14- Bald

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Bald war Max raus aus dieser beschissenen Schule, und dann war er frei. Noch dieses Jahr, noch dieses eine Jahr.

Der Tag war fast rum, nur noch eine Stunde. Eine Stunde Englisch. Juhuu. Dann konnte er nach Hause. Doppel-Juhuu.

Aber...er musste nicht nach Hause, er könnte einfach irgendwo anders hingehen.

Max kannte die Stadt besser als jeder andere, er wanderte oft herum, wenn er nichts zu tun hatte, und das traf auf fast jeden Tag zu.

24/7.

Er wusste wann wo die Polizei patroulierte, und wann Schichtwechsel war. Er wusste, wo die richtig großen Partys waren, und wo die Junkies sich sammelten.

Niemand beachtete ihn. Es war schon merkwürdig, wenn du nicht redest, vergessen die meisten, das du da bist.

Und Max war nicht wirklich auffallen, anders als der Blonde, der vor ihm saß. Isaac.

Max erinnerte sich an ihn von vor einem Jahr, aber er war kaum wiederzuerkennen, jedenfalls nicht vom Charakter her.

Damals war er laut gewesen, er hatte mit den Lehrern diskutiert, immer gelacht und war vollkommen impulsiv. Und schwul, sehr schwul.

Er hatte mit so ziemlich allem geflirtet, das männlich und attraktiv war. Sogar einmal mit Max, aber als er anfing zu stottern, hatte er gelacht und gesagt, er wäre zu jung.

Sie waren fast gleich alt, er war nur ein oder zwei Monate jünger.

Max wurde aus seinen Gedanken gerissen, als ihn ein Stift an der Schläfe traf.

"Man starrt nicht.", sagte Isaac, seine Stimme vollkommen emotionslos.

Max wurde rot und sah weg.

"Hey, du. Hast du nicht zugehört. Partnerarbeit.", seufzte der Blonde genervt und trommelte mit seinen Fingern auf dem Tisch herum.

Max sah ihn an, und zog eine Augenbraue fragend hoch.

"Was? Kannst du nicht reden? Gott, sie haben mir den Idioten aufgehalst. Na super, das hebt meine Laune ja so.", schnaubte er wütend.

"I-I-Ich B-Bin Nic-cht stumm.", stieß Max hervor, und Isaac sah ihn überrascht an.

"Es kann sprechen. Oder so.", bemerkte er trocken. "Wir sollen übrigens zusammen eine Fotocollage machen. Über irgendetwas. Wir müssen uns ein Überthema aussuchen, und jeder zwei Unterthemen.", erklärte er dann.

Max schloss seine Augen kurz, und seufzte.

"Also, stotternder Junge, dessen Namen ich nicht kenne, ich werde dich Stotterer nennen. Welches Thema wollen wir nehmen? Und schreib es lieber auf, das dauert immer noch nicht so lange, als wenn du redest."

Ich mochte ihn lieber, als er noch mit mir geflirtet hat, dachte Max.

Dann nahm er Zettel und Stift, und überlegte.

Was für ein Thema?

Er dachte an seinen Vater, und schrieb ein Wort auf.

Gewalt.

Isaac las es, nur sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

"Du hast ernsthafte Probleme, Stotterer. Dann fehlt dir noch eins. Oder das als Überthema?"

Max schüttelte den Kopf und deutete mit dem Finger nach unten.

Isaac nickte, und überlegte. "Homophobie und Hass, habe ich beides Zuhause."

Max schrieb sein nächstes Wort auf, Drogen.

Isaac sah es, und schnaubte. "Das sind also unserer Themen: Gewalt, Drogen, Hass und Homophobie. Was ist unserer Überthema: die Scheiße ist am Kochen?"

Max schrieb das dritte Wort auf.

Schmerz.

Isaac sah es an, und rieb sich den Arm. "Schmerz. Schmerz passt. Wir sind die Emo-Gruppe, kleiner Stotterer. Wenn wir das abgeben, wird meine Mutter vermutlich zum Gespräch gebeten."

Max nickte, und die Schulglocke beendete den Unterricht.



We are all perfect, we are all going to dieWhere stories live. Discover now