„Wie ist es gelaufen, Alter?", fragte Max und klappte das Buch vorsichtig zu. James verzog niedergeschlagen das Gesicht und schüttelte den Kopf.

„Waren denn wirklich alle so schlecht?" James nickte und vergrub sein Gesicht in den Händen.

„Du steckst mächtig in der Scheiße, Mann!"

„Als ob ich das nicht wüsste!", knurrte James gereizt. Er sah sich im Gemeinschaftsraum um, nur um zu merken, dass sie allein waren. Er wusste nicht so genau, warum er es tat, aber er stand auf, holte die Liste unter dem Sessel hervor und besah sich die Punkte erneut, nicht ohne zu bemerken, dass zwei neue Gründe erschienen waren.

30. Es wird bei jedem Wetter auf das härteste trainiert, er nimmt keine Rücksicht auf unsere Gesundheit.

31. Er hat eine Menschenkenntnis wie eine nie getragene Socke.

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Julie fühlte sich endlich frei. Sie hatte bis auf die Schule keine Pflichten, musste kein Training haben, um durch die Luft zu sausen und konnte einfach viel mehr genießen. Auch als sie in der Bibliothek saß und statt Hausaufgaben endlich mal ein gutes Buch las, fühlte sie sich, als könnte nichts besser sein.

„Hey", sprach sie plötzlich jemand von der Seite an, sodass sie erschrocken zusammen zuckte. Ruckartig drehte sie ihren Kopf und blickte in die Gesichter von James' jüngeren Bruder und dessen besten Freund. Sie klappte das Buch zu und drehte sich zu den beiden Slytherins.

„Hallo", erwiderte sie den Gruß, „kann ich irgendwas für euch tun?"

„Eigentlich schon, natürlich nur, wenn du Interesse daran hast, dich an James für den Streich zu rächen", meinte Albus ruhig und sachlich, schließlich ließ er sich neben Julie nieder und Scorpius nahm gegenüber von den beiden Platz.

„Und davon gehen wir aus, nachdem du James damit gedroht hast", fügte Scorpius hinzu.

„Ich weiß ja nicht", sagte Julie unsicher, „schön und gut, wenn jemand es ihm heimzahlt, aber direkt daran beteiligt sein? Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob ich dafür wirklich verantwortlich sein will." Sie sah auf ihre Hände und fühlte sich furchtbar klein im Vergleich zu den Erwartungen der Jungen.

„Denk doch mal daran, was James schon alles getan hat", fing Albus an, „etwas neunzig Prozent davon waren alles andere als in Ordnung und jetzt denk mal darüber nach, in wie vielen Fälle James dafür wirklich büßen musste." Julie dachte kurz nach, doch konkret fiel ihr nichts abgesehen von Nachsitzen ein. Potter hatte nie zu spüren bekommen, was er den Leuten eigentlich antat. Und mit einem Mal spürte sie es wieder, diese unermessliche Wut auf Potter nagte an jedem ihrer Nervenenden und löste das Bedürfnis aus, nach ihm zu schlagen.

„Als Potter uns den Streich gespielt hat, was wolltet ihr da eigentlich von mir?", sprach sie die Frage aus, die sie schon eine ganze Weile beschäftigte.

„Das ist eine etwas längere Geschichte", erwiderte Scorpius, woraufhin Julie sich zurück lehnte und meinte: „Ich hab Zeit." Albus verzog noch einmal kurz das Gesicht, aufgrund des Klischee-Satzes, ehe er anfing zu erzählen, wie Quidditchkapitän Rhys Bloxam anfing zu verzweifeln, da er im Sommer einige Erinnerungen gesammelt hatte, die sehr stark an seiner Seele knabberten. Worum es sich bei diesen Erinnerungen handelte, verrieten die beiden Slytherins nicht. Doch durch Zufall erfuhr Scorpius von Rose Weasley, welche es wiederum von ihrem Bruder Hugo gehört hatte, dass Julie vielleicht die Lösung des Problems sein könnte. Natürlich ließ Albus es nicht aus, darauf herum zu reiten, dass Scorpius bis über beide Ohren in die Weasley verliebt war, sich allerdings nicht traute, es ihr zu sagen, woraufhin Scorpius nun ziemlich rot im Gesicht war. Diese ganze schrecklich ausgeschmückte Geschichte resultierte darin, dass die beiden von Julies Talent für Vergessenszauber Wind bekommen hatten und sie eigentlich darum bitten wollten, Rhys von seiner Erinnerung zu erlösen.

„Das hört sich ziemlich bescheuert an, das wisst ihr schon, oder?", meinte Julie, nachdem die beiden mit ihrer Geschichte geendet hatten. Albus grinste, jedoch auf eine ganz andere Art und Weise als sein Bruder James. Es war schon fast gruselig, wie unterschiedlich die beiden doch waren, nicht einmal das gleiche Lächeln hatten sie, nicht die gleichen Augen, selbst die Haare waren bis auf die Farbe komplett verschieden. In dem Moment freute sich Julie über die kaum vorhandene Ähnlichkeit, denn sonst hätte sie sicherlich den Drang verspürt, Albus einen kräftigen Schlag zu verpassen.

„Die Wahrheit klingt doch immer bescheuert", erwiderte Albus und sah sie erwartungsvoll an.

„Tut mir Leid, ich wende keine Gedächtniszauber an", sagte sie ruhig und beobachtete dabei genau die Gesichter der Jungen, „ich habe mir geschworen, das nie wieder zu machen."

„Das verstehen wir", meinte Scorpius daraufhin und wirkte dabei aufrichtig und doch konnte Julie in seinem und Albus' Gesicht den Hauch von Enttäuschung entdecken.

„Es tut mir wirklich Leid, aber es ist nichts Schönes Leuten seine Erinnerungen zu nehmen, es ist einfach wie Diebstahl und außerdem sollte Rhys, was auch immer er damals gesehen hat, lernen damit umzugehen, dadurch kann er nur stärker werden." Dabei sprach sie aus Erfahrung, schließlich hatte sie ihren dunklen Teil der Geschichte auch nicht aus ihrem Kopf verbannt und gelernt, damit umzugehen.

„Glaub mir, wir können das wirklich nachvollziehen und wir wollen dich auch zu nichts drängen, es war nur eine dumme Idee und eigentlich sind wir jetzt ja auch wegen etwas anderem hier", wechselte Albus das Thema. „Steht dein Wunsch nach Rache noch?"

Julie überlegte einige Zeit, dann nickte sie entschlossen. Sie war mit einem Mal davon überzeugt, dass sie endlich aktiv werden musste, sie konnte sich nicht alles gefallen lassen und deswegen wollte sie Potter zeigen, was es bedeutete, es heimgezahlt zu bekommen. Sie wusste genau, worauf sie sich dabei einließ, auch wenn sie klitzekleine Gewissensbisse hatte, wollte sie es tun, denn je mehr sie darüber nachdachte, desto sicherer war sie sich, dass Potter es in den letzten beiden Monaten auf die Spitze getrieben hatte und nun musste sie darauf achten, dass sie nicht von der besagten Spitze stürzte und das funktionierte nicht, wenn Potter sie immer wieder schubste, aber nie am eigenen Leib erfuhr, was es hieß, beinahe in den Abgrund der Demütigung zu stürzen.

„Woran habt ihr in Sachen Rache denn gedacht?", hakte sie nach. Das Grinsen, welches auf ihrem Gesicht erschienen war, wurde immer breiter und sie freundete sich schnell mit ihrer Entscheidung an.

„Wir wollen uns für alles rächen, was er uns bisher angetan hat", meinte Scorpius, „wir dachten, wir könnten vielleicht alle seine Streiche neu aufrollen und sie ihm selbst spielen."

„Natürlich machen wir sie noch besser, als James! Fangen wir bei dir an: Welche Streiche hat er dir bisher gespielt?", fragte Albus interessiert.

Julie seufzte und dachte nach. Es waren nicht ganz so viele gewesen, vielleicht acht Streiche verteilt auf die fünf Jahre und wenigen Monate, die sie Potter nun schon kannte.

„In unserem ersten Schuljahr hat er einen Brief meiner Mum so verhext, dass er sich von selbst vorlas, das war ziemlich peinlich, noch peinlicher als ein Heuler je sein könnte", erzählte Julie und erinnerte sich dunkel an den Heuler, den ihr Dad einmal Daniel geschickt hatte, als dieser seinen Besen zerbrochen hatte, als er einen nächtlichen Ausflug in den Verbotenen Wald machte. Dieser Heuler war ziemlich lustig gewesen, da Julies Dad nicht lange wütend sein konnte und demnach die Wut während des Heulers verflog.

„Dann hat er mir im zweiten Schuljahr, als ich so heiser war, dass ich kein Wort herausbekam, irgendwelche komischen Dinger an meinen Umhang gezaubert, die immer wieder bescheuerte Kommentare abgegeben haben. Das blöde war, dass ich mich nicht dafür rechtfertigen konnte!"

Es folgten noch einige weitere Schilderungen von Streichen seitens Julie, ehe Scorpius und Albus loslegten, die bisher weit mehr ertragen mussten, wobei Albus selbstverständlich nur die Streiche aufzählte, die sein Bruder ihm während der Schulzeit gespielt hatte, denn schließlich hatten die Potters bisher ihr ganzes Leben lang Zeit gehabt, sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen. Diese Erzählrunde endete erst, als die Bibliothekarin die drei wegen zu großen Lärms vor die Tür setzte.

Warum ich James Sirius Potter hasse [HP NextGeneration]Where stories live. Discover now