über meine Wangen und ich schluchzte verzweifelt. Mit aller Kraft stolperte ich einige Meter weiter, aber das Tier war zu schnell. Als es zum Sprung ansetzte schloss ich die Augen, aber ein kurzer Augenblick hatte genügt, um zu erkennen: wen ich vor mir hatte: Marshmallow.








Everybody needs enemies  (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt