Prolog

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Der Tag neigte sich dem Ende. Die letzten Lichter der Stadt waren schon längst erloschen. Nur der Vollmond warf seine Schatten und der Wind zog flüsternd seine Bahnen.

Kommt, Kommt, meine Kinder der Nacht
kommt, tanzt mit mir den Tanz des Todes.
Denn heute ist die Nacht der Nächte

~ ~ ~

In einem dunklen, kalten Kerker hockte in einer ebenso dunklen Ecke eine junge, schwangere Frau. Sie heulte und schrie, denn sie war sich ihrer Situation nur zu sehr bewusst.
Heute würde sie sterben und sie würde ihr Baby niemals in den Händen halten, auch ihre Zauberkraft konnte ihr nun nicht mehr helfen.
Sollte sie einfach kampflos aufgeben? Oder würde vielleicht doch alles anders kommen? Sie wusste es nicht.
Sie wusste nur, dass sie diese eine schicksalshafte Nacht verfluchte. Hätte sie sich nicht von diesem gottgleichen Mann verführen lassen, säße sie jetzt nicht hier.
Wieder drohte sie in ihren Tränen zu ertrinken. Sie hatte Angst. So große Angst.
Plötzlich ging die schwere Kerkertür quietschend auf.
„Es ist Zeit", zischte der Vater ihres Kindes, mit einem fiesen Grinsen im Gesicht.

Er kam auf die junge Frau zu, doch diese drückte sich nur noch mehr in die Ecke und schrie auf, als er sie zu fassen bekam.
Sie hielt sich an einer rostigen, alten Kette so fest, dass er keine Chance hatte, sie mit sich zu ziehen.
Als er sein wahres, dämonisches Gesicht zeigte, erschrak sie sich und weinte nur noch fürchterlicher. Hatte sie wirklich mit so einem Monster geschlafen?
Der Dämon nutzte den Moment aus und warf die Schwangere über seine Schulter, ohne dabei das Baby zu gefährden.

Er kam in einem weiteren kerkerähnlichen Raum an und legte die ängstliche Frau auf einen Altar. Ihre Arme und Beine befestigte er so, dass sie gespreizt waren.

Wieder begann die arme Frau zu weinen und sich zu winden, doch keiner der Anwesenden sechs Menschen, oder was auch immer sie waren, schienen Mitleid mit ihr zu haben.

Der Vater des Kindes befahl seiner ehemaligen Geliebten still zu sein und alles über sich ergehen zu lassen und das tat sie.

Es schien, als wäre die Zeit nun gekommen. Der Mond und die restlichen Planeten standen in einer Reihe, genau so, wie es der Zauber verlangte.
Die Stille der Nacht war unerträglich und hatte etwas Dunkles an sich, etwas bedrückendes ...

„Meine Brüder", schrie er, „die Zeit ist gekommen." Sein Lächeln war grausam und unmenschlich, während sich die anderen Fünf um den Altar versammelten.

Ängstlich blickte die Schwangere die Dämonen an, doch in keinem der Gesichter schimmerte auch nur ein klein bisschen Mitgefühl. Schnell schloss sie die Augen und erwartete den Schmerz, der sie ereilen würde, doch er blieb aus.

Währenddessen zückte jeder der Männer, einen Dolch und schnitt sich ins eigene Fleisch. Das Blut, das aus den Wunden tropfte, fingen sie in einem Kopf eines Skelettes auf.

Plötzlich begannen sie der Frau die Kleider vom Leib zu reißen und diese spürte genau, dass nun ihre Zeit gekommen war. Obwohl sie nie wirklich gläubig war, sendete sie ein letztes, flehendes Gebet an Gott, in der Hoffnung, er möge sie erhören.

Kaum hatte sie ihr Gebet beendet, spürte sie den Schmerz, den die Klingen verursachten. Bald zierten viele Okkulte Symbole die Haut des Mädchens, jedes einzelne Symbol sorgte dafür, dass sie sich schwächer fühlte.

Während die Männer in einen monotonen Singsang verfielen, ging das Blut plötzlich in Flammen auf und erlosch sogleich wieder.

Immer noch leise wimmernd lag die Frau auf dem Altar, unfähig zu schreien und doch waren ihr die Qualen anzusehen. Sie fühlte sich immer schwächer, doch bevor sie ihren letzten Atemzug tat, spürte sie einen letzten Schnitt am Hals, den Schnitt der sie erlösen sollte.

Ihr toter Körper lag leblos auf dem Altar, doch die Dämonen der Nacht waren noch nicht fertig.

Jeder, außer dem Vater, der immer noch in seinem Singsang war, nahm seinen Dolch und verewigte sich ein letztes Mal auf der Frau.
Die Bauchdecke, die nun die Form eines Pentagramms trug, hob sich wie von Geisterhand und Lucifer, wie sich der Vater des Kindes nennen ließ, unterbrach seine Zauberformel und trat auf den Bauch zu. Er entnahm den kleinen, schreienden Leib und wiegte ihn leicht hin und her.

Einer, der Anderen, füllte das Blut in eine Babyflasche und gab es Lucifer, der sein Kind das erste und letzte Mal fütterte.
Das kleine Mädchen trank gierig und konnte nicht genug bekommen.
Sie sollte Lillith heißen und würde bis zu ihrer Volljährigkeit wie ein normales, kleines Mädchen aufwachsen.

Lillith (im Moment pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt