Kapitel 20 - Heimliches Treffen

8.2K 502 73
                                    

Nachdem ich das dreckige Geschirr, welches noch von meinen nächtlichen Überstunden stehen geblieben war, abgespült und weggeräumt hatte, konnte ich um vier Uhr nachmittags endlich verschnaufen.

Völlig fertig mit den Nerven schlürfte ich nach oben und ließ mir ein Bad ein. Dieses konnte ich jedoch nicht so ganz genießen, da ich den Kopf einfach nicht frei bekam. Die ganze Zeit musste ich an das fehlende Geld denken. Insgesamt hatte ich nur 149 Dollar. Das war knapp die Hälfte von der Summe, die ich Jayden schuldete. Was sollte ich ihm an Montag denn sagen? Deprimiert ließ ich mich ins heiße Wasser sinken.

Dann war da noch die Sache mit Melissa. Hatte sie etwas mit meinem Unglück zu tun? Hatte sie vielleicht das Bremskabel von Onkel Harrys Fahrrad durchgeschnitten? Wollte sie Rache, weil Mom angeblich George Haal ermordet hatte? So viele Fragen. Aber keine Antworten.

Josh nahm leider auch einen Platz meiner Gedanken ein. Die Erinnerung daran, wie bedrohlich nah er mir vorhin plötzlich stand, ließ mich selbst im warmen Wasser erschaudern. Ich wusste nicht, was es war, aber er hatte eine merkwürdige Wirkung auf mich. Sonst verstand ich mich mit allen – mal abgesehen von Melissa – richtig gut. Es gab nie Streit und selbst Jayden wusste, dass er die Ohrfeigen, die ich ihm ab und zu verpasste, verdiente. Deshalb war es für mich merkwürdig, plötzlich wieder jemanden in meinem Leben zu haben, den ich hasste. Okay, hassen war ein ziemlich starkes Wort. Wenn ich jemanden abgrundtief hasste, dann war es mein Vater. Josh dagegen konnte ich einfach nicht ausstehen.

Nachdem ich mich fertiggemacht hatte, war ich bereit, das Haus zu verlassen. Ich wollte mich heute nämlich noch mit Meggie in einem wenig besuchten Café treffen. Dort würde uns niemand stören können und vor allem auch niemand sehen.

Gerade als ich meine Haare noch ein letztes Mal glatt bürstete, klingelte mein Handy. Das war bestimmt Meggie, die mich wieder heimlich anrief.

Ich umrundete mein Bett und griff in meine Handtasche.

Etwas piekte meine Finger. Schmerz zuckte durch meine Hand. »Autsch«, machte ich und betrachtete meinen kleinen Finger, aus dem ein wenig Blut quoll.

Ich leerte den Inhalt meiner Tasche auf dem Boden aus. Gerade als ich endlich zu meinem Handy greifen wollte, wurde bereits aufgelegt. Ich seufzte und sah auf das Display. Ein unterdrückter Anruf. Das konnte nur Meggie sein. Super, jetzt hatte ich sie verpasst.

Aus Sicherheitsgründen hatten wir vereinbart, dass nur sie mich anrufen durfte, da sonst ihre Eltern Wind davon bekommen würden. Jetzt wusste ich nicht, ob das Treffen noch stattfand oder nicht. Das hieß wohl abwarten. Oder sollte ich ihr einfach eine anonyme Nachricht schreiben? Kontrollierten Mr. und Mrs. Summers wirklich Meggies Handy? Nachdenklich legte ich meine Stirn in Falten.

Plötzlich ging mit einem Schlag die Tür auf. Max platzte rein und ließ sich stürmisch neben mir auf dem Boden nieder. Sofort begutachtete er meinen ausgeleerten Tascheninhalt. Naja, mit dem einem paar zerknüllten Taschentüchern, einer leeren Schachtel Kaugummis, alten Quittungen und einer weißen Rose war meine Tasche nicht besonders interessant.

Moment mal!

Stirnrunzelnd musterte ich die weiße Rose, während Max sich an der leeren Kaugummidose zu schaffen machte.

Was zur Hölle hatte eine Rose in meiner Tasche zu suchen?

Das hatte mich also gepiekt!

Ich nahm sie zwischen die Finger und dachte an den Vormittag zurück. War das nicht eine von Melissas Rosen, die sie auf Georges Grab gelegt hatte? Wie war sie in meine Tasche gekommen?

Ich starrte wieder auf den ausgeleerten Inhalt und begann mir die Quittungen genauer anzusehen. Alles nur Müll. Bis auf eine. Julias Rosenladen stand darauf geschrieben.

UnderratedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt