Kapitel 41: Anna Karenina und die Rumtreiber

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Kapitel 14: Anna Karenina und die Rumtreiber

Professor Binns vor mir keuchte auf: ,,Unerhört!". Eine kleine Lehrerin neben ihm, ich kannte ihren Namen nicht, zuckte erschrocken und lachte dann aus vollem Hals. Ich selbst musste grinsen, als ich zuerst das Konfetti sah, das von einer gigantischen Kanone aus dem Lehrerzimmer auf den Korridor katapultiert wurde. Auf dem Boden hatte sich bereits ein Berg gebildet. Wenn man näher herantrat erkannte man, dass sämtliche Möbel von der decke baumelten. Der Boden war somit frei für eine Eisfläche, die im Licht, das durch das Fenster schien, glitzerte. Hunderte Papierflieger sausten durch die Luft und an der Wand prangte ein in goldenen Lettern geschriebener Schriftzug:

Frohe Weihnachtsferien! Mit freundlichen grüßen,

die Rumtreiber

Im ersten Moment kam es mir Unklug vor, die eigene tat quasi zu unterschreiben, aber es wäre sowieso allen klar gewesen. Und im Grunde, wollten die Rumtreiber doch auch nur etwas Anerkennung für ihre Taten. Inzwischen waren auch die restlichen Lehrer am Ort des Geschehens eingetroffen. Vereinzelt wurden Empörungssalven ausgesprochen, doch die Meisten schmunzelten und bewunderten das Werk. Als schließlich Professor Kesselbrand vortrat und vergnüglich auf dem Eis durch das Zimmer schlitterte, machte ich kehrt und stürmte in den Gemeinschaftsraum.

Dort warteten bereits ein lachender Sirius, ein zufriedener James und ein lächelnder Remus auf mich. "Ihr wart einfach nur genial", schwärmte ich und schlug bei jedem der Drei ein. "Hätte ich euch gar nicht zu getraut!".

Gespielt empört griff Padfoot sich an seine Brust: "Ich bin enttäuscht von dem Vertrauen, das du in uns hast. Als ob es etwas gäbe, das wir nicht perfekt und einzigartig machen würden". Mein Grinsen wurde breiter und ich erwiderte: "Nur nicht so selbstgefällig, Mister Black. Wenigstens werden sie nicht an einem zu geringen Ego zu Grunde gehen!".

"Ebenso wenig, wie sie, Madame Ich-könnte-euch-alle-in-Grund-und-Boden-zaubern Withaker".

Vor zwei Tagen hatte Sirius sich über meinen Entwaffnungszauber lustig gemacht. (Ich hatte versucht ihn zu überraschen und wollte ihm das Messer aus der Hand hexen, mit dem er sich einen Apfel auf geschnitten hatte. Es war nur knapp neben mir in der Wand stecken geblieben). Daraufhin hatte ich mich gerechtfertigt und wohl etwas zu dick aufgetragen.

"Ich muss schnell diesen Brief in die Eulerei bringen", sagte James unvermittelt und wedelte mit einem Stück Pergament in der Luft herum, auf dem deutlich sichtbar Lilys Name und ihre Adresse geschrieben stand. "Begleitet mich jemand?". Remus erhob sich schwerfällig von der Couch, auf der er gesessen hatte und griff nach seinem Umhang, da die Schulflure zu dieser Jahreszeit sehr kalt zu sein pflegten: "Ich komme mit!".

Die Beiden verließen den Raum und ließen uns im Schein des Kaminfeuers zurück. "Was hälst du von einem Spaziergang?", fragt Sirius frech. "Bei dem Wetter? Vergiss es!", protestierte ich lautstark. Draußen herrschten noch immer Minusgrade, die sich in Kombination mit schneidendem Wind mehr, wie ein Gang durch tausend Messer, als nach einer gemütlichen Wanderung im Schnee anhörte.

"Lies mir was vor", forderte ich ihn auf und nahm das erst beste Buch aus dem Regal neben einem der kleinen Beistelltische. Als ich den Umschlag betrachtete, wusste ich, dass es ein Muggelbuch war. Anna Karenina. Ich hatte es noch nie gelesen, aber schon davon gehört. Gespannt reichte ich es Sirius, der es widerwillig entgegen nahm. "Muss das sein? Ich bin ein furchtbarer Erzähler!".

Das war eine Lüge. Er las ganz wunderbar. Seine tiefe Stimme klang genau richtig und während ich mich auf dem Sofa zusammenrollte und ins Feuer starrte, fühlte ich mich unendlich wohl. "Alle glücklichen Familien gleichen einander. Jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich. Können wir nicht etwas Anderes lesen? Das klingt so deprimierend...sieh mich nicht so an! Ich mach ja schon, Frau Rottenmeier!".

Das Buch war nicht mal schlecht. Auch wenn die Handlung hauptsächlich aus Drama bestand, mochte ich die Geschichte. Was allerdings auch an den beschriebenen Kleidern der damaligen Zeit liegen konnte, die selbst mein Mädchenherz ein wenig höher schlagen ließen. Hätte ich die angenehme Stimme von Padfoot nicht so genossen, wäre mir vermutlich aufgefallen, dass James und Remus außergewöhnlich lange brauchten, um einen simplen Brief durch Hogwarts zu tragen, aber statt dessen wurden meine Lieder mit jedem Wort schwerer und ich sank langsam in den Schlaf.

Ich wurde wach, weil jemand meinen Namen sagte und mich an der Schulter rüttelte. Nachdem ich es geschafft hatte, meine Augen zu öffnen, entdeckte ich Sirius, der sich mit gerunzelter Stirn über mich beugte. Ein Blick durch das Fenster sagte mir, dass mir zu Hause eine Standpauke bevor stand. Die Sonne war schon längst untergegangen und eigentlich hatte ich ihr versprochen, spätestens um sechs zurück zu kommen. "Scheiße!", entfuhr es mir und ich rappelte mich hastig auf. "Ich hab total die Zeit vergessen".

Sein Blick ließ mich inne halten. Er verhieß mit Sicherheit nichts Gutes. "Was ist los?". Er musterte mich besorgt: "Keine Ahnung, aber Remus und Prongs sind schon seit Stunden weg". Nun begriff auch ich. Meine Müdigkeit war verschwunden. "Suchen wir sie!".

Kurz darauf, liefen wir nebeneinander in Richtung der Eulerei. Nirgends gab es auch nur den Hauch einer Spur von den Beiden. Schließlich traten wir den Rückweg an, weil Sirius auf die Idee gekommen war, auf der Karte des Rumtreibers nachzusehen. Ich folgte ihm also in den Schlafsaal der Jungen und suchte gemeinsam mit ihm jeden Winkel nach dem schlichten Pergament ab. Aber genau hier lag der Haken: äußerlich konnte man kaum einen Unterschied zu einem gewöhnlichen Schreibpapier feststellen.

Zu allem Überfluss versteckte James sie aus eben diesem Grund (es lebe seine Paranoia) für gewöhnlich zwischen seinen Hausaufgaben. Als wäre das nicht genug, war ihr Zimmer (das ganz nebenbei fünf bezogene Betten auf wies. Die arme Sau, die mit ihnen hier zu schlafen hatte wusste sicher besser, als jeder Andere, wie sich ein fünftes Rad am Wagen fühlte) eine einzige Unordnung. Jeder schien sein Schulzeug einfach durch die Gegend zu werfen.

Trauriger Weise machte das Sirius in meinen Augen noch perfekter, da ich die selbe Einstellung in Sachen Ordnung hatte: ich kam problemlos ohne klar!

Plötzlich stieß er einen Siegesschrei aus und tippte mit dem Zauberstab auf ein Stück Pergament in seinen Händen, um es zum Leben zu erwecken.

Everybody needs enemies  (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt