Kapitel 33: Der Tollpatsch und der Aufreißer

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Kapitel 33: Der Tollpatsch und der Aufreißer

Als er meine Hand nahm und mich in die Raummitte führte, fühlte ich mich seltsam. Nachdem er dann seine andere Hand sanft an meine Taille gelegt hatte und die Musik einsetzte, konnte ich den Blick nicht von seinen Augen lösen.

Das Grau schien mich festzuhalten, mir Halt zu geben, sodass ich kaum merkte, wie die Musik einsetzte und wir uns im Takt dazu bewegten. Er führte mich und plötzlich fiel es mir ganz leicht. Ich hatte das Gefühl zu fliegen ohne den Boden zu verlassen. Auch wenn seine Hand nicht so weich war, wie die von Steward, passte sie perfekt in meine und brachte meine Haut zum prickeln.

Ich vergaß völlig, dass Patricia am Rand stand und wütend mit dem Fuß aufstampfte oder wie Lily James anstupste und auf mich zeigte. Ich sah nichts außer ihm.

Auch Sirius ließ mich keinen Moment aus den Augen und irgendwie fühlte es sich zwischen uns anders an. Wärmer.

Die Bewegungen, die meine Beine vollbrachten fühlten sich völlig natürlich an. Leicht hob er seine Mundwinkel und wie ein Spiegel tat ich es ihm gleich. Wir lächelten uns an und etwas leuchtete in seinen Pupillen, das mir zuvor nie aufgefallen war.

"Du siehst wunderhübsch aus",meinte er mit rauer Stimme. Ich spürte, wie Röte in mir aufstieg: "Das ist nur dem Kleid und Sarahs Schminkkünsten zu verdanken".

So wenig ich Stewards Komplimente gemocht hatte, so richtig erschienen sie mir, wenn sie aus Sirius' Mund kamen. Grinsend deutete er ein Kopfschütteln an: "Nein, du siehst immer schön aus!".

Weil ich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte, blieb ich einfach still und genoss den Moment. Seine Finger drückten meine Hand fester und mir wurde noch wohler zu Mute. Ich hatte nie geglaubt, dass man die Zeit anhalten konnte, aber genauso kam es mir vor. Als ob nichts mehr wichtig wäre, außer diesem Tanz.

Mitten im Lied stoppte er in der Bewegung: "Komm mit!". Rasch schlängelten wir uns durch die Menge und schlüpften durch das Tor der großen Halle hinaus auf den Korridor. Wir erklommen die Stufen der steinernen Treppe und ich lehnte mich gegen die kühle Wand, glücklich über die Erfrischung. In den letzten Minuten schien sich mein Körper aufgeheizt zu haben: "Ich wusste nicht, dass du so gut tanzen kannst".

Er ließ sein schönes Lachen erklingen: "Mein Vater hat es mir beigebracht. Du warst auch nicht schlecht!". Mit gerunzelter Stirn dachte ich an O'Brian: "Ich schätze Steward sieht das anders".

"Steward ist ja auch eine absolute Flasche!".

"Und ein Weichei", ergänzte ich. Auf einmal berührte er mit seiner Hand meine Schulter und strich vorsichtig über die weiche Haut: "Du bist schön, Olivia". "Das sagtest du schon", es sollte leicht und belustigt klingen, aber stattdessen war es mehr ein Flüstern. "Ja, aber ich wollte es nochmal sagen".

Und dann sah er mir tief in die Augen, legte eine Hand an meine Wange und schloss die Lücke zwischen uns mit seine weichen Lippen. Im ersten Moment war ich überrascht, dann überfordert und schließlich ließ ich mich komplett in den Kuss fallen und erwiderte ihn.

Ich konnte einfach nicht anders, als in seine Haare zu greifen und mich mit den Fingern an seinem Nacken fest zu halten. Die Lieder hatte ich längst geschlossen und die Musik ausgeblendet.

Es war mein erster Kuss und es war ganz anders, als ich es mir ausgemalt hatte. Nicht komisch oder nass, sondern sanft und lodernd zu Gleich. Sirius entwich ein Stöhnen, während er mich noch dichter an sich zog.

Ich wollte es nicht beenden, aber mir wurde die Luft knapp. Ein Problem, das ich noch nicht einmal in Betracht gezogen hatte. Keuchend löste ich mich von ihm und schlug die Augen auf.

Ich bemerkte, dass seine Wangen glühten und seine Pupille riesig geworden waren. Genau wie ich rang er nach Luft und packte dann meinen Kopf, um mich noch fordernder zu küssen, als vorher. Ich versank in diesem beflügelnden Gefühl und meine Gedanken wurden zu rosaner Zuckerwatte.

Es wäre perfekt gewesen, wenn mich nicht in diesem Moment jemand an der Schulter berrührt und abfällig: "Jede Andere wäre glücklich gewesen mit mir hier zu sein" gemurmelt hätte.

Erschrocken fuhren wir auseinander und sahen Steward, der missbilligend vor uns stand: "Ach ja, dein Lippenstift ist verschmiert. Sieht scheiße aus!".

Sirius lachte nur kurz auf und drückte erneut seinen Mund auf meine Lippen, diesesmal allerdings nur kurz. Direkt vor den Augen von Steward O'Brian. "Verpiss dich!".

"Also...das ist echt...eine Unverschämtheit!", zeterte er bedröppelt und wollte auf dem Absatz kehrt machen. Dummerweise stolperte er dabei und fiel gegen mich. Reflexartig stieß ich ihn von mir.

Mit einem dumpfen Geräusch stürzte er die Treppe hinunter. "Scheiße!", rief ich aus und tauschte einen Blick mit Sirius bevor wir zu dem stöhnenden Steward liefen, der sich mit der sich mit dem Handrücken das Blut von seiner Nase wischte. "Scheiße!", wiederholte ich und half ihm auf. An Sirius gewandt fügte ich hinzu: "Ich denke wir sollten ihn in den Krankenflügel bringen".

"Das solltet ihr allerdings", schnauzte Steward: "Ich verblute". "Glaub mir, zum Verbluten musst du ein kleines bisschen mehr Blut verlieren!", spottete Sirius und ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen.

Erst auf dem Weg zu Madame Pomphrey wurde mur bewusst, was passiert war: Sirius Black, seines Zeichens Aufreißer und Mädchenschwarm, hatte mich, Olivia Withaker, Tollpatsch und Unglücksrabe geküsst. Auf den Mund!

Kurz flammte der Gedanke auf, ob ich für ihn nur ein Zeitvertreib war, aber ich schob ihn so gleich zur Seite. Er hatte mich nicht abgeschlabbert, wie das Bambi oder all die Anderen, sondern geküsst. Und es hatte sich aufrichtig angefühlt!

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Es ist vollbracht!

Everybody needs enemies  (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt