Epilog

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Wie immer hatte der Todestag von Ben bei den anderen Spuren hinterlassen. Masky, Hoodie, selbst Jane und Ticci hatten rote Augen vom vielen Weinen, der Rest war einfach nur schweigsam und starrten beim Essen Löcher in die Luft. Rubie hatte am Tisch den Platz ihres Vaters eingenommen und schlang hungrig ihr Essen herunter, während ich mich fragte, wo Ben wohl gerade war und ob er auch oft an uns dachte. Dann schob sich die ungemütliche Erinnerung von vor 5 Jahren in mein Gedächtnis und ich kam aus meinen Tagträumen heraus. Wieder fiel mir diese unangenehme Stille auf, welche mich empört schnauben ließ. Verwundert sahen sie mich an, als hätte ich gerade etwas fieses gesagt.
"Ist das euer Ernst? Wie könnt ihr am fünften Todestag von ihm nur so schweigsam sein? Ich glaube nicht, dass er das gewollt hätte. Ihr etwa?" Masky schluckte laut und sah schuldbewusst zu Hoodie. Beide nickten mir entgegen.
"Du hast ja recht, Luna. Er wäre bestimmt der letzte gewesen, der das gewollt hätte. Vielleicht sollten wir ein paar peinliche Geschichten über ihn erzählen, dann lockert sich die Stimmung.", erklärte Eyeless und grinste am Ende. Und schien diese Idee sehr zu gefallen, denn uns fielen wirklich witzige Geschichten über ihn ein. Somit beruhigten sich alle wieder und auch Rubie hatte ihren Spaß. Immer wieder sah ich aus dem Fenster und schweifte zu ihm ab, als würde er sich dadurch besser fühlen können. Keine Sorge, wir haben dich nicht vergessen.

