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„Guten Abend, mein Name ist Acair. Schön Sie kennenzulernen, Lillith", stellte sich der alte Mann vor. Er erinnerte mich stark an Gandalf, mit seinem langen, fast silbernen Bart und ebenso silbernen Haaren. Er war der Besitzer der großen Villa, von der ich geträumt hatte. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass ich wirklich hier war.

„Woher kennen sie meinen Namen?", fragte ich verwirrt. Ich hatte mich noch nicht vorgestellt und Janine hätte auch keine Gelegenheit dazu gehabt.

Acair lächelte leicht, als er mir antwortete: „Mein Kind, ich weiß so einiges, was Ihr nicht wisst. Ich bin der Anker der Welt. Ich halte alles im Gleichgewicht. Ich bin älter als die Zeit selbst. Bin weder menschlich, noch göttlich." Seine Stimme klang bedrohlich und doch sanft zugleich, man hatte Angst vor ihm und doch fühlte man sich geborgen, als er sprach. Mir stellten sich die Nackenhaare auf. Ich hatte noch nie so widersprüchliche Emotionen bei einem Fremden gehabt.

„Das stimmt allerdings. Der gute Acair hat mich schon oft überrascht", warf Janine ein und lachte ebenfalls. „Er ist übrigens gar nicht so böse, wie seine Stimme klingt"

Ich zuckte nur mit den Schultern und sagte nichts mehr. Hätte ich nicht erfahren, dass es Vampire gab, hätte ich ihn wohl für verrückt gehalten. Doch inzwischen gab es nichts mehr, was es nicht geben konnte.

„Lasst uns nach drinnen gehen, der Morgen graut", bestimmte der bärtige Mann und zeigte mit einer leichten Handbewegung auf den Eingang des Gebäudes.

Stumm folgte ich den beiden und war erstaunt, wie riesig die Villa wirklich war. Alleine schon in den Eingangsbereich passt fast ein ganzes Einfamilienhaus. Die hohe Decke wurde von Marmorsäulen gestützt und ein paar Steinfiguren wachten über den Eingang. Mehrere Türen gingen vom Eingangsbereich ab und eine riesige Treppe führte in den zweiten Stock.

Im Wohnzimmer, in das Acair uns geführt hatte, wurde das Zimmer einzig und allein durch das Feuer, das im Kamin brannte, erhellt. Die Fenster waren abgedunkelt, sodass kein Sonnenstrahl in das Zimmer kam. Unwillkürlich fragte ich mich, ob ich die Wärme der Sonne jemals wieder auf meiner Haut spüren konnte. Wehmütig dachte ich zurück an die schönen Sommerstunden, die ich am Meer verbracht hatte und die Wellen meine Haut umspielten.

Seufzend ließ ich mich auf die Couch sinken und wie als könnte Janine meine Gedanken erraten murmelte sie: „Man gewöhnt sich daran, keine Sorge."

Wieder nickte ich nur und fragte, an Acair gewandt: „Wieso hab ich von dieser Villa geträumt?"

„Dein Unterbewusstsein hat dich hierher geführt. Deine Vorfahrin ist stark mit diesem Haus verbunden", erklärte er mir und blickte plötzlich verträumt in die Ferne.

„Wer ist meine Vorfahrin, Acair?", erwiderte ich neugierig. Doch der Bärtige schien wie in einer anderen Welt zu sein. „Acair?", fragte ich ein zweites und auch ein drittes Mal, bis er endlich aus seiner Trance erwachte.

„Entschuldigung", murmelte er „Es gibt so vieles, was du noch nicht weißt, noch nicht verstehen kannst. Doch dafür bist du hier. Deine Fragen werden dir beantwortet werden. Habe Geduld."

Genervt stöhnte ich auf und verdrehte leicht die Augen. Solche Geheimniskrämerei konnte ich noch nie leiden. Janine legte mir einen Arm um die Schulter und sagte: „So ist er, mach dir nichts daraus."

Acair ging zum Kamin und stocherte im Feuer herum, während es Janine sich auf der Couch gemütlich machte und die Füße auf den Tisch legte.

„Janine!", donnerte Acair „Nimm die Füße vom Tisch!" Wie hatte er das bemerkt? Er hatte noch nicht einmal hingesehen. Die Angesprochene schüttelte nur den Kopf und tat dann, was von ihr verlangt wurde. Einen Moment lang war im Raum nur das Knistern des Feuers zu hören. Weder ich, noch Janine trauten uns etwas zu sagen. Es waren wahrscheinlich nur wenige Augenblicke vergangen, doch es fühlte sich wie Stunden an, als Acair wieder sprach:

Lillith (im Moment pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt