Kapitel 47: Eine Überraschung, Hundesabber und Dad

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Kapitel 47: Eine Überraschung, Hundesabber und Dad

Das Wochenende kam schneller als erwartet und die Beerdigung rückte unausweichlich näher. Sirius traf sich mit mir im Gemeinschaftsraum, von wo aus wir nach Adelaide reisen würden. Das Flohpulver stand bereit und langsam kam Freude darüber in mir auf, dass ich meine alte Heimat wiedersehen würde.

In Australien dürfte es zu dieser Jahreszeit relativ warm sein, weshalb ich nur ein kurzes, schwarzes Kleid ohne Ärmel trug. Sirius würde in seinem schweren Anzug vermutlich leiden müssen.

"Es ist so schön zu Hause, wirklich! Das Wetter mag ich zwar in Großbritannien mehr, Hitze ist einfach nicht mein Fall, aber die Natur dort ist so wunderschön!", schwärmte ich. Er betrachtete mich einen Augenblick lang und lachte dann schallend.

"Was ist los?". Er grinste breit und nahm sich eine Hand voll Pulver. In seinen Augen funkelte der Schalk: "Nichts", mit einem großen Schritt trat er in den Kamin: "Es ist nur so, dass dein Akzent durchkommt wenn du über Australien redest". Dann ließ er das Flohpulver fallen, rief "Adelaide" und verschwand in den grünen Flammen.

Kurz blieb ich beleidigt stehen, dann tat ich es ihm nach und folgte ihm an das andere Ende der Welt.

Das erste was mir auffiel war die Temperatur. Es war heiß, verdammt heiß. Das Zweite war unser altes Haus. Die Holzfassade sah noch genau so aus, wie vor ein paar Monaten und selbst der Garten war von meiner Tante Amelie in einwandfreiem Zustand gehalten worden.

Nachdem wir uns entschlossen hatten auszuwandern, war Amelie eingezogen, um sich um das Anwesen zu kümmern. Sie hatte sowieso ein größeres Haus kaufen wollen, da sie plante Kinder zu bekommen. Dafür war die Zweizimmerwohnung, in der sie mit ihrem Freund Shawn gelebt hatte, definitiv zu klein.

Sirius stand bereits am Zauntor und begutachtete fasziniert die flatternden Zierschmetterlinge aus Papier, die seit ich denken konnte über dem Briefkasten umherschwirrten. "Gefällts dir?", fragte ich strahlend vor Wiedersehensfreude und ließ ihm keine Zeit zum antworten. Stattdessen zog ich ihn mit mir auf die Veranda und von dort durch die Haustür in die Küche.

Meine Eltern, Tante Amelie, Shawn und der Labradormischling Grover saßen am Esstisch und plauderten vergnügt miteinander. Als sie uns bemerkten sprang Amelie auf und zog mich in eine herzliche Umarmung. "Es ist so schön dich wiederzusehen", sagte sie in breitem Akzent und wandte sich dann an Sirius. "Meine Schwester hat schon so viel von dir erzählt, es freut mich sehr dich endlich kennen zu lernen!". Sie drückte ihn fest an sich und ich hätte schwören können, dass ich gehört hatte wie eine seiner Rippen brach.

Für Grover hatte ich beim Frühstück etwas Pastete mitgehen lassen, wofür er sich schwanzwedelnd bedankte, indem er mir einmal quer übers Gesicht leckte. Grover war zwar der treuste Hund, den ich kannte, aber Sabber war auch abstoßend, wenn er von ihm kam.

"Wo jetzt alle von euch da sind, müssen Shawn und ich wohl damit rausrücken!". Ihr Freund stellte sich hinter sie und legte liebevoll einen Arm um ihre Schultern. Aufgeregt kramte sie eine Art kleines Kärtchen aus den Tiefen ihrer Jeans, faltete es auseinander und hob es vor sich.

Wie gewöhnlich, brauchte ich einen Moment, um zu verstehen was meine Tante uns da zeigte. Erst als Mom ihrer Schwester um den Hals fiel und gratulierte, begriff ich.

Endlich würde sich die Größe des Hauses bezahlt machen.

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Tante Bettys Sarg war pechschwarz und ich war mir sicher, dass sie selbst diesen Wunsch im Testament geäußert hatte. Wir saßen in der letzten Reihe, weshalb wir Mühe hatten zu verstehen was der Pfarrer sagte.

"Liebe Trauergäste! Heute bedauern wir den Tod von Bethany Augusta Mary Turner", sein untersetzter Körperbau erlaubte es ihm gerade so über die Brüstung der Kanzel zu schauen, von der aus er seine Predigt hielt. Er redete von Gottes Plan und langer Lebenszeit, bis er schließlich die Gemeinde dazu aufrief auf zu stehen und das Vaterunser zu beten.

Bei "Geheiligt werde dein Name" war nichts außer der sonoren Stimmen zu hören, die mit gefalteten Händen die altbekannten Worte murmelten. Erst bei "Und führe uns nicht in Versuchung" hörte ich ein lautes Pochen an der Kirchentür. Einige drehten den Kopf in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Dann steigerte es sich zu einem Hämmern. Mit "und die Herrlichkeit in Ewigkeit" zerbarsten die bunten Kirchenfenster und das Chaos brach los.

Ich brauchte ein paar Augenblicke bis ich die grünen Blitze richtig zuordnen konnte, dann fokussierten sich all meine Gedanken auf die Flucht. Um mich herum splitterte Holz und überall lagen Scherben und Staub.

Die wenigen Muggle unter den Gästen suchten ängstlich Schutz hinter dem Altar, die Hexen und Zauberer versuchten sich so gut es ging zu verteidigen.

Panisch hielt ich Ausschau nach meiner Familie und Sirius, die ich im Gedrängel verloren hatte und konnte gerade noch verhindern, dass mich ein grüner Blitz mitten ins Herz traf.

"Olivia!", schrie jemand durch die Schreie. Ich sah mich nach dem Rufenden um und ließ mich zu Boden sinken, um einem weiteren Fluch aus zu weichen. Drüben bei dem steinernen Taufbecken erkannte ich meinen Vater, der mir geduckt zu rief: "Ihr müsst verschwinden! Deine Mutter bringt uns schon hier raus!".

"Nein!", kreischte ich verängstigt: "Ich gehe nicht ohne euch!". Von hinten griff jemand meine Schulter. Es war Sirius, der sich bemühte mir den Rücken frei zu halten.

"Doch das wirst du!", sagte Dad bestimmt. Verzweifelt schrie ich über den Lärm hinweg: "Es gibt hier noch nicht mal einen Kamin!". Er nickte wissend: "Ihr müsst apparieren".

Nun war die Lautstärke um uns herum beinahe ohrenbetäubend: "Ich kann nicht apparieren, verdammte Scheiße! Ich bin bei der Prüfung durchgefallen". Hinter mir vernahm ich Sirius' Stimme: "Aber ich". Er warf Dad eine Blick zu, der ihm dankbar zunickte. "Nimm meinen Arm, Liv!", meinte er ruhig.

Ein letztes Mal sah ich meinen Vater an und versuchte keinen Abschied in den Blick zu legen. Ich würde meine Eltern wiedersehen, daran hielt ich fest. "Wir geben euch Bescheid, sobald wir in Sicherheit sind, Olivia! Wir lieben dich!".

Schwerfällig streckte ich die Hand aus und hielt mich an Sirius fest. Kaum berührte ich den Stoff seines Anzugs, verstummte der Lärm und alles war leise.

Everybody needs enemies  (Rumtreiber ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt