3.Kapitel

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Cole

<Was gibts neues, Alter?>

Meine Frage war eher rhetorisch gewesen. Ich erwartete nichts interessantes. Bei Jase in der Straße passierte nie was. Es war so eine typische langweilerstraße, in der nie was passierte. Das einzige neue, was Jase erzählt hatte, war die Geschichte von so einem Umzugswagen gewesen, der angeblich vor ein ein paar Tagen vor dem Haus der Ghosts gestanden hatte. Es schien so, als hätten sie neue Möbel geliefert bekommen. Schade, dass sie nicht hatten wegziehen wollen. Ich hasste Jonathan, den langweiler. Er war immer oberkorrekt und ein Angeber dazu, à la Großes Maul, nichts dahinter. Als Jase zu sprechen begann, hörte ich überrascht zu.

<Ich schwöre dir, bei den Ghosts ist gerade so ein süßes Mädchen ausgestiegen. Vielleicht stimmen ja die Gerüchte, dass der Feigling 'ne Adoptivschwester bekommt.>

Kurz überlegte ich. Jonathan hatte neulich mal so was erwähnt, aber niemand hatte ihm wirklich geglaubt. Man nahm ihn nicht ernst. So einfach war das.

<Die kleine sah iwi süß aus. So à la klein, blond. Mehr hab ich nicht gesehen.>

Während Jase sprach, kam mir eine Idee. Wieso nicht? Fragte ich mich mit einem hämischen Grinsen. Ich erkärte Jase meine Idee. Er war sofort Feuer und Flamme.

<Cole, Alter, die Idee ist geil. Wir treffen uns im River, in Ordnung?>

<'türlich. Bin gleich da. Sehen uns dort.>

Ohne auf eine Antwort zu warten legte ich auf.

Kyla

Müde musterte ich mein neues Zimmer. Das Haus war gewaltig. Schon die Eingangshalle, es war wirklich eine Halle, hatte mich mit ihrem Mix aus Modern und Altbau geflasht. Aber es war alles nichts gegen unser altes Haus.

Bist selbst Schuld, du hättest ja nicht nach ihnen rufen müssen.

Ich ließ meine innere Stimme wie immer unkommentiert, während ich mich im Zimmer umsah. Es war ziemlich groß. An der Wand neben der Tür stand ein riesiger Schrank in weiß mit Spiegel und Hochglanzfronten. An der Wand gegenüber stand ein heller Schreibtisch vor einer großen Glaswand. An der linken Wand des Raumes stand ein Bücherregal mit meinen Büchern und CDs gefüllt, die ein paar Tage zuvor abgeholt worden waren. Daneben führte eine Türe in ein mittelgroßes, Fensterloses Bad mit Dusche, WC und Waschtisch. Alles blitzte sauber. An der rechten Wand des Raumes stand ein großes weißes Bett aus Holz. Der Boden war mit schwarzem Teppich ausgelegt. Was wohl auch logisch war, wie ich durch eine kurze Hausregelzusammenfassung erfahren hatte.

Regel 1: Schuhe aus wenn du reinkommst.

Regel 2: Musik nur in Zimmerlautstärke.

Regel 3: Wenn zum Essen gerufen wird hat man zu kommen.

Regel 4: Ausgehen während der Woche nur bis 23:00 Uhr und Wochenends bis 02:00 Uhr.

Regel 5: Gestritten wird nur, wenn es eine Grund gibt.

Während ich in Gedanken die Regeln durchging, hörte ich Olivia von unten zum Abendessen rufen. Seufzend folgte ich dem Ruf, wobei mein Blick auf meine Digitaluhr fiel. 18:00 Uhr. Das erstaunte mich. Die Fahrt und die vorstellung bei den Nachbarn, bei der ich nur stumm daneben gestanden hatte sowie das ausräumen meiner Klamotten eben, hatte wirklich viel Zeit in Anspruch genommen.

Unten im großen Esszimmer waren die anderen schon am Tisch und schienen auf mich gewartet zu haben. Mein Platz war neben Jonathan. In der Zeit, in der ich der Nachbarschaft vorgestellt worden war, waren mir 2 Dinge über meinen Adoptivbruder klar geworden.

1.: Jonathan war ein nerviger Langweiler.

2.: Er war ziemlich unbeliebt.

Während ich stumm an meinen Platz wanderte und mir etwas zu essen, Salat mit Kartoffelgratin, nahm, ließ ich meine Gedanken zu der Situation, in der mir das Aufgefallen, zurückwandern. Irgendwas musste ich ja machen, wenn ich keine Musik hören konnte, da mein Handy laden musste.

Rückblick

Ich hatte die Nase voll von den Leuten, in deren Nähe ich mich in den nächsten Jahren aufhalten musste. Gerade kam mir der Gedanke, einfach zum Haus zu gehen, als ein mattgrauer Audi R8 mit getönten Scheiben am Haus gegenüber hielt. Heraus stieg ein großer, dunkelhaarige junge Mann. Ich sah ihn nur von hinten, war mir aber ziemlich sicher, dass er der Typ Bad Boy war. Ich meine, wer fährt schon einen solchen Wagen, wenn er nicht angeben will? Neben mir schien Jonathan sich zu versteifen.

Er beugte sich zu mir und raunte:<Von dem Typen solltest du dich fernhalten, genauso wie von seinen Freunden. Ehrlich, die Sachen die die abziehen sind richtig mies.>

Ich musterte ihn kurz von der Seite. Sein Gesichtsausdruck war teils verächtlich, teils ängstlich.

Angsthase.

In diesem Punkt stimmte ich meiner inneren Stimme zu. Trotz ihrer Grausamkeit hatte sie manchmal nicht ganz unrecht. Ich stimmte ihr noch mehr zu, als die Tür zu dem Haus, bei dem der R8-Typ stand, sich öffnete und mein Stiefbruder zurückzuckte, als hätte ihn was gestochen.

Hundertprozentig ein Angsthase.

Rückblick ende

Geistesabwesend stocherte ich in meinem Essen herum, als sich Dave plötzlich an mich wand.

<Wir haben beschlossen, Sonntag, also morgen, eine kleine Gartenparty zu feiern.>

Dabei musterte er mich, als würde er eine Antwort erwarten. Eine Antwort, die wie immer ausblieb. Als er sich mit enttäuschtem Gesichtsausdruck wieder seinem Essen zuwand, musste ich an mich halten um nicht genervt die Augen zu verdrehen. Das die Leute es nicht verstanden. Was dachte er denn? Etwa das ich, nur weil ich von ihnen Adoptiert war, mit ihnen reden würde? Bestimmt nicht. Sie waren für mich Menschen wie jeder anderen, uninteressant, bis sie mir das Gegenteil bewiesen. Doch das bezweifelte ich bei den Ghosts. Sie waren bestenfalls durchschnittlich, wenn überhaupt.

Sobald ich aufgegessen hatte stand ich auf um meinen Teller wegzuräumen. Doch Olivia hinderte mich daran.

<Schätzchen, das räume ich weg. Du kannst gerne hochgehen.>

Bei dem Kosenamen zuckte ich zusammen. Ohne sie anzusehen rannte ich aus dem Raum und die Treppe hoch in mein Zimmer.

Bitte nicht.

Während mir immer wieder schwarz vor Augen wurde, warf ich die Türe ins Schloß und schloss ab.

Bitte kein Flashback.

Doch während ich mich an der Tür hinabsinken ließ, überkam mich die Erinnerung.

<Schätzchen, kommst du bitte runter?>

<Natütlich, Mum. Fahren wir denn gleich endlich?>

Ich schwebte die Treppe hinunter und ließ mich von Mum und Dad bewundern. Sie lächelten, genauso wie ich.

<Schätzchen, du siehst toll aus. Wir fahren gleich los. Wir müssen nur noch auf Jake warten.>

Ich zitterte am ganzen Körper, während ich mich wimmernd vor- und zurückwippte.

Hätte er doch nur länger gebraucht. Warum musste er ausgerechnet da schnell sein?


Das Schweigen der Gebrochenen *Pausiert*Where stories live. Discover now