Meine Ziele und das Vergessen

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Was genau hat mich von Beginn an zur Annahme geführt, dass es funktionieren kann? Eine feste, standhafte Beziehung, auf einem so brüchigen Fundament aufzubauen?

Okay, diese Metapher ist schon beinahe zu bildhaft. Aber doch irgendwie passend, nicht wahr?

Ich selbst bin das brüchige Fundament. Streit mit den Eltern, Lüge über Lüge gegenüber meines Bruders, der Verlust des besten Freundes, der sich plötzlich in mich verliebt hat, der Stress aufgrund der Uni-Aufnahmetests im Jänner,...

Und darüber hinaus auch noch die Gefühle, die mein armes Herz zuerst anschwellen lassen wie verrückt, nur um es dann in tausend Fetzen zu sprengen. Es konnte gar nicht funktionieren. Es liegt also nicht an mir... oder?

"Über was sinnierst du, hm?", ertönt Celias Stimme und meine beste Freundin schließt die Terrassentür hinter ihr. Eigentlich ist es jetzt, Ende Dezember, schon fast zu kalt, vor allem nachts, doch die irren, sehr milden Temperaturen die letzten Wochen über erlauben es, nur in langärmligen Pullovern im Garten zu sitzen. Es lebe die Erderwärmung... bedenkt den Sarkasmus.

"Ich sinniere gar nicht.", murmele ich nachdenklich und Celia lacht. "Doch, das tust du. Und das schon die ganze Zeit.", widerspricht mir meine beste Freundin. Ich seufze leise.

Es gibt genug zum Nachdenken für mich. Und Celia weiß das. Sie hat von allem erfahren, was in Marokko passiert ist, einschließlich von Neymar. Von dem Wiedertreffen, den Streit mit meinen Eltern, den Lügen gegenüber Munir, dem Beginn von etwas, das eine Beziehung hätte sein können, dem Video, dem Gespräch danach. Das war vor drei Tagen. Heute war der 22. Dezember.

Aber ganz besonders von meiner 'Entscheidung', alles zu beenden, was soetwas wie eine Beziehung hätte sein können. Denn dieser Part ist das, was mich jetzt noch beschäftigt.

Ihre Reaktion darauf kam überraschend für mich...

Nach einer vollen Minute, in der sie bloß dagesessen und an mir vorbei in den Garten gestarrt hat, hat sie den Blick gehoben und genickt. "Okay... soll ich dir auch eine Tasse Tee bringen?"

Eben diese Tasse steht jetzt dampfend vor mir, doch ich wende meinen Blick an die Blondine neben mir. "Okay, nochmal... willst du mir nicht sagen, dass ich eine Idiotin bin? Weil ich mich so entschieden hab? Dass ich es bereuen werde und dass es eine dumme Entscheidung war?", frage ich sie wild gestikulierend.

Celia schürzt die Lippen, grübelt kurz nach, bevor sie entschieden den Kopf schüttelt. "Nope.", antwortet sie mit einem lauten 'Plopp' im Wort und nimmt einen großen Schluck ihres Tees, ohne mich anzusehen. Der Dampf in der kalten Umluft hüllt ihr helles Gesicht ein.

"Nope?", wiederhole ich ungläubig. Celia stellt die Tasse wieder hin und zuckt mit den Schultern. "Nope. Wieso sollte ich?" "Wieso? Weil es genau das ist, was dir ähnlich sehen würde...", brabbele ich verwirrt und Celia seufzt lautstark. "Fatima, hör dir mal selbst zu... da hast du schon die Worte, die du von mir hören willst. Von mir wirst du sie nur nicht hören, weil ich will, dass du endlich mal lernst, auf dich selbst zu hören."

"Du hörst dich an wie ein Heckscheibenaufkleber...", stöhne ich genervt und nehme einen großen Schluck vom - leider immer noch heißen - Tee, woraufhin ich schmerzhaft das Gesicht verziehe.

"Fa.", knurrt Celia und wirft mir einen ernsten Blick zu. "Du willst, dass ich dir sage, dass du eine Idiotin bist? Ganz offensichtlich weißt du das schon selbst. Und du brauchst nur noch eine Bestätigung von mir.", erklärt mir meine beste Freundin und ganz plötzlich ist meine verbrannte Zunge nicht mehr das einzige, was taub in mir ist.

"Du weißt ganz genau, was das Richtige gewesen wäre, hast dich aber für das Falsche entschieden. Und weil ich weiß, dass dir das längst klargeworden ist... hab ich dir Tee gebracht. Zur Beruhigung. Und zum Trost. Weil ich deine beste Freundin bin.", erklärt sie mir ruhig und trinkt noch einen Schluck ihres Tees.

Don't Kill My Vibe // Neymar JRWhere stories live. Discover now