65- Das Dach

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Selina ließ ihre Beine über den Rand des Daches baumeln und zog wütend an ihrer Zigarette.

Masons Handy war weg. Jemand hatte es geklaut, und es war nicht Isaac gewesen.

Jedenfalls sagte er das. Und woher hätte er auch davon wissen können? Sie hatte niemandem etwas darüber erzählt, und außerdem sah es nicht so aus als kenne Isaac viele Menschen die ihm etwas erzählen würden.

Er redete mit niemandem, ab und zu nur mit Alex und Max, und das waren meistens Streits oder es ging um die Schule.

Wer hätte es noch klauen können? Und warum?

Es war eigentlich recht neu, aber voller Kratzer und das Display war zersplittert.

Warum sollte jemand so ein Handy kaufen wollen?

Die Glut ihrer Zigarette kam gefährlich nahe an ihre Finger und fluchend ließ das Mädchen den Stummel fallen.

Er landete vier Stockwerke unter ihr auf dem Schulhof.

Es war erstaunlich einfach gewesen, dem Hausmeister den Schlüssel zu klauen, aber es hatte sich gelohnt.

Hier oben war sie alleine, und es war ruhig.

Die Tür zum Dach öffnete sich und sie seufzte genervt.

Selina war wirklich nicht lange alleine gewesen.

Leise Schritte näherten sich, und dann setzte sich Max neben sie, wortlos wie immer.

"Max, ich bin gerade wirklich- Bitte. Geh einfach.", bat sie ihn und fuhr ich mit einer Hand erschöpft durchs Haar. 

Blätter raschelten, und der Junge hielt ihr seinen Block hin.

Was ist los?

Selina lachte kurz auf. Dann sah sie ihm in die Augen.

Seine Augen waren blau wie immer, sie waren offen und ehrlich.

"Jemand hat das Handy meines Bruders geklaut.", erzählte sie, und sah sich die Häuserdächer  unter sich an.

Das Kratzen des Stiftes über Papier, dann: Bruder?

"Ja, ich habe einen Bruder. Ich meine, ich hatte. Das Handy war alles was ich noch von ihm besaß, und jetzt hat es irgendjemand geklaut.", flüsterte sie und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.

Sie wollte nicht weinen, sie war jetzt stark, sie war jemand anderes, jemand besseres.

Max rückte näher an sie heran, und legte einen Arm um ihre Schultern.

Selina drückte ihre Wange an seine Brust.

"S-S-Schon Oka-ay.", stotterte der Junge und tätschelte ihr unbeholfen den Rücken.

Es war so lächerlich, dass sie lachte, und er auch.

"Danke Max.", murmelte sie und schloss ihre Augen.

Max gab nur ein ihr zustimmendes Geräusch von sich.

Sie saßen noch länger auf dem Dach, selbst als die Schulglocke schon klingelte.

We are all perfect, we are all going to dieWhere stories live. Discover now