Kapitel 43: Auf in den Kampf

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Kapitel 43: Auf in den Kampf

Als ich mich an diesem Abend auf den Weg nach Hause machte, begleitete Sirius mich. Erstens, damit ich mich im Dunkeln nicht verirrte und/oder vergewaltigt und ausgeraubt wurde. Zweitens, um meine Mutter zu besänftigen. Irgendetwas sagte mir, dass sie ihn mögen würde. Wenn er wollte, konnte Sirius nämlich ziemlich höflich und diplomatisch sein, etwas, das meine Eltern sehr schätzten. Zudem nahm er doch ein gewisses Risiko auf sich, schließlich war es streng verboten zu solch später Stunde das Haus zu verlassen. Für alle Fälle hatte er sowohl James' Tarnumhang, als auch die Karte des Rumtreibers mitgenommen und in einem der Geheimgänge deponiert, die aus dem Schloss herausführten.

"Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?", fragte ich unsicher und sah mich stirnrunzelnd in der Dunkelheit um. "Ja", erwiderte er. "Jedenfalls, wenn du mir die richtige Adresse genannt hast". Hoffentlich! Mein Gedächtnis war leider nicht das Beste: "Ich bin mir zu 50 Prozent sicher, dass es der Bäckerweg war!".

Er schüttelte grinsend den Kopf und reichte mir seinen Arm, sodass ich mich bequem bei ihm unterhaken konnte: "Man könnte also auch sagen, dass du dir zu 50 Prozent unsicher bist".
"Alles eine Frage der Einstellung! Oh, da drüben ist es". Ich deutete auf eine schmale Tür, die ich eindeutig an dem grünen Knauf wiedererkannte.

Rasch steuerten wir darauf zu und ich fummelte einen Schlüssel aus der Jackentasche. "Vielleicht sind sie auch schon eingeschlafen und ich kann mich in mein Zimmer schleichen", murmelte ich hoffnungsvoll, aber schon nachdem ich die Tür geöffnet hatte, zerplatzte mein Wunsch, wie eine Seifenblase.

"Olivia Withaker! Hast du eine Ahnung, was für Sorgen wir uns gemacht haben?", zeterte Mom, die mit erhobenem Zeigefinger in der Diele auf mich gewartet hatte. Sie war noch recht jung, auch wenn man ihr ansah, dass sie ihre besten Jahre hinter sich hatte. Genau wie ich, war sie eher kleiner gebaut, wobei sich bei ihr bereits kleine Speckröllchen unter ihrem Kleid abzeichneten.

Ihre hübschen, blauen Augen sprühten förmlich Funken und bemerkten Sirius erst, als er vortrat und ihr die Hand reichte: "Guten Abend, Mrs. Withaker, ich bin Sirius Black, freut mich sehr, sie endlich kennenzulernen". Charmant lächelte er Mom an, die den Händedruck perplex erwiderte und ihn dann warm anstrahlte: "Es gibt also doch noch junge Männer mit Manieren! Nora, und die Freude ist ganz auf meiner Seite".

Dann wandte sie sich wieder an mich und bedachte mich mit einem wütenden Blick: "Wir sprechen uns noch, junges Fräulein!". Sie nahm Sirius an der Schulter und führte ihn in die Küche: "Kann ich dir eine Tasse Tee anbieten, mein Lieber?". Mich ließ sie unbeachtet zurück und ich war mir nicht sicher, ob ich froh darüber sein sollte, dass sie mich nicht in der Luft zerfetzte oder verletzt, weil sie mich einfach ignorierte und meinen Nicht-fester-Freund-aber-mehr-als-nur-ein-Freund ihrer Tochter vorzog.

Ich entschied mich für die erste Variante und folgte den Beiden. Wie immer roch es angenehm nach Lavendel und Kernseife, womit meine Mutter die Fenster zu putzen pflegte. Auf dem Tisch standen Kekse, die von Weihnachten übrig geblieben waren und im Kamin kochte Kamillentee vor sich hin. "Ich hoffe, du magst Tee", sagte Mom, während sie durch das Zimmer schwirrte, und Tassen, Honig und etwas Milch aus den Küchenschränken hervorholte. "Olivia sträubt sich schon jahrelang dagegen, obwohl ich bei aller Bescheidenheit behaupten darf, dass ich den besten Tee auf der nördlichen Erdhalbkugel mache". Sie drückte ihn mit sanfter Gewalt auf einen Stuhl.

Schmunzelnd sah Sirius mich über den Tisch hinweg an und ich ließ mich etwas peinlich berührt neben ihm nieder. "Mom, ich glaube Sirius hätte lieber Kaffee. Außerdem muss er wieder ins Schloss, wenn er nicht für den Rest seines Lebens nachsitzen möchte". Er winkte nur hinterlistig ab: "O nein, ich liebe Tee und die Zehn Minuten machen jetzt auch keinen Unterschied mehr".

Innerlich wappnete ich mich gegen jedes Szenario, angefangen bei der Vorführung alter Babybilder, die mich als nacktes Neugeborenes zeigten, über peinliche Geschichten aus meiner Kindheit (zum Beispiel mein neunter Geburtstag. Wahrlich nichts woran ich mich gerne erinnerte) bis hin zu einer Partie Scrabble, was stets in einem Streit endete. Als Mom auch noch los eilte, um meinen Dad hinzu zu holen, brach mir der Angstschweiß aus und ich konnte nicht fassen, wie ruhig Sirius blieb.

Obwohl ich mit allen Mitteln versuchte, ihn davon zu überzeugen nach Hogwarts zurück zu kehren ("Ehrlich, du könntest einfach verschwinden, wir haben eine Hintertür!"), nippte er lediglich provokant an seinem Tee und sagte: "Nur keine Umstände, deine Mutter ist doch nett".

So sehr ich ihn in den letzten Wochen auch lieb gewonnen hatte, so gerne, wollte ich ihm jetzt einen breiten Streifen Klebeband über den Mund pappen und ihm Watte in die Ohren stopfen. Am besten verband ich ihm noch die Augen, sodass er nichts mehr hörte, sah oder sagte, dass mir zum Verhängnis werden konnte.

"Sieh nur wer da ist, John!", plapperte Mom, als sie meinen Vater in die Küche führte. "Olivias...na, was denn eigentlich?". Und da war sie auch schon. Peinliche Situation Nummer eins.

"Ähm...", stammelte ich und sah mich hilfesuchend nach Sirius um. Der machte keinerlei Anstalten mir zu Hilfe zu komme, sondern schaute mich ähnlich interessiert an, wie meine Eltern. Wunderbar! "Ich muss pinkeln", rief ich aus, sprang von meinem Stuhl auf und hastete an den Anderen vorbei ins Badezimmer.

Nachdem ich die Tür abgeschlossen hatte, sank ich auf den Wannenrand und wünschte mir nichts sehnlicher, als dass ich mich damals doch zum Apparierkurs angemeldet hätte. Kurz überlegte ich, aus dem Fenster zu springen, aber ich hatte vor noch eine ganze Weile auf dieser Erde zu weilen.

Ich atmete tief durch und konzentrierte mich. Keine Panik! Es gibt nichts, was sich nicht lösen lässt! Leider war ich noch nie sonderlich gut darin gewesen, Konflikten gegenüber zu treten. Schließlich fasste ich den Entschluss, die pikanten fragen einfach zu ignorieren, ihnen aus zu weichen oder von ihnen abzulenken. Das war zwar nicht der beste Plan, den ich je geschmiedet hatte, aber besser, als mich stundenlang auf dem Klo einzuschließen.

Mit gestrafften Schultern drückte ich die Klinke hinab. Na dann, auf in den Kampf!

Everybody needs enemies  (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt