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Auf Lilliths Gesicht hatte sich ein böses, fast dämonisches Grinsen geschlichen, als sie einen weiteren Jäger wiederbelebte. Auch Kilian erweckte den Eindruck, dass ihm das Töten Spaß machte, er schloss jedes Mal die Augen, wenn ihm etwas Blut ins Gesicht spritzte und hatte ein siegreiches Lächeln auf den Lippen. Die beiden wollten Rache und schenkten sich dabei nichts an Grausamkeit.

Ängstlich drängte ich mich näher an die Wand, um so mit den Schatten besser verschmelzen zu können. Die beiden durften mich nicht sehen, auch wenn ich eigentlich dafür verantwortlich war, dass sie fliehen konnten, doch das wussten sie nicht. Ich hatte mit den Jägern den Plan geschmiedet, dass wir sie entkommen lassen würden, damit sie uns so zu Lilliths Schöpfer bringen könnten, so hätten wir es geschafft einen weiteren Clan innerhalb kürzester Zeit verschwinden zu lassen. Nur leider ging mein Plan völlig nach hinten los, denn es wurde immer klarer, dass die beiden die Wahrheit gesagt hatten.

Lillith war stark, zu stark für einen neugeborenen Vampir, unwillkürlich fragte ich mich, ob ich mich bei unserer ersten Begegnung wohl getäuscht hatte und sie dort schon ein Vampir war, immerhin war es schon spät am Abend gewesen und die Sonne war hinter den Häusern verschwunden. Da konnte sie selbst als Vampir gefahrlos nach draußen gehen. Auch ihr frischer Duft war immer noch in meiner Nase, so konnte kein Vampir riechen, obwohl ich zugeben musste, dass sie für mich immer noch himmlisch roch. In ihrer Stimme hatten so viel Emotionen mitgeschwungen, die jetzt irgendwie komplett weg waren. Sie sprach kalt und emotionslos mit Kilian, auch ihr Blick lag kalt und leer auf den Leichen der unzähligen jungen Männern. Sie hatte keinerlei Mitleid und dachte mit keiner Sekunde daran, dass die Männer vielleicht Familie zuhause hatten. Gut, wahrscheinlich waren die Foltern auch Schuld daran, dass sie im Moment so war. Mit Sicherheit hätte ich nicht anders reagiert wie sie, trotzdem war es erschütternd ...

Plötzlich drehte sich der junge Vampir zu mir um und Panik stieg in mir auf. Wenn sie mich jetzt sehen würde, wäre ich tot. Im nächsten Augenblick wurden meine Arme mir schmerzhaft auf den Rücken gedreht. Verzweifelt versuchte ich mich loszureißen, doch in meiner Bewegung stockte ich, denn Lillith war mit einer kleinen Armee vor mich getreten. Sie grinste mich fast schon liebevoll an, während meine eigentlich toten Kollegen ausdruckslos vor sich hinstarrten und auf den nächsten Befehl warteten.

Meine Situation war aussichtslos, es wäre schwachsinnig gewesen sich zu verteidigen. Ich wusste, wann ich verloren hatte.

Wen haben wir denn da?", flötete Lillith und strich mir fast schon zärtlich über die Brust. Sofort stellten sich meine Härchen auf und ein Gefühl der Verbundenheit schlich sich in mein Herz. Ich war unfähig zu sprechen, deshalb starrte ich sie nur mit offenem Mund an.

Dir haben wir unsere Flucht zu verdanken, stimmt''s?", murmelte sie. Unwillkürlich hielt ich den Atem an, als ich ihren warmen Atem auf meiner Haut spürte, kurz danach folgten ihre weichen Lippen und mein Atem beschleunigte sich.

Doch so schnell ich ihre Berührung wahrgenommen hatte, löste sie sich auch wieder von mir und stand jetzt vor mir als wäre nichts gewesen.

Lass ihn los Kilian, vielleicht ist er uns irgendwann noch nützlich", sagte sie mit fester Stimme, drehte sich dann um und deutete Kilian, ihr zu folgen.

Ich hoffe, ich werde es nicht irgendwann bereuen!", rief sie mir noch zu, bevor sie endgültig aus dem Gebäude verschwand. Sobald sie weit genug entfernt war, fielen die Körper meiner Kollegen in sich zusammen und lagen so da, als wäre nichts gewesen.

Ich brauchte einen kurzen Augenblick, bis ich mich soweit gesammelt hatte. Schnell beschloss ich, ihr trotz allem zu folgen, denn man wusste ja nie, was sie als Nächstes anstellen würde.

Anscheinend hatte sie genug Blut getrunken, denn sie ließ alle potentiellen Opfer links liegen, was mich etwas wunderte, denn ihr fieses Grinsen hatte sich immer noch nicht gelegt. Die beiden stolzierten durch die Stadt, so als würde sie ihnen gehören und strahlten so genug Furcht aus, dass ihnen jeder aus dem Weg ging. Mich wunderte es und irgendwie freute es mich auch, vielleicht war sie doch nicht so kalt geworden, seitdem sie ein Vampir geworden war, auch die Tatsache, dass sie mich am Leben gelassen hatte, zeigte das wohl nur allzu deutlich.

Ich folgte den beiden eine Weile und hoffte, dass sie endlich am Ziel ankamen, denn in ein paar Stunden ging die Sonne auf und dann hatte ich ein Problem. Es war jetzt nicht so, dass das Sonnenlicht mich umbrachte, dennoch warf es ekelhafte und vor allem schmerzhafte Blasen auf meiner Haut, das wollte ich auf jeden Fall verhindern.

Einige Augenblicke später bogen die Beiden in einen dichten Wald ab. Die Gegend kam mir immer bekannter vor und ich wusste, dass ich früher schon einmal hier gewesen war. Den Kieselweg, auf dem wir gerade liefen, kannte ich in- und auswendig und ich wusste, dass wir bald zu einer Villa kommen würden. Acairs Villa. Doch woher kannten die beiden den Anker? Soweit ich das wusste, hielt er sich meistens bedeckt, kaum ein Mensch wusste, dass er hier lebte und sein Haus war durch mehrere Zauber geschützt, die es ihm erlaubten, unentdeckt zu bleiben.

Obwohl ich wusste, was mich erwarten würde, schockte mich sein Anblick. Er war stark gealtert und sah gar nicht mehr so vital aus, wie ich ihn kannte.

Lillith, Liebes, schön dass du wieder da bist!", begrüßte er den jungen Vampir und die Art, wie er sie begrüßte, schickte mir kalte Schauer über den Rücken. Plötzlich erinnerte ich mich an ein Detail aus meiner Zeit, als ich frisch verwandelt wurde. Meine Schöpferin brachte mich an diesen Ort und zeigte mir Dinge, die ich mir als junger Mann nie vorstellen hätte können. Sie führte mich in die Kunst des Tötens ein und sie hieß ebenfalls Lillith. Ich hasste sie dafür, was sie mir angetan hatte, nur durch sie war ich dieses Monster geworden. Auch wenn es sich anfangs wirklich gut angefühlt hatte so mächtig und stark zu sein, doch sobald der erste Rausch nachgelassen hatte, wurde mir mehr und mehr bewusst, was ich getan hatte. Ich hatte unschuldige Menschen getötet und das war etwas, das ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren konnte. Ich schlug mich auf die Seite der Jäger, wurde dort, trotz meines Vampirismus, ausgebildet und mein Hass wuchs und wuchs. Jetzt, hundert Jahre später, stand ich wieder hier.

Der junge Vampir neben Acair hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit IHR, doch das konnte nicht sein, oder? Mein Unterbewusstsein hätte mir viel früher Signale gesendet und ich würde nicht diese Verbundenheit zu ihr verspüren, denn für meine Schöpferin hatte ich nie mehr als Hass und Verachtung übrig. Was war hier nur los? Ich musste dem dringend auf den Grund gehen.

Lillith (im Moment pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt