Kapitel 46: Tante Betty und eine Frage, die es in sich hat

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Kapitel 46: Tante Betty und eine Frage, die es in sich hat

Der nächste Tag begann mit einen Brief von meiner Mom. Ich war gerade dabei verschlafen meine Cornflakes zu löffeln, als die Posteulen über die Tische flogen. Instinktiv bedeckte ich meine Schüssel notdürftig mit meiner Handfläche, um deren Inhalt vor möglichen, fliegenden Exkrementen zu schützen.

Statt einer Ladung Eulenkot landete ein schlichter Umschlag vor mir, den ich überrascht öffnete. Ich erwartete eigentlich keine Post, noch war ich in der Stimmung für schlechte Nachrichten.

Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde (wenn auch etwas länger, als sonst...verdammte Müdigkeit) um die Schrift auf dem Pergament als die meiner Mutter zu identifizieren.

Ich überflog die Zeilen am Anfang hastig, stockte aber, als sie den Grund ihres Briefs ansprach. Tante Betty war gestern gestorben.

Zu sagen, ich sei tief traurig wäre gelogen. Ich konnte sie noch nicht einmal leiden. Trotzdem erfüllte mich ihr Ableben mit einer gewissen Betroffenheit.

"Alles okay?", fragte Lily, der wohl mein betrübter Gesichtsausdruck aufgefallen war. "Tante Betty ist gestorben", sagte ich ruhig und griff nach einem der Toasts, um dann nachdenklich darauf herum zu kauen.

"O Nein, das tut mir leid, standet ihr euch nahe?". Mittlerweile hatten auch Alice und Remus bemerkt, dass etwas passiert war. ,,Nein, nicht wirklich. Ehrlich gesagt, fand ich sie ziemlich nervig!". Gleich darauf bereute ich diese Äußerung, schließlich war sie tot und ich wollte nicht respektlos klingen.

,,Sie ist eigentlich ziemlich alt geworden, sogar für eine Hexe! Ich glaube fast 200 Jahre, aber so sicher bin ich mir da auch nicht!". Mein Müsli hatte ich zur Seite gestellt und mir ein zweites Toast genommen, mir war nicht mehr nach Cornflakes zu Mute, ich brauchte etwas Richtiges.

Die Tür der Großen Halle öffnete sich und Sirius kam auf uns zu. Er gähnte unverhohlen und ließ sich neben seinen Besten Freund fallen. Als er die gedrückte Stimmung wahrnahm fragte er spöttisch: "Ist jemand gestorben?"

Alice schürzte die Lippen, Lily sog scharf die Luft ein und Remus war Sirius einen durchdringenden Blick zu. "O verdammt! Es ist jemand gestorben, oder?".

Ich nickte mit vollem Mund: "Meine Tante Betty...du weißt schon: Keks-Tante Betty!". Einen Augenblick lang sah er mich verständnislos an, dann erinnerte er sich: "Scheiße, Liv, das tut mir leid!". Aus seinen Augen sprach ehrliches Mitgefühl, was mir sogleich ein schlechtes Gewissen bescherte, weil ich das Gefühl hatte das überhaupt nicht zu verdienen.

"Es geht mir gut, ehrlich. Ich hab sie nur einmal im Jahr zu ihrem Geburtstag gesehen, das ist alles!".
Ich fühlte mich unbehaglich, alle Augen lagen auf mir, bis Sirius schließlich schief lächelte: "Okay".

Das restliche Essen verlief wie ich es gewohnt war. Wir scherzten, wechselten uns mit dem Tagespropheten ab und lasen ihn schweigend und mit sorgenvoll gerunzelter Stirn. Trotzdem fieberte ich dem Ende entgegen. Denn ein kleines Detail in dem Brief meiner Mutter hatte ich verschwiegen.

Als alle satt waren und wir uns auf den Weg zu Zaubertränke machten, ließ ich mich mit Sirius zurückfallen und zog ihn dann in eine Nische. "Olivia? Wenn du über Nacht zu einem psychotischen Mörder mutiert bist und mich abstechen willst, wäre ich dir dankbar, wenn du damit bis zum Ende des Tages warten würdest!".

"Unsinn, du Spinner. Ich muss mit dir reden!", sagte ich schmunzelnd. Sirius spannte sich an: "Okay. Ich meine, ich hatte gehofft wir könnten das ein wenig herauszögern, aber wahrscheinlich hast du Recht!".

Warte...was?

"Also", fuhr er fort: "Willst du es mit mir versuchen? Diese Paarsache, meine ich?". Zuerst starrte ich ihn nur perplex an, dann öffnete ich meinen Mund, jedoch ohne das ein Ton herauskam. Sirius fasste das wohl völlig falsch auf, denn er begann plötzlich verlegen zu stammeln: "O Scheiße! Das...ähm...das war zu früh oder? Ja...ähm...dann...entschuldige!".

Er wollte sich umdrehen und gehen, aber ich hielt ihn zurück: "Habe ich dich gerade richtig verstanden? Du...also, du fragst mich, ob ich deine feste Freundin sein will?". "Ist das so abwegig?", fragte er unsicher: "Ich will dich ja nicht gleich heiraten und ich verstehe auch, wenn du es erst noch geheim halten willst, aber ich würde gern wissen ob das funktioniert, verstehst du? Sieh es meinetwegen als Experiment!".

Krass! Dieses Gespräch war an irgendeinem Punkt eskaliert und ich war viel zu verwirrt und langsam im Denken, als dass ich sagen könnte, ob ich das gut oder schlecht fand. "Eigentlich wollte ich gar nicht darüber mit dir reden...Na ja...schon, aber nicht jetzt", ich schämte mich für mein lahmes Gestammel und hätte mich am liebsten einfach in Luft aufgelöst.

"Meine Mom hat geschrieben, dass sie sich freuen würde, wenn du mich zur Beerdigung am Wochenende begleiten könntest". Jetzt war er an der Reihe mit dem verwirrt sein: "Echt jetzt?". Ich nickte bekräftigend und glaubte zu erkennen, wie seine Brust vor stolz ein wenig anschwoll, aber vermutlich war das nur das Licht.

"Ich kann natürlich nachvollziehen, wenn du keine Lust hast, schließlich kennst du dort ja niemanden, aber es wäre schön jemanden dabei zu haben!". Sirius' Mundwinkel hoben sich: "Ich kenne dich!".

Schmunzelnd sah ich zu ihm auf: "Ist das ein Ja-ich-komme-gerne-mit oder ein Ich-mag-dich-aber-ich-habe-echt-keine-Lust?".

"Das war ein Es-ist-mir-eine-Ehre!".

Als wir in den Unterricht gingen, spürte ich noch immer die Präsenz seiner Frage über diese Pärchensache in der Luft und ich wusste, dass ich ihm eine Antwort schuldig war, aber ich brauchte noch Zeit darüber nachzudenken.

Den ganzen Tag war ich deswegen abgelenkt und ich versaute zuerst meinen Zaubertrank und ließ danach ausversehen meine Alraune in Kräuterkunde fallen.

Alice und Lily fragten mich einige Male, ob es mir den gut gehe, aber vermutlich schoben sie meine Ungeschicklichkeit auf Bettys Tod.

Sirius ging ich so gut es ging aus dem Weg und er akzeptierte es. Er wusste sehr genau, was der Grund war und gab mir die Zeit die ich brauchte.

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Sagt mir gerne wie es euch gefallen hat! Man liest sich...

Everybody needs enemies  (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt