Ein katastrophaler Morgen

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Mein Blut rauscht durch meine Venen, aber diesmal aus anderen Gründen als die vielen Male zuvor.

Ich bin stinksauer.

Mein Weg führt mich direkt zur Rezeption, um meinem Bruder seine Kopfschmerztabletten zu holen, die er wohl dringend nötig hat. Wir sollten wirklicn anfangen, soetwas wie Kopfschmerztabletten in unseren Taschen zu lagern, so oft, wie wir sie nötig haben?

Die Dame an der Rezeption händigt mir ohne nach der Zimmernummer zu fragen eine Packung aus, ihr Blick mitleidig, als würde sie davon ausgehen, die Tabletten wären für mich. Wenn ich so darüber nachdenke... könnte inzwischen auch ich welche brauchen.

Ich nehme die Verpackung und die Flasche Mineralwasser mit einem flüchtigen Danke an mich und laufe wieder zurück zu den Aufzügen. Ich öffne die Flasche und setze sie mir an die Lippen, als mich die Rezeptionsdame nochmal ruft. "Miss? Ich brauche noch ihre Zimmernummer?" "446.", rufe ich über meine Schulter zurück und drehe mich halb um.

In dem Moment pralle ich gegen einen - ziemlich durchtrainierten - Körper und verschütte das Wasser aus der inzwischen offenen Flasche über mein Tanktop und durch die aufgehenden Aufzugtüren hinein auf den gold-schimmernden Boden.

"Verfluchte Dreckssch...", fauche ich sauer. "...-schleuder!"

Mein Blick wandert hoch und Rafinha mustert mich halb amüsiert halb überrascht, mit ausgebreiteten Armen und nassem Shirt und zieht die Augenbrauen hoch.

"Uhm... Guten Morgen?", grinst er und ich rolle mit den Augen.

"Versuchs mal mit 'katastrophal'!", entgegne ich und wringe mein - nun durchsichtiges - Tanktop leicht aus, bevor ich an Rafinha vorbei in den Aufzug trete, aus dem er gerade kam. Dabei fällt mir das Mädchen auf, dass hinter ihm steht. Sie trägt eine Trainingsjacke in den brasilianischen Teamfarben über ihr kurzes, schwarz-schimmerndes Designerkleid und hat die langen, hellbraunen Haare zu einem hohen Pferdeschwanz zurückgebunden. Ihr Make-up ist etwas verschmiert.

Mein Blick gleitet von ihr zu Rafinha, bevor ich die Augen rolle und die Situation entlarve. "Ernsthaft?", zische ich und hebe eine Augenbraue. Rafinha hebt leicht die Schultern und kratzt sich - zumindest verlegen - am Hinterkopf.

Ich betätige den Knopf für die passende Etage, während Rafa sich scheinbar von dem Mädchen verabschiedet und - dummerweise - kurz bevor sich die Tür schließen kann, noch in den Aufzug zurückzwängt.

"Hey, Fa, tut mir echt leid, dass ich in dich reingerannt bin.", murmelt er betroffen und grinst entschuldigend, während ich mit den Augen rolle. "Ey, ich bin in dich gelaufen.", zische ich gnädig. "Wenigstens haben wir beide was abbekommen...", füge ich halb im Scherz hinzu und Rafa lacht.

"Und? Wie war dein Abend, Haddadi? Ich war enttäuscht, dass du nicht mitgekommen bist.", fragt der Brasilianer und ich seufze laut. "Mein Abend? Mein Abend war mindestens so scheiße wie der heutige Morgen, warum fragst du?" "Nur so.", grinst er. "Und deiner? War großartig, nehme ich mal an?" Ich kann mir die Stichelei nicht verkneifen und deute mit dem Kinn Richtung Aufzugtür, mich auf Miss-Designerkleid von vorhin beziehend. Rafinhas Blick wird schelmisch und er grinst schief. "War ein ziemlich wilder Abend... also, wenn du's genau wissen willst..." "Erspar mir die Details!", rufe ich schnell dazwischen und hebe abwehrend die Hände.

"Wieso... bist du eigentlich so früh wach?", frage ich, um das Thema zu wechseln, während ich meine Arme schützend über meinem feuchten Top überkreuze und mich gegen die Aufzugwand lehne.

Rafinha wird ein wenig blass um die Nase und blickt verlegen ins Leere. "Äh, naja, Lucho und der Trainerstab sehen .... das hier nicht unbedingt so gerne während eines Turniers... im Teamhotel. Ich hab Raquel rausbringen wollen, bevor sie jemand sieht. Außerdem... musste sie schon gehen."

Don't Kill My Vibe // Neymar JRWhere stories live. Discover now