Kapitel 42 - Mausefalle

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»Wie läuft's eigentlich mit Collin?«, fragte Nash plötzlich, der auf einmal hellwach war.

Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Mit Collin läuft gar nichts.«

Nash und Blake fingen an zu lachen und dann schauten sie sich eiskalt das Video vor meiner Nase erneut an. Das Video, in dem ich Collin um den Hals fiel und er versprach, nichts von unserem Geheimnis preiszugeben.

Sofort hob ich meine Hand und meldete mich. Ich war sowieso schon das unbeliebteste Mädchen der Bruleshigh. Meinen Ruf konnte ich also nicht mehr schlechter machen. »Mr. Miller! Blake und Nash benutzen ihre Handys!«, rief ich unserem Lehrer zu.

Sofort sahen die beiden Jungs mich empört an.

Mr Miller kam auf direkten Weg an unseren Gruppentisch. »Ach, ist das denn die Hölle?«, meckerte er und schnappte sich die Handys weg, »Nachsitzen! Beide!«

Zufrieden grinste ich die beiden Jungs an. Dann sah ich zu Meg. Krampfhaft versuchte sie sich ein Lachen zu verkneifen. Doch dann musste ich losprusten, woraufhin auch sie in schallendes Gelächter ausbrach.

Wer auch immer mein Verfolger war, Lachen konnte er uns nicht verbieten.

* * *

Beim Basketballtraining wollte ich etwas erledigen, was ich eigentlich hätte schon längst tun müssen. Zielsicher ging ich auf Bree zu, die gerade dabei war, sich die Schuhe zuzubinden. Ich musste erfahren, woher sie von meiner Wunde wusste.

Doch ehe ich sie erreichen konnte, kam plötzlich Coach Hill auf mich zu. »Allyson! Dich habe ich gesucht! Ich muss dringend mit dir reden!«

Ich bewegte mich auf der Stelle. »Jetzt?«

Der Coach nickte. Also hatte ich keine andere Wahl, als ihm zu folgen. Während die Mädchen sich aufwärmten, setzten wir uns auf eine Bank nahe der Tribüne. »Was ist denn so dringend?«, fragte ich Coach Hill etwas gereizt. Mein Blick wanderte immer wieder zu Bree. In den Pausen war sie für mich unerreichbar gewesen, da sie die ganze Zeit mit Melissa herumlief und die blieb mir lieber erspart.

»Allyson, mir ist aufgefallen, dass du in letzter Zeit irgendwie nicht ganz bei der Sache bist«, fing Coach Hill an und legte sein Klemmbrett zur Seite, »Ich weiß, dass die Sache mit deiner Mutter dir Probleme bereitet, aber ich bezweifle, dass das der einzige Grund ist. Was ist los?«

Ertappt starrte ich unserem Coach in seine fragenden Augen. Was zum Teufel sollte ich ihm denn jetzt erzählen?

Sein Blick setzte mich unter Druck. »Es tut mir leid, a-aber ich kann darüber nicht reden«, stammelte ich unbeholfen.

Coach Hill presste die Lippen aufeinander. »Gut, dann lässt sich da wohl nichts machen«, er stand auf, »Aber bitte versuche dich zumindest ein bisschen mehr zu konzentrieren und mehr im Team zuspielen. Vor drei Wochen hat das doch noch super geklappt, aber in letzter Zeit hast du dich zu einer Einzelspielerin entwickelt. Das gefällt mit nicht.«

Überrascht sah zu ihm auf. Einzelspielerin?

»Allyson, ich weiß, dass du eine ausgezeichnete Spielerin bist, aber alleine kannst du dich da nicht durchboxen! Du musst im Team arbeiten! Gemeinsam ist man stark!«, grinste mich Coach Hill aufmunternd, aber auch warnend zu und ging dann.

Er hatte Recht. Ich hatte mich wirklich zu einer Einzelspielerin entwickelt. Erst jetzt fiel mir auf, wie ich immer wieder selbst versuchte, den Korb zu treffen und gar nicht mehr mit meinen Mitspielerinnen interagierte. Aber es lag nicht nur an mir! Unsere Mannschaft war lange kein Team mehr. Seit Mom im Knast saß, wollte niemand mehr etwas mit mir zu tun haben und das machte sich auch auf dem Spielfeld bemerkbar.

Ich stand auf, lief mich warm und versuchte mich nicht nur auf mich zu konzentrieren, sondern auch auf die anderen. Doch das klappte nicht so ganz. Ich hatte immer wieder das Gefühl, dass ich mich nicht auf die anderen verlassen konnte. Also warf ich alle Körbe und gab kein einziges Mal ab. Coach Hill hatte mit seinen Beobachtungen in Schwarze getroffen. Ich war schon lange keine Teamspielerin mehr.

Schweißgebadet kam ich in die Umkleiden und musste mit Bedauern feststellen, dass Bree bereits gegangen war. Enttäuscht ließ ich mich auf eine der Bänke fallen. Ich lehnte den Kopf gegen mein Schließfach und versuchte mich nicht allzu fertig zu machen. Aber ich konnte nicht anders, als mir immer wieder die Schuld in die Schuhe zu schieben. Ich hätte mich beeilen sollen, dann hätte ich Bree auch nicht verpasst!

Plötzlich nahm ich ein Stimmengewirr wahr. Wer hielt sich denn jetzt noch in der Schule auf? Eigentlich war es mir egal - bis mein Name fiel.

Neugierig ging ich auf die Tür zu und lauschte den Stimmen. Es waren eindeutig zwei Mädchen. Als erneut meinen Namen hörte, fragte ich mich ernsthaft, über was die beiden sich unterhielten. Lästerten sie über mich? Gab es wieder neue Gerüchte?

Neugierig lauschte ich den Stimmen. Doch dann wurden sie plötzlich lauter. Alarmiert sprang ich von der Tür weg und versteckte mich im Schrank, den ich einen kleinen Spalt offen ließ. Ich hatte mich nicht verhört. Es waren tatsächlich zwei Mädchen.

Melissa und Bree.

»Allyson sollte sich echt einen Bodyguard suchen«, lachte Melissa auf und ich stellte mir vor, wie sie die Haare über die Schulter warf und diabolisch grinste.

»Da hast du Recht... «, stimmte Bree ihr zu, schien aber ernst zu sein, »...letztens im Training hat sie wegen der Wunde so laut geschrien, dass ich dachte, wir müssen gleich einen Krankenwagen rufen.«

Mir stockte der Atem. Melissa wusste ebenfalls von meiner Wunde? Wieso wusste jeder Bescheid? Josh, Bree, Melissa? Wer kam als nächstes? Jeder schien mehr über mich zu wissen, als mir lieb war.

Melissa kicherte. »Geschieht der Göre Recht!«

Miststück! Am liebsten wäre ich direkt aus dem Schrank gesprungen und hätte ihr eine verpasst, aber ich durfte mich nicht erwischen lassen.

Bree wechselte das Thema. »Hat der Typ sich eigentlich schon wieder gemeldet?«, fragte sie, ihre Stimme klang ganz rau.

»Ja, er ist auch auf die Halloweenparty eingeladen.«

»Und er macht, was du willst?«, hakte Bree zögernd nach.

Melissa lachte. »Wenn ich verhandeln kann, ist das Zeug übernächste Woche da. Das wird ein feuriges Spektakel! Allyson wird sich wünschen, nie geboren zu sein!«

Wie bitte?

Ein feuriges Spektakel?

Was zur Hölle plante Melissa oder besser, was verschwieg sie?

In meinem Eifer mehr zu erfahren, stieß ich plötzlich eine der Schranktüren auf.

Panisch quetschte ich mich in die Ecke hinter die geschlossene Tür und hoffte, dass die beiden nichts gemerkt hatten.

»Hast du das gehört?«, fragte Melissa.

»Bestimmt eine Maus«, antwortete Bree und näherte sich in lauten Schritten dem Schrank.

Mit rasendem Herzen drängte ich mich gegen die Wand und hoffte inständig, dass sie mich bloß nicht erwischte.

Eigentlich hätte ich erleichtert ausatmen können, als sie mich nicht bemerkte, aber plötzlich nahm ich ein lautes Klicken wahr. Mit offenem Mund starrte ich auf die verschlossene Tür. Für einen Moment erstarrte ich zu Salzsäure. Ich war eingesperrt. Die Erkenntnis sickerte ein, ich hob die Hand, drückte, die Tür regte sich keinen Zentimeter. Panik kletterte meinen Rücken hoch, als ich keine Stimmen mehr hörte.

Ich stöhnte. Ich war eingesperrt und alle waren bereits weg!

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