#1 | Ein Vogel in einem goldenen Käfig

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Dennis aka Kostas

Die Menschen rannten hektisch an meinem Fenster vorbei. Kinder kamen von ihren Freunden nach Hause.
Wie jeden Tag saß ich in meinem Zimmer vor dem Fenster und beobachtete die fremde Welt da draußen. Jede einzelne Person ging ihrem Alltag nach: Einkäufe erledigen, arbeiten oder die Schule besuchen. Mein Alltag war anders, denn ich verließ nie das Haus meiner Eltern. Der Grund? Meine Eltern hatten Angst, dass mir außerhalb der Mauern etwas passieren könnte. Ich verstand dies irgendwie, akzeptierte ihre Angst... und fand es trotzdem Scheiße. Mein Alltag hatte keine wirkliche Abwechslung. Ein Privatlehrer unterrichtete mich und kam dafür zu uns nach Hause. Ab und zu besuchten uns die Familie. Freunde gab es bei mir nicht. Meine Beschäftigungen, um mir die Zeit zu vertreiben? Musik hören, aus dem Fenster schauen und Leute beobachten, Schach spielen, Bücher lesen, Videos auf YouTube und Fernsehen schauen, da dies noch die einzigen Drähte zur Außenwelt waren, für meinen "Unterricht" lernen, da es leider Gottes auch bei mir Noten gab, Sport, weil es in diesem Haus wenigstens einen kleinen "Fitnessraum" gab und manchmal half ich meiner Mutter in der Küche. Auf Dauer wurde alles schnell langweilig, deswegen freute ich mich umso mehr, wenn Feierlichkeiten vor der Tür standen, zum Beispiel Weihnachten, Ostern oder mein Geburtstag, obwohl man sich vorstellen konnte, dass ich meinen Geburtstag nur mit der Familie feierte. Wenn jemand anderes aus meiner Familie Geburtstag hatte, wurde bei uns gefeiert, egal ob es nun meine Tante, mein Cousin oder meine Cousine waren.
Meine Mutter öffnete die Zimmertür und unterbrach meine Gedankengänge. "Dennis? Kommst du zum Essen?" Ich rief ein einfaches "Jaa!" zurück. Dann stand ich auf, blickte noch ein letztes Mal zum Fenster und lief aus meinem Zimmer in Richtung Küche. "Dein Vater ist noch arbeiten", erklärte meine Mutter, als ich mich an den gedeckten Esstisch setzte. "Lass es dir schmecken", fügte sie noch hinzu, was ich mit einem Nicken kommentierte.

...

Nach dem Essen half ich meiner Mutter beim Tischabräumen und Abwasch. Dies war auch schnell erledigt und ich verzog mich wieder in mein Zimmer.
Das Licht der untergehenden Sonne tauchte mein Zimmer in einen goldenen Schein. Der Anblick faszinierte mich und wie im Trance schloss ich die Tür hinter mir und betrachtete dann den - durch die Luft
tanzenden - Staub, welcher glitzerte.
Für manche Menschen war dieser Moment vielleicht ganz normal, doch ich erlebte sowas nur durch das Fenster.
Seufzend setzte ich mich wieder auf die Fensterbank.
Irgendwann werde ich dieses Haus verlassen, spätestens wenn ich 18 Jahre alt war, was noch 3 Jahre dauerte.
Ich nahm mein Handy, steckte meine Kopfhörer rein, welche ich mir dann auch in die Ohren stöpselte, und schaltete die Musik an.
Wie so oft dachte ich wieder nach. In meinem Leben hatte ich so viel verpasst.
Ich konnte kein Fahrrad oder Longboard fahren, auch nicht schwimmen.
Es gab so vieles, was für Jugendliche in meinem Alter wie selbstverständlich war, doch nichts davon kam für mich in Frage, zumindest jetzt noch nicht. Der Grund? Meine Eltern. Was sonst?
Mittlerweile sah man am Horizont nur noch wenige Sonnenstrahlen, doch die Sonne an sich war schon untergegangen.
Nur wenige Menschen liefen jetzt noch auf den Straßen herum. Wahrscheinlich saßen die meisten Leute jetzt mit ihren Familien bei sich Zuhause auf der Couch und schauten irgendeinen Film.
Früher hatte ich das auch oft mit meinen Eltern getan, aber damals fühlte ich mich auch nicht wie ein kleiner Vogel in einem goldenen Käfig. Hier, im Haus, hatte ich alles, was ich brauchte, aber trotzdem wollte ich raus, frei sein und die Welt sehen. Ich wollte reisen, neue Leute kennenlernen und mehrere Sprachen sprechen können. Nur würden meine Eltern diesem Vorhaben nie zustimmen. Es war einfach zum Jammern. Sie waren zwar meine Eltern und wussten wahrscheinlich auch was gut für mich war und was nicht. Irgendwie konnte ich sie auch verstehen. Aber sollten die eigenen Kinder nicht glücklich sein?

Das war der allererste Teil dieser Geschichte.

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Abgegrenzt von der Außenwelt || Kostory FFWhere stories live. Discover now