Zwei Stunden später wurde es allmählich dunkel, die Dämmerung hatte begonnen und die Sonne erhellte nur noch den Horizont mit einem feuerrotem Streifen. Feuerrot, blutrot, so wie seine Augen. Ich hatte Slender um Rat gefragt. Er meinte, Rubie solle später selbst entscheiden, ob sie eine Creepypasta werden will oder nicht, mir wäre es letztendlich egal. Sie sollte glücklich werden, alles andere ging mich nichts an. Doch bis jetzt hatte ich ihr die Bedeutung einer Creepypasta verschwiegen, es würde sie nur verwirren und vielleicht sogar Angst machen. Darum antwortete ich auf ihre Frage "Was hat Papa früher mal gemacht?" etwas zögerlich. Ich sagte:
"Weißt du, er war etwas ganz besonderes in unserer Familie. Er hat...sich um mich gekümmert, als ich neu war und er hat...immer viel Zeit mit allen verbracht. Er war ein guter Mensch." Sie schien mit dieser Antwort zufrieden zu sein, da sie nicht weiter nachfragte und wieder in Gedanken zu sein. Da sie nach dem Spielen mit Sally müde geworden war, hatte ich sie gleich nach oben ins Bett gebracht, doch ihr fiel immer wieder eine neue Frage ein, bevor ich das Zimmer verließ und nach unten gehen konnte. Dies war immerhin schon ihre vierte Frage gewesen, als es plötzlich leise an der Tür klopfte, es klang fast schon zurückhaltend. Darauf steckte Ticci seinem Kopf durch den Spalt der Tür und sah uns kurz entschuldigen an, bevor er sich mir zuwandt.
"Luna, du sollst runter kommen. Es ist etwas passiert.", erklärte er mir ruhig, vermutlich um Rubie nicht zu beunruhigen. Ich warf ihr einen flüchtigen Blick zu und nickte dann.
"Geh schon mal runter, ich komme sofort.", murmelte ich und beugte mich zu meiner Tochter herunter. Leise Schloss er die Tür und verursachte knarrende Geräusche auf der Treppe.
"Mama, was ist los?", fragte sie fast flüsternd und sah mich mit großen Augen an. "Keine Sorge, mein Liebling. Ich gehe runter und kläre das. Und du wirst für mich die Augen schließen, okay?" Sie nickte zögernd und schloss die Augen, nachdem sie noch einen Kuss auf die Wange bekam. Mit den beunruhigendsten Gedanken im Hinterkopf machte ich mich auf den Weg nach unten. Und meine Vermutungen erfüllten sich sogar.
Was macht er hier?
"Luna? Wir haben einen Gast...würde ich sagen.", murmelte Laughing Jack mit tonloser Stimme. Die anderen hatten sich gleich unten versammelt, doch Slender war nicht zu sehen. Alle hatten sich um ihn versammelt, er saß wie ein Haufen Elend auf einem Küchenstuhl und sah mich an, als wären wir uns noch nie begegnet.
"Jeff...", flüsterte ich so leise, dass man es eigentlich gar nicht hören konnte. Jeff sah furchtbar aus. Seine Augen hatten etwas trübes, leeres angenommen, seine Haare waren länger und verstrubbelt, seine eingeschnittenen Wangen waren zugenäht.
Niemand wollte etwas sagen, könnte etwas sagen, die Luft war zum zerschneiden angespannt. Doch eine dünne, müde Stimme durchbrach die Stille mit einem Schlag.
"Mama? Wer ist das?", fragte Rubie schüchtern und hielt sich mit einer Hand an meiner Hose fest, während sie sich ihre kleinen Augen rieb. Sie hätte oben bleiben sollen. Jeff's Augen wurden immer größer, als er sie sah. Er sah nun, zum ersten Mal nach fünf Jahren, die Tochter seines ehemaligen besten Freundes. In ihm schien sich etwas verändert zu haben, als hätte sein Herz nach einer Ewigkeit wieder angefangen zu schlagen und diese Tatsache löste in ihm Tausende Gefühle auf einmal aus. Seine leeren Augen wurden glasig, bis sie sich schließlich mit großen, bitteren Tränen füllten und diese über die zerstörten, vernarbten Wangen kullerten. In diesem Moment wusste ich, wussten alle Anwesenden, dass Jeff nicht schuld war. Es hätte es nicht absichtlich getan, weil er es damals nicht gewusst hatte.
Keiner hatte es gewusst.
"Das ist...dein Onkel, Jeffrey.", brachte ich leise hervor und spürte, wie sich auch meine Augen bereits mit Tränen füllten. Die Zeit schien stehen zu bleiben, als er mich ansah, einerseits vollkommen überrascht, andererseits erleichtert und glücklich. Dann nahm ich sie an der Hand, lief die letzten Treppenstufen nach unten und stand mit ihr nun vor ihm, als er sich langsam erhob und uns abwechselnd ansah. Was darauf folgte, war eine herzzerreißende Gruppenumarmung, bei der sich alle beteiligten. Ich hatte sogar für einen Moment das Gefühl, Ben's Hand zu halten.
Danke für alles, Ben. Ich liebe dich und werde dich für immer lieben, genau wie unsere wunderschöne, kluge Tochter. Und ich werde dich niemals vergessen, so wie Jeff und die anderen. Du warst alles für mich, und wirst es immer sein. Bis bald, Ben.

Bitte hasst mich nicht. Wie die Überschrift schon sagt ist das das letzte Kapitel dieser Geschichte, und nein, es wird keine Fortsetzung geben. Und um ehrlich zu sein, mein Herz blutet gerade :'(.
Es hat mir so derbe Spaß gemacht diesen Mist hier zu produzieren, aber es war natürlich auch eine kleine Hürde Arbeit. Und da ich jetzt auch ein paar neue Projekte vorhabe, kann ich keine weitere Zeit in ne Fortsetzung stecken. Außerdem finde ich das Ende gut, so wie es ist.
Nochmal das fetteste Danke der Welt für all die tollen und geistreichen (:D) Kommentare und likes, das hat mich schließlich auch angespornt weiterzumachen. Und ich werde weitermachen, nur halt nicht bei diesem kleinen Büchlein... Und natürlich danke fürs lesen! Ich hoffe es war für euch eine aufregende und leicht amüsante Erfahrung.
Ich wünsch euch allen noch einen schönen Tag, viel Glück im Leben und so nen Kram. Macht's gut, meine Mitpastas.
~eure Mira~

My drowned KillerWhere stories live. Discover